Die Zukunft des historisch bedeutsamen Otto-Langen-Quartiers im Kölner Stadtteil Mülheim ist erneut ungewiss. Das Verkaufsverfahren für den landeseigenen Teil des Areals ist gescheitert, da sich nur ein einziger Bieter gemeldet hatte. Dieser hat nun ebenfalls sein Interesse zurückgezogen. Damit ist die geplante Entwicklung des Geländes zu einem neuen Stadtviertel vorerst gestoppt.
Wichtige Fakten
- Das Verkaufsverfahren für das Otto-Langen-Quartier wurde mangels Wettbewerb aufgehoben.
- Der einzige Interessent, der Kölner Immobilienentwickler Jamestown, hat seine Pläne für das Areal aufgegeben.
- Komplexe Eigentumsverhältnisse zwischen Land NRW, Stadt Köln und einem privaten Investor erschweren die Entwicklung.
- Die Zukunft des über 50.000 Quadratmeter großen Geländes ist vollständig offen, während die denkmalgeschützten Gebäude weiter verfallen.
Stillstand auf historischem Boden
Das Otto-Langen-Quartier im Mülheimer Süden steht vor einer ungewissen Zukunft. Der Plan, das ehemalige Industriegelände in ein lebendiges Viertel mit Wohnungen und Gewerbe umzuwandeln, ist um Jahre zurückgeworfen. Der Kölner Immobilienentwickler Jamestown, der als einziger europaweiter Interessent ein Konzept vorgelegt hatte, bestätigte auf Anfrage, das Projekt nicht weiterzuverfolgen.
Diese Entwicklung ist ein schwerer Rückschlag für die Stadtentwicklung in Köln. Das Areal, auf dem einst der erste Gasmotor der Welt entwickelt wurde, umfasst eine Fläche von rund 53.000 Quadratmetern und birgt enormes Potenzial für die Schaffung von dringend benötigtem Wohnraum und Arbeitsplätzen.
Ein gescheiterter Wettbewerb
Das Land Nordrhein-Westfalen hatte über seine Tochtergesellschaft NRW Urban ein mehrstufiges Verkaufsverfahren für seinen Grundstücksanteil gestartet. Ziel war es, einen Investor zu finden, der das Areal nach den städtischen Vorgaben entwickelt. Doch die Resonanz blieb aus.
Ein Sprecher des Landesbauministeriums erklärte, dass bis zum Ende der Angebotsfrist am 27. August nur ein einziges Angebot eingegangen sei. Dabei handelte es sich um das des Unternehmens Jamestown. Daraufhin erklärte das Ministerium den Prozess für beendet.
„Damit ist der Wettbewerb gescheitert. Vor diesem Hintergrund wird das Verkaufsverfahren mangels Wettbewerb aufgehoben.“
Über das weitere Vorgehen soll erst nach dem 29. September 2025 entschieden werden. Diese Aussage lässt einen langen Zeitraum der Unsicherheit für das historisch wichtige Gelände befürchten.
Das Areal in Zahlen
- Gesamtfläche: ca. 53.000 m²
- Anteil Land NRW (NRW Urban): 45.647 m²
- Anteil Stadt Köln: 6.069 m²
- Anteil Gateway Real Estate: 6.925 m²
- Geplante Wohnungen: Ursprünglich war von rund 400 neuen Wohnungen die Rede.
Komplexe Eigentumsverhältnisse als Haupthindernis
Ein zentrales Problem, das die Entwicklung des Otto-Langen-Quartiers seit Jahren lähmt, sind die zersplitterten Eigentumsverhältnisse. Das Areal ist auf drei verschiedene Besitzer aufgeteilt, was eine einheitliche Planung und Umsetzung extrem erschwert.
Drei Eigentümer, eine unklare Grenze
Der größte Teil des Geländes gehört dem Land NRW. Ein kleinerer, aber strategisch wichtiger Teil befindet sich im Besitz der Stadt Köln. Ein dritter, brachliegender Teil gehört dem Berliner Entwickler Gateway Real Estate. Laut Berichten hat dieses Unternehmen auf Anfragen zur Zukunft des Geländes nicht reagiert.
Besonders problematisch ist, dass die Grundstücksgrenze zwischen dem städtischen und dem landeseigenen Teil direkt durch denkmalgeschützte Gebäude und Innenhöfe der ehemaligen Hauptverwaltung von Klöckner-Humboldt-Deutz (KHD) verläuft. Experten sind sich einig, dass eine sinnvolle Entwicklung nur unter einem alleinigen Eigentümer möglich ist, um ständige Abstimmungsprozesse zu vermeiden.
