Berîvan Aymaz, Vizepräsidentin des nordrhein-westfälischen Landtags, steht in der Stichwahl um das Amt der Kölner Oberbürgermeisterin. Die 53-jährige Politikerin der Grünen tritt am 28. September 2025 gegen Torsten Burmester von der SPD an. Ihr politischer Weg führte sie vom zivilgesellschaftlichen Engagement über den Kölner Stadtrat bis in die Spitze der Landespolitik.
Die wichtigsten Fakten
- Berîvan Aymaz ist die Kandidatin von Bündnis 90/Die Grünen für das Oberbürgermeisteramt in Köln.
- Sie ist seit 2022 Vizepräsidentin des Landtags von Nordrhein-Westfalen.
- Ihre politischen Schwerpunkte sind Klimaschutz, soziale Wohnungspolitik und Verkehrswende.
- Aymaz kam im Alter von sechs Jahren nach Deutschland und wuchs in Köln auf.
- Vor ihrer Parteikarriere war sie lange in Menschenrechts- und Migrantenorganisationen aktiv.
Herkunft und frühe Jahre in Köln
Berîvan Aymaz wurde am 5. Juli 1972 in Genç, einer Stadt in der ostanatolischen Provinz Bingöl, geboren. Ihr Vater war als Provinzgouverneur tätig, bevor er 1978 eine Stelle als Kulturattaché in der Bundesrepublik Deutschland antrat. Im selben Jahr zog die damals sechsjährige Berîvan mit ihrer Mutter und ihrem Bruder nach Deutschland.
Die Familie plante ursprünglich keine dauerhafte Auswanderung. Der Militärputsch in der Türkei im Jahr 1980 und die damit einhergehende Verfolgung kurdischer Amtsträger veranlassten den Vater jedoch, nicht in seine Heimat zurückzukehren. Die Familie ließ sich schließlich 1980 in Köln nieder und fand in den rechtsrheinischen Stadtteilen Brück und Kalk ein neues Zuhause.
Aymaz wuchs in einem multikulturellen Umfeld auf, das von Arbeiter- und Migrantenfamilien geprägt war. Sie besuchte die Kaiserin-Theophanu-Schule in Kalk, wo sie sich als Schülersprecherin engagierte und 1990 ihr Abitur ablegte. Anschließend nahm sie ein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität zu Köln auf und studierte parallel Politikwissenschaften an der Universität Duisburg-Essen. Sie schloss keines der beiden Studien ab und begann stattdessen, als freiberufliche Übersetzerin und Moderatorin zu arbeiten.
Vom Aktivismus in die Politik
Lange bevor Berîvan Aymaz Parteipolitikerin wurde, war sie in der Zivilgesellschaft aktiv. Ihr Engagement begann im Bereich der Menschenrechte und der Unterstützung von Migranten. Diese frühe Phase prägte ihre spätere politische Ausrichtung maßgeblich.
Politischer Werdegang: Von der Zivilgesellschaft zu den Grünen
Der Einstieg in die Politik erfolgte für Aymaz nicht über eine Partei, sondern über zivilgesellschaftliches Engagement. 1993 war sie Mitbegründerin der Kurdischen Gemeinde Deutschland e.V. und fungierte bis 2003 als deren erste Generalsekretärin. In den Jahren von 2003 bis 2011 arbeitete sie als Projektleiterin und Referentin für verschiedene Menschenrechts- und Migrantenorganisationen.
Erst im Jahr 2009, im Alter von 37 Jahren, trat sie der Partei Bündnis 90/Die Grünen bei. Innerhalb der Partei stieg sie schnell auf. 2012 gründete sie die Landesarbeitsgemeinschaft „Säkulare Grüne NRW“ mit und war bis 2018 deren Sprecherin. Von 2013 bis 2014 war sie Mitglied im Kreisvorstand der Kölner Grünen.
Einzug in Stadtrat und Landtag
Ihre parlamentarische Laufbahn begann auf kommunaler Ebene. 2014 wurde sie in den Kölner Stadtrat gewählt, dem sie bis 2017 angehörte. In dieser Zeit sammelte sie wichtige Erfahrungen in der Kölner Kommunalpolitik.
