Wenige Tage vor der entscheidenden Stichwahl um das Amt des Kölner Oberbürgermeisters intensivieren Berivan Aymaz (Grüne) und Torsten Burmester (SPD) ihren Wahlkampf. Beide Kandidaten werben bis zur letzten Minute um die Gunst der Wählerinnen und Wähler, die am Sonntag das neue Stadtoberhaupt für die Nachfolge von Henriette Reker bestimmen werden.
Während Aymaz nach einer kurzen krankheitsbedingten Pause wieder auf öffentlichen Plätzen präsent ist, konzentriert sich Burmester auf Problemviertel und den direkten Kontakt mit Arbeitnehmern. Die Ausgangslage bleibt trotz Aymaz' Vorsprung aus dem ersten Wahlgang spannend, da die Wahlempfehlungen anderer Parteien das Ergebnis maßgeblich beeinflussen könnten.
Die wichtigsten Fakten
- Am Sonntag findet die Stichwahl für das Kölner Oberbürgermeisteramt zwischen Berivan Aymaz (Grüne) und Torsten Burmester (SPD) statt.
- Aymaz ging mit 28,1 Prozent der Stimmen als Siegerin aus dem ersten Wahlgang hervor, Burmester erreichte 21,3 Prozent.
- Beide Kandidaten führen einen intensiven Endspurt mit zahlreichen öffentlichen Auftritten in den Kölner Veedeln.
- Die entscheidende Frage ist, welcher Kandidat mehr Wähler mobilisieren kann, da die Wahlbeteiligung bei Stichwahlen traditionell sinkt.
Intensiver Endspurt der Kandidaten
Der Wahlkampf in Köln erreicht seine entscheidende Phase. Die beiden verbliebenen Kandidaten für das Oberbürgermeisteramt, Berivan Aymaz und Torsten Burmester, nutzen die letzten Tage vor der Stichwahl für eine maximale Präsenz in der Stadt. Ihr Ziel ist es, unentschlossene Wähler zu überzeugen und ihre Anhänger zur Stimmabgabe zu motivieren.
Aymaz wirbt auf dem Wochenmarkt
Nachdem sie aufgrund einer Erkrankung am Mittwoch und Donnerstag pausieren musste, kehrte Berivan Aymaz am Freitag in den Wahlkampf zurück. Auf dem Wochenmarkt am Sudermanplatz suchte sie das Gespräch mit Bürgern und Händlern. Unterstützt wurde sie dabei von Verena Schäffer, der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der Grünen im nordrhein-westfälischen Landtag.
Im direkten Gespräch betonte Aymaz die Bedeutung jeder einzelnen Stimme. „Es kommt auf jede Stimme an. Also gehen Sie bitte zur Wahl und nehmen Sie noch zwei, drei Leute mit“, appellierte sie an eine Passantin. Bei einem Gespräch mit den Markthändlern Anna und Nesret Koxha wurde auch die langsame Bürokratie der Stadt thematisiert. Die Familie wartet nach eigenen Angaben seit drei Jahren auf die Bewilligung ihres Einbürgerungsantrags, obwohl sie seit Jahrzehnten in Köln lebt.
Wahlkampf auf lokaler Ebene
Der direkte Kontakt zu den Bürgern auf Märkten, bei Vereinsfesten oder in den Veedeln ist ein zentrales Element des Kommunalwahlkampfs. Hier können Kandidaten unmittelbar auf die Sorgen und Anliegen der Menschen eingehen und sich als nahbar und ansprechbar präsentieren.
Burmester fokussiert sich auf den Neumarkt
Auch Torsten Burmester führt einen Marathon-Wahlkampf. Am Freitag verbrachte er zwölf Stunden, von 10 bis 22 Uhr, auf dem Neumarkt, um über die dortige Drogenproblematik zu diskutieren. Er sprach mit Anwohnern, Geschäftsleuten und Passanten über die angespannte Lage an diesem bekannten Kölner Hotspot.
Zuvor hatte er bereits in den frühen Morgenstunden um Unterstützung geworben. Um 4:30 Uhr besuchte er den KVB-Betriebshof in der Scheidtweilerstraße zum Schichtbeginn, am Mittwoch war er ab 5:30 Uhr vor der Uniklinik präsent. „Ich kämpfe von morgens bis abends um jede Stimme“, erklärte der SPD-Kandidat.