Historische Bedeutung des Standorts
Das Otto-Langen-Quartier ist kein gewöhnliches Industriegelände. Hier wurde im 19. Jahrhundert Industriegeschichte geschrieben, als Nicolaus August Otto den ersten funktionstüchtigen Viertaktmotor entwickelte. Viele der alten Fabrikhallen stehen heute unter Denkmalschutz und erinnern an die wegweisende Ingenieurskunst, die von diesem Ort ausging.
Die Rolle der Stadt Köln
Die Stadt Köln hatte bereits in der Vergangenheit versucht, die Kontrolle über das gesamte Areal zu erlangen. Sie machte von ihrem Vorkaufsrecht für einen Teil des Geländes Gebrauch, den Jamestown 2021 für 21 Millionen Euro erworben hatte. Dieser Schritt sollte den Weg für eine gemeinwohlorientierte Entwicklung ebnen.
Zudem bemühte sich die Stadt aktiv darum, auch den landeseigenen Teil zu erwerben. Im Januar 2024 schrieb Baudezernent Markus Greitemann in einem Brief an Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU):
„Wie bereits in der Vergangenheit geschildert, ist es weiterhin der breite politische Wunsch, auch die Grundstücke im Eigentum des Landes bzw. der NRW Urban direkt zu erwerben, um die Entwicklung und tatsächliche Realisierung des für die Stadtentwicklung so bedeutsamen Areals unmittelbar steuern zu können.“
Greitemann bat sogar um eine Aussetzung des Verkaufsverfahrens, bis eine Einigung erzielt sei – offensichtlich ohne Erfolg.
Gesetzliche Hürden für einen Direktverkauf
Ein Direktverkauf an die Stadt scheitert laut Ministerin Scharrenbach an den Vorgaben des Haushaltsgesetzes. Dieses erlaube einen solchen Verkauf nur, wenn das Grundstück zu 100 Prozent für kommunale Zwecke oder geförderten Wohnungsbau genutzt wird. Die Pläne der Stadt sehen jedoch auch eine gewerbliche Nutzung vor, insbesondere entlang des Auenwegs, wo aufgrund der Nähe zum Mülheimer Hafen und den dortigen Schutzradien für Gefahrgutschiffe kein Wohnraum entstehen darf.
Zunehmender Verfall und hohe Kosten
Während die Zukunft des Quartiers in der Schwebe hängt, schreitet der Verfall der ungenutzten Gebäude auf dem landeseigenen Teil voran. Dies führt nicht nur zu einem Verlust von historischer Bausubstanz, sondern verursacht auch konkrete Probleme und Kosten.
Im Sommer musste der Auenweg für mehrere Monate von April bis Juli vollständig gesperrt werden, weil der Giebel eines Fabrikgebäudes als nicht mehr standsicher eingestuft wurde. Die KVB musste Buslinien umleiten, was den Alltag vieler Bürger beeinträchtigte. Das Land NRW musste die Mauer entlang der Straße durch einen Neubau ersetzen und den Giebel sichern.
Ein Sprecher des Ministeriums versicherte, dass „ausreichende Mittel für die Sicherung der Denkmäler und des Geländes“ vorgesehen seien. Dies bedeutet jedoch, dass der fortwährende Stillstand das Land weiterhin Geld kostet, ohne dass eine Lösung in Sicht ist.
Ein Hoffnungsschimmer auf dem städtischen Teil
Im Gegensatz zum verfallenden Landesteil gibt es auf dem Areal der Stadt Köln positive Entwicklungen. Die Stadt hat die von ihr erworbenen Gebäude an Künstler und soziale Initiativen vermietet. Der Verein Raum13, der bereits früher auf dem Gelände aktiv war, hat die Schlüssel für einen Teil der alten KHD-Hauptverwaltung zurückerhalten und arbeitet daran, diesen kulturell zu beleben und für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Auch der Verein Zwischendrin hat einen Mietvertrag erhalten und will mit verschiedenen Partnern den nördlichen Teil des städtischen Gebäudekomplexes erhalten und nutzen. Diese Zwischennutzungen sichern zumindest einen Teil des historischen Erbes und bringen wieder Leben auf das Gelände – doch sie können das Gesamtproblem des Quartiers nicht lösen.