Bei der Landtagswahl 2017 schaffte sie den Sprung in die Landespolitik und zog über die Landesliste der Grünen in den Landtag von Nordrhein-Westfalen ein. Dort etablierte sie sich als Expertin für Integrations-, Flüchtlings- und Menschenrechtspolitik. Fünf Jahre später, bei der Wahl 2022, errang sie das Direktmandat im Wahlkreis Köln VI und wurde zur Vizepräsidentin des Landtags gewählt.
Verhandlungsführerin für Schwarz-Grün
Nach der Landtagswahl 2022 war Berîvan Aymaz Teil des Sondierungsteams der Grünen. Sie war damit maßgeblich an den Verhandlungen beteiligt, die zur ersten schwarz-grünen Koalition in der Geschichte von Nordrhein-Westfalen führten. Aktuell ist sie Sprecherin ihrer Fraktion für Europa und Internationales.
Die Oberbürgermeisterwahl 2025
Am 11. Januar 2025 nominierten die Kölner Grünen Berîvan Aymaz mit einer deutlichen Mehrheit von 91,2 Prozent zur Kandidatin für das Oberbürgermeisteramt. Die Wahl am 14. September verlief für die Partei jedoch durchwachsen. Die Grünen verloren bei der Stadtratswahl 3,5 Prozentpunkte und erreichten 25 Prozent.
Aymaz selbst ging aus dem ersten Wahlgang der OB-Wahl als Erstplatzierte hervor. Da jedoch keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit von über 50 Prozent der Stimmen erreichte, muss sie in eine Stichwahl. Ihr Gegner am 28. September ist Torsten Burmester, der Kandidat der SPD.
„Es braucht Tatkraft, Verlässlichkeit & Solidarität. Ich will Köln sozial gerecht, klimafreundlich, sicher und lebenswert für alle gestalten.“
Politische Ziele für Köln
Als potenzielle Oberbürgermeisterin hat Aymaz klare Vorstellungen für die Zukunft der Stadt. Ihre Agenda stützt sich auf ihre langjährige Erfahrung in der Kommunal- und Landespolitik. Ihre zentralen programmatischen Punkte umfassen mehrere Kernbereiche der Stadtentwicklung.
Klimaschutz und Verkehr
Ein zentrales Ziel ist die Klimaneutralität Kölns bis zum Jahr 2035. Um dies zu erreichen, plant Aymaz konkrete Maßnahmen. So sollen jährlich 2.000 neue Bäume in der Stadt gepflanzt werden. Zudem will sie Köln zu einer „Fahrradhauptstadt“ entwickeln, indem sie den Ausbau sicherer Radwege massiv vorantreibt. Auch der öffentliche Nahverkehr soll durch dichtere Taktungen attraktiver werden.
Wohnungsbau und Soziales
Angesichts des drängenden Wohnungsmangels in Köln setzt Aymaz auf eine „soziale Bodenpolitik“. Städtische Grundstücke sollen zukünftig nicht mehr verkauft, sondern über Erbbaurecht an gemeinwohlorientierte Bauträger vergeben werden. Außerdem plant sie, die Quote für geförderten Wohnraum bei Neubauprojekten auf 50 Prozent zu erhöhen.
Ein weiteres Thema ist die Situation an sozialen Brennpunkten wie dem Neumarkt. Hier sieht Aymaz dringenden Handlungsbedarf, um die Sicherheit und Lebensqualität für alle Bürger zu verbessern.
Wirtschaft und Verwaltung
Neben sozialen und ökologischen Zielen betont Aymaz auch die Notwendigkeit, den Wirtschaftsstandort Köln zu stärken. Ihr Motto für den Wahlkampf lautet: „Köln kann mehr, wenn wir es gemeinsam anpacken.“
Privatleben und persönliche Interessen
Berîvan Aymaz ist ledig und lebt seit 2009 im Stadtteil Brück, den sie als ihren persönlichen Rückzugsort beschreibt. Familie hat für sie einen hohen Stellenwert; ihre Verwandten leben in ihrer Nähe. Ihre Nichte war eine aktive Unterstützerin in ihrem Wahlkampfteam.
Trotz ihres politischen Terminkalenders pflegt sie ihre Hobbys. Sie genießt es, Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen, gut zu essen und Musik zu hören, die ihre türkisch-kurdisch-kölschen Wurzeln widerspiegelt. Sie liest gerne in verschiedenen Sprachen und gibt als ihre kulinarische Vorliebe Pasta in allen Variationen an.




