In Nordrhein-Westfalen finden heute entscheidende Stichwahlen in fast 150 Kommunen statt. Besondere Aufmerksamkeit richtet sich auf Köln, wo die Grünen erstmals das Oberbürgermeisteramt erobern könnten. Gleichzeitig stehen in den Ruhrgebietsstädten Duisburg, Gelsenkirchen und Hagen Kandidaten der AfD in der zweiten Wahlrunde, was für erhebliche politische Spannung sorgt.
Die Wahllokale sind seit 8 Uhr geöffnet und schließen um 18 Uhr. Die Bürgerinnen und Bürger entscheiden über die Besetzung zahlreicher Bürgermeister-, Oberbürgermeister- und Landratsposten, nachdem im ersten Wahlgang am 14. September kein Kandidat die absolute Mehrheit erreichen konnte.
Das Wichtigste auf einen Blick
- In Köln kämpft die Grüne Berivan Aymaz gegen den SPD-Kandidaten Torsten Burmester um das Amt der Oberbürgermeisterin.
- In Duisburg, Gelsenkirchen und Hagen haben es AfD-Bewerber in die Stichwahl geschafft, was eine Premiere für NRW wäre.
- In Dortmund, der sogenannten „Herzkammer der Sozialdemokratie“, verteidigt die SPD das Oberbürgermeisteramt gegen die CDU.
- Die Stichwahlen finden in insgesamt 21 der 23 kreisfreien Städte und 15 von 31 Kreisen statt.
Köln vor einem möglichen Machtwechsel
In der größten Stadt Nordrhein-Westfalens könnte eine politische Ära zu Ende gehen und eine neue beginnen. Nach zwei Amtszeiten trat die parteilose Oberbürgermeisterin Henriette Reker nicht erneut an. Nun steht die Stadt vor der Wahl zwischen Berivan Aymaz (Bündnis 90/Die Grünen) und Torsten Burmester (SPD).
Ein Sieg von Aymaz, der amtierenden Vizepräsidentin des nordrhein-westfälischen Landtags, wäre ein historisches Ereignis. Es wäre das erste Mal, dass die Grünen die Rathausspitze in der Millionenmetropole besetzen. Für die Partei ist das Ergebnis in Köln von besonderer symbolischer Bedeutung, insbesondere nach den Verlusten bei der Kommunalwahl vor zwei Wochen.
Schwaches Ergebnis der Grünen im ersten Wahlgang
Bei den Kommunalwahlen am 14. September mussten die Grünen in NRW deutliche Verluste hinnehmen. Sie erreichten landesweit nur noch 13,5 Prozent der Stimmen, ein Minus von 6,5 Prozentpunkten im Vergleich zur vorherigen Wahl. Ein Sieg im prestigeträchtigen Köln würde dieses Ergebnis zumindest teilweise kompensieren.
Ihr Kontrahent, der ehemalige Sportfunktionär Torsten Burmester, will das Amt für die SPD zurückerobern. Die Entscheidung in Köln gilt als völlig offen und wird mit großer Spannung erwartet, da sie die politische Ausrichtung der Stadt für die kommenden Jahre bestimmen wird.
AfD-Kandidaten sorgen für Spannung im Ruhrgebiet
Eine der meistbeachteten Entwicklungen dieser Wahl ist der Einzug von drei AfD-Kandidaten in die Stichwahlen um Oberbürgermeisterposten in wichtigen Ruhrgebietsstädten. Dies stellt eine neue politische Situation für Nordrhein-Westfalen dar und hat zu klaren Positionierungen der anderen Parteien geführt.
Die Duelle im Detail
Die Konstellationen in den betroffenen Städten sind unterschiedlich, aber überall von hoher politischer Brisanz:
- Duisburg: Hier tritt der amtierende SPD-Oberbürgermeister Sören Link gegen Carsten Groß von der AfD an. Link verfehlte im ersten Wahlgang mit 46 Prozent die absolute Mehrheit nur knapp. Groß erreichte knapp 20 Prozent.