„Ich finde es gut, dass Herr Burmester zum Neumarkt gekommen ist, und bin direkt zu ihm gegangen.“
Unternehmer wie Sukhjinder Singh und sein Nachbar Emre Bieber berichteten Burmester von einer Verschlimmerung der Situation. Sie beklagten nächtliche Verschmutzungen, Sachbeschädigungen und offenen Drogenhandel am helllichten Tag. Burmester bekräftigte seine Forderung, den Drogenkonsumraum vom Neumarkt zu verlegen und schnellstmöglich ein neues Hilfsangebot in Containern auf der Brache am Polizeipräsidium in Kalk zu schaffen.
Die Ausgangslage vor der Stichwahl
Obwohl Berivan Aymaz den ersten Wahlgang klar für sich entscheiden konnte, ist der Ausgang der Stichwahl völlig offen. Die Stimmen werden neu gezählt, und der Erfolg hängt maßgeblich von der Mobilisierung der Wähler ab.
Ergebnisse des ersten Wahlgangs
- Berivan Aymaz (Grüne): 128.932 Stimmen (28,1 %)
- Torsten Burmester (SPD): 97.791 Stimmen (21,3 %)
- Vorsprung für Aymaz: 31.141 Stimmen
- Wahlbeteiligung: 57,0 %
Wahlempfehlungen könnten entscheidend sein
Für den zweiten Wahlgang haben mehrere ausgeschiedene Kandidaten und Parteien Wahlempfehlungen ausgesprochen. Diese Allianzen könnten das Zünglein an der Waage sein.
Unterstützung für Berivan Aymaz: Die Grünen-Kandidatin erhält offizielle Unterstützung von der Partei Die Linke, deren Wähler bei der Kommunalwahl 49.703 Stimmen ausmachten. Auch der Volt-Kandidat Lars Wolfram (11.585 Stimmen) und Inga Feuser von den Klimafreunden (3.303 Stimmen) haben sich für Aymaz ausgesprochen.
Unterstützung für Torsten Burmester: Auf dem Papier scheint Burmester von einem größeren Lager unterstützt zu werden. Markus Greitemann von der CDU, der im ersten Wahlgang 89.263 Stimmen erhielt, rief zur Wahl des SPD-Kandidaten auf. Ebenso sprachen sich der FDP-Kandidat Volker Görzel (13.552 Stimmen) und der unabhängige Bewerber Hans Mörtter (15.830 Stimmen) für Burmester aus. Die AfD (38.882 Stimmen) signalisierte ebenfalls eine Präferenz für ihn.
Die große Unbekannte: Wahlbeteiligung
Die entscheidende Variable für den Wahlausgang am Sonntag ist die Wahlbeteiligung. Historisch gesehen sinkt die Beteiligung bei Stichwahlen deutlich. Bei der letzten Oberbürgermeisterwahl im Jahr 2020 fiel sie von 51,4 Prozent im ersten Wahlgang auf nur noch 36,2 Prozent in der Stichwahl.
Dieses Mal lag die Wahlbeteiligung im ersten Durchgang bei vergleichsweise hohen 57,0 Prozent. Der Erfolg wird davon abhängen, welchem Kandidaten es besser gelingt, seine Kernwählerschaft und die Unterstützer aus anderen politischen Lagern erneut an die Wahlurnen zu bringen. Ein starker Rückgang der Wahlbeteiligung könnte das Ergebnis unvorhersehbar machen. Beide Lager sind sich bewusst: Die „zweite Halbzeit“, wie Burmester es nennt, ist entscheidend.
Auch am Samstag werden beide Bewerber noch einmal in der ganzen Stadt unterwegs sein. Aymaz plant Besuche bei Wahlkampfständen und dem Dellbrücker Straßenfest. Burmester wird unter anderem bei der Mitgliederversammlung des 1. FC Köln, dem 100-jährigen Jubiläum der DLRG in Poll und auf Festen in Flittard und Zollstock präsent sein.




