Die Stichwahl um das Amt des Kölner Oberbürgermeisters am 28. September 2025 stellt die Bürger vor die Wahl zwischen Berivan Aymaz (Bündnis 90/Die Grünen) und Torsten Burmester (SPD). Unabhängig vom Ergebnis steht bereits fest: Das nächste Stadtoberhaupt wird keine gebürtige Kölnerin oder kein gebürtiger Kölner sein. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass dies in Köln eher die Regel als die Ausnahme ist.
Kernaussagen
- Die Stichwahlkandidaten Berivan Aymaz und Torsten Burmester stammen aus der Türkei und Niedersachsen.
- Historisch gesehen waren viele Kölner Oberbürgermeister nicht in der Stadt geboren.
- Berühmte Kölner wie Konrad Adenauer und Henriette Reker bilden Ausnahmen in einer langen Reihe von "Imis".
- Die Herkunft der Stadtoberhäupter spiegelt die offene und integrative Natur Kölns wider.
Die Stichwahl 2025: Eine Entscheidung zwischen Niedersachsen und Ostanatolien
Die Kölner Wähler entscheiden sich am kommenden Sonntag zwischen zwei Persönlichkeiten, deren Wurzeln weit außerhalb der Domstadt liegen. Berivan Aymaz wurde in der Provinz Bingöl in der Türkei geboren. Ihr Gegenkandidat, Torsten Burmester, stammt aus Uchte, einer kleinen Gemeinde in Niedersachsen.
Diese Konstellation wirft eine interessante Frage auf: Wie wichtig ist die kölsche Herkunft für das höchste Amt der Stadt? Die politische Geschichte Kölns liefert eine klare Antwort. Die Fähigkeit, die Stadt zu führen, wurde selten am Geburtsort gemessen.
Ein historischer Rückblick auf die Herkunft der Stadtoberhäupter
Die Liste der Kölner Oberbürgermeister ist lang und geografisch vielfältig. Schon vor über einem Jahrhundert war es nicht ungewöhnlich, dass das Stadtoberhaupt von außerhalb kam. Diese Tradition hat sich über verschiedene politische Epochen hinweg fortgesetzt.
Die Zeit bis 1945: Preußische Beamte und Kölner Originale
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts führte Friedrich Becker die Stadt. Er stammte aus Tangermünde im heutigen Sachsen-Anhalt und hatte zuvor in Düsseldorf regiert, was für zusätzliche Brisanz sorgte. Auf ihn folgten jedoch zwei waschechte Kölner, die die Stadt prägen sollten.
Max Wallraf war ein gebürtiger Kölner. Sein Nachfolger wurde der wohl berühmteste Sohn der Stadt, Konrad Adenauer. Adenauer wurde in der Balduinstraße geboren, im Herzen eines Viertels, das heute als Zentrum der LGBTQ+-Community bekannt ist. Seine tiefe Verwurzelung in der Stadt war ein zentraler Bestandteil seiner politischen Identität.
Die NS-Zeit: Eine rein externe Führung
Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde Köln ausschließlich von Personen regiert, die keine Verbindung zur Stadt hatten. Die Oberbürgermeister dieser dunklen Epoche kamen aus Breslau (Günter Riesen), Weimar (Karl Georg Schmidt), Wiedenbrück (Peter Winkelnkemper) und Wolfenbüttel (Robert Brandes). Auch der Gauleiter Josef Grohé stammte nicht aus Köln, sondern aus dem Hunsrück.
Die Oberbürgermeister der Nachkriegszeit bis heute
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wechselten sich gebürtige Kölner und "Imis" (ein kölscher Ausdruck für Zugezogene) an der Stadtspitze ab. Diese Mischung zeigt die Entwicklung Kölns zu einer offenen Metropole.
Von Wiederaufbau bis zur "kölschen Welle"
Unmittelbar nach Kriegsende übernahm kurzzeitig der Kölner Willi Suth das Amt. Ihm folgte Hermann Pünder aus Trier. In den darauffolgenden Jahren regierten Ernst Schwering aus Coesfeld im Münsterland und Robert Görlinger aus Ensheim in der Pfalz.
Anschließend begann eine Phase, die man als "kölsche Welle" bezeichnen könnte. Mit Theo Burauen, John van Nes Ziegler und Norbert Burger standen drei aufeinanderfolgende Oberbürgermeister an der Spitze, die alle in Köln geboren und aufgewachsen waren. Sie prägten das Bild der Stadt in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts maßgeblich.
Statistik: Kölner vs. Zugezogene seit 1945
Von den 12 Oberbürgermeistern seit Ende des Zweiten Weltkriegs (inklusive der aktuellen Amtsinhaberin) waren 6 in Köln geboren. Die anderen 6 kamen aus anderen Regionen Deutschlands. Das Verhältnis ist also exakt ausgeglichen bei 50 %.
Die jüngere Vergangenheit: Ein stetiger Wechsel
Die Tradition des Wechsels setzte sich auch nach der Ära Burger fort. Auf ihn folgte Harry Blum, der aus dem Sauerland stammte. Sein Nachfolger, Fritz Schramma, galt wiederum als Inbegriff des Kölners und verkörperte die lokale Identität stark.
Die Herkunft eines Oberbürgermeisters ist für die Wähler oft weniger entscheidend als die politische Vision und die Fähigkeit, die komplexen Herausforderungen einer Metropole wie Köln zu bewältigen.
Auf Schramma folgte Jürgen Roters, der aus dem Münsterland nach Köln kam. Die amtierende Oberbürgermeisterin, Henriette Reker, ist wiederum eine gebürtige Kölnerin. Sie wuchs im Stadtteil Bickendorf auf und ist tief in der Stadtgesellschaft verwurzelt.
Fazit: Kölns Stärke liegt in der Vielfalt
Die bevorstehende Wahl bestätigt einen langanhaltenden Trend: Köln wählt seine Führungskräfte nach Kompetenz und Programm, nicht nach Geburtsurkunde. Die Stadtgeschichte ist reich an Beispielen von erfolgreichen Bürgermeistern, die einst als Fremde in die Stadt kamen und sie zu ihrer Heimat machten.
Ob das nächste Stadtoberhaupt aus Uchte oder Bingöl stammt, ist für die Zukunft der Stadt weniger relevant als die politischen Inhalte, die vertreten werden. Die Offenheit, Menschen von außerhalb in die höchsten Ämter zu wählen, ist letztlich ein Beleg für die integrative Kraft und den weltoffenen Charakter, für den Köln bekannt ist.