- Gelsenkirchen: In dieser traditionellen SPD-Hochburg kommt es zum Duell zwischen der SPD-Bewerberin Andrea Henze und dem AfD-Kandidaten Norbert Emmerich.
- Hagen: Hier steht Dennis Rehbein von der CDU dem AfD-Politiker Michael Eiche gegenüber.
Parteiübergreifende Allianzen gegen die AfD
Sowohl die SPD als auch die CDU haben im Vorfeld der Stichwahlen angekündigt, sich gegenseitig zu unterstützen, um Wahlsiege der AfD-Kandidaten zu verhindern. In Hagen ruft die SPD zur Wahl des CDU-Kandidaten auf, während die CDU in Gelsenkirchen und Duisburg die Unterstützung der SPD-Bewerber empfiehlt.
Die Ergebnisse in diesen drei Städten werden genau beobachtet. Ein Sieg eines AfD-Kandidaten auf einem Oberbürgermeisterposten in einer westdeutschen Großstadt wäre ein politisches Novum und hätte weitreichende Folgen für die politische Landschaft in NRW und darüber hinaus.
Weitere entscheidende Rennen in NRW
Auch abseits von Köln und dem Ruhrgebiet finden wichtige Wahlen statt, die das politische Kräfteverhältnis in den Kommunen neu ordnen könnten.
Grüne verteidigen Ämter in Bonn und Aachen
In Bonn und Aachen müssen die amtierenden grünen Oberbürgermeisterinnen ihre Posten verteidigen. Katja Dörner (Aachen) und Sibylle Keupen (Bonn) hatten 2020 überraschend die Wahlen gewonnen und die ersten grünen Oberbürgermeisterämter in NRW erobert. Nun treten sie beide gegen starke Herausforderer der CDU an. Ein Verlust dieser Ämter wäre ein weiterer schwerer Schlag für die Grünen.
In Münster gibt es ebenfalls ein Duell zwischen Grünen und CDU. Hier kämpft der Grüne Tilman Fuchs gegen Georg Lunemann von der CDU um die Nachfolge im Oberbürgermeisteramt.
„Die Herzkammer der Sozialdemokratie“
Dortmund als SPD-Bastion auf dem Prüfstand
Ein weiteres spannendes Rennen findet in Dortmund statt. Die Stadt wurde einst vom SPD-Politiker Herbert Wehner als „Herzkammer der Sozialdemokratie“ bezeichnet. Hier muss sich der amtierende SPD-Oberbürgermeister Thomas Westphal gegen den CDU-Kandidaten Alexander Kalouti behaupten. Das Ergebnis gilt als wichtiger Indikator für die Stärke der SPD im Ruhrgebiet, ihrer traditionellen Machtbasis.
Informationen zum Wahltag
Die Stichwahlen wurden notwendig, da in der ersten Runde vor zwei Wochen in fast 150 Kommunen keiner der Bewerber die erforderliche Mehrheit von über 50 Prozent der Stimmen erhielt. Im heutigen zweiten Wahlgang ist das anders: Hier genügt die einfache Mehrheit, um die Wahl zu gewinnen. Das bedeutet, wer die meisten Stimmen erhält, wird gewählt.
Zahlen zur Stichwahl in NRW
- Stichwahlen insgesamt: Fast 150
- Oberbürgermeisterwahlen: 21 von 23 kreisfreien Städten
- Landratswahlen: 15 von 31 Kreisen
- Wahlzeit: 8:00 bis 18:00 Uhr
Die Auszählung der Stimmen beginnt unmittelbar nach der Schließung der Wahllokale um 18:00 Uhr. Erste Trends und Hochrechnungen werden bereits am frühen Abend erwartet. In Städten und Kreisen mit einem besonders knappen Ergebnis könnte die endgültige Entscheidung jedoch erst in der Nacht feststehen. Alle Ergebnisse werden von den Wahlleitungen der Kommunen offiziell bekannt gegeben.




