In einem Hochhaus in Düsseldorf-Garath leben 84 Parteien unter Bedingungen, die einige Bewohner als „Horrorhaus“ bezeichnen. Schimmel, defekte Aufzüge, Urin im Treppenhaus und eine wachsende Verzweiflung prägen den Alltag in der Güstrower Straße 3. Die Mieter fühlen sich vom Wohnungskonzern LEG im Stich gelassen.
Ein funktionierender Aufzug gilt hier bereits als ein guter Tag. Doch die Erleichterung währt oft nur kurz. Für die Bewohner des 13-stöckigen Gebäudes ist der Alltag ein Kampf gegen den Verfall. Viele haben Angst, sich offen zu äußern, aus Furcht vor Konsequenzen durch den Vermieter. Dennoch haben einige den Mut gefasst, die unhaltbaren Zustände öffentlich zu machen.
Die wichtigsten Punkte
- Mieter berichten von massivem Schimmelbefall und wiederkehrenden Wasserschäden in den Wohnungen.
 - Die Gemeinschaftsbereiche wie Treppenhäuser, Keller und Aufzüge sind stark verschmutzt und teilweise verwüstet.
 - Trotz hoher Reinigungskosten findet laut Anwohnern kaum eine sichtbare Säuberung statt.
 - Der Vermieter, der Wohnungskonzern LEG, reagiert laut Mietern kaum auf Beschwerden und ließ eine Presseanfrage unbeantwortet.
 
Ein Gebäude im fortschreitenden Verfall
Schon beim Betreten des Hochhauses wird das Ausmaß der Probleme deutlich. Die Eingangstür schließt nicht richtig und gewährt Unbefugten jederzeit Zutritt. Die Wände im Eingangsbereich sind mit Graffitis und Hakenkreuzen beschmiert. Ein Blick auf die Briefkastenanlage offenbart Dutzende aufgebrochene oder beschädigte Fächer. Post wird oft einfach obenauf abgelegt, während Werbeprospekte den Boden bedecken.
Das Treppenhaus ist für viele keine Alternative zum oft defekten Aufzug. Ein stechender Geruch von Urin macht den Gang über die Stufen unerträglich. Zwischen der zweiten und dritten Etage befinden sich undefinierbare Flüssigkeiten auf dem Boden. „Es ist schlimmer denn je, es ist ein Horrorhaus“, fasst eine Anwohnerin die Situation zusammen, die anonym bleiben möchte.
Hintergrund: Ein langjähriges Problem
Das Hochhaus mit 84 Wohneinheiten in Düsseldorf-Garath gehört seit fast zwei Jahrzehnten dem Düsseldorfer Wohnungskonzern LEG. Anwohner berichten, dass sich die Zustände über die Jahre kontinuierlich verschlechtert haben, insbesondere seit es keinen festen Hausmeister mehr vor Ort gibt.
Wasserschäden und defekte Aufzüge
Ein geplatzter Heizkörper im fünften Stock sorgte erst Mitte Oktober für einen Feuerwehreinsatz. Große Wassermengen fluteten mehrere Etagen. Für die Mieter war dies keine Überraschung. „Es ist nicht der erste Wasserschaden“, erklärt ein Nachbar. Die Folge: Beide Aufzüge standen eine Woche lang still.
„Ältere Nachbarn in den obersten Stockwerken, die die Treppen nicht mehr gut laufen können, saßen tagelang in ihren Wohnungen fest.“
Zwar wurde einer der Fahrstühle repariert, doch das Vertrauen ist gering. „Er bleibt aber regelmäßig stecken“, fügt ein anderer Bewohner nüchtern hinzu. Die Sorge bleibt, was mit dem Wasser des letzten Schadens passiert ist. Trocknungsgeräte wurden nie gesichtet. Die Befürchtung: „Das Wasser ist bestimmt ins Mauerwerk gezogen. Irgendwann müssen wir hier alle raus, weil die Wände so marode sind.“ Auf mehreren Fluren zeugen demontierte Heizkörper, umgeben von schwarzen Flüssigkeiten, von den ungelösten Problemen.
Unsicherheit und Verwahrlosung vom Keller bis zum Dach
Die Mängel ziehen sich durch das gesamte Gebäude. Im Keller ist die Situation besonders dramatisch. Viele der hölzernen Kellerverschläge sind aufgebrochen. Unrat sammelt sich in den Ecken, und an einer Tür steht die verzweifelte Botschaft: „Liebe asoziale Mitbewohner. Das sind keine Aufenthaltsräume!“
Anwohner berichten, dass fremde Personen regelmäßig in den Kellerabteilen schlafen. Diebstähle und Vandalismus sind an der Tagesordnung. In einem anderen Kellerbereich steht seit Wochen Wasser. Es tropft von der Decke. Viele Mieter haben die Nutzung ihrer Keller aufgegeben – aus Angst vor Diebstahl und Zerstörung.
Hohe Kosten für mangelhafte Reinigung
Laut der aktuellen Betriebskostenabrechnung fielen für die Hausreinigung Kosten in Höhe von 34.951,62 Euro an. Diese Summe wird auf alle Mieter umgelegt. Die Bewohner fragen sich jedoch, wofür sie bezahlen. „Hier wird höchstens zweimal pro Woche Wasser auf die Flure gekippt. Das war's!“, kritisiert eine Mieterin.
Ein Zuhause, für das man sich schämt
Die Probleme enden nicht vor der Wohnungstür. In vielen Wohnungen hat sich gesundheitsgefährdender Schimmel ausgebreitet. Ein Familienvater im zweiten Stock zeigt auf feuchte Wände und schwarze Flecken in seinem Badezimmer. In vier Jahren erlebte seine Familie bereits drei Wasserschäden.
Die Reparaturen durch die LEG seien nur oberflächlich gewesen. „Es wurden immer neue Tapeten auf die nassen Wände aufgebracht. Ein Anstrich drüber und fertig“, berichtet er. Der Schimmel kehrte jedes Mal nach kurzer Zeit zurück. Eine Etage höher ist das Problem noch gravierender. Ein riesiger schwarzer Schimmelfleck ziert die Küchenwand einer sechsköpfigigen Familie. Der Boden im Wohnbereich ist von unten aufgeweicht.
Besuch empfängt die Familie nur noch selten. „Wir schämen uns für die Zustände in dem Haus“, sagt die Mutter. Die Wände und Decken gleichen nach notdürftigen Reparaturen einem Flickenteppich aus unterschiedlichen Materialien.
Steigende Mieten und wachsende Verzweiflung
Trotz der sich verschlechternden Bedingungen steigen die Mieten. Eine Familie, die seit 20 Jahren im Haus lebt, berichtet von einer Mietsteigerung von rund 600 Euro im Jahr 2005 auf aktuell 1067 Euro Warmmiete für ihre Drei-Zimmer-Wohnung. „Am Anfang war alles super. Die Nachbarn waren toll“, erinnern sie sich. Schimmel sei zwar schon immer ein Thema gewesen, aber früher habe man sich darum gekümmert.
Heute fühlen sich die Mieter alleingelassen. Auf Beschwerden bei der LEG erhalten sie laut eigener Aussage oft zynische Antworten. Eine Mutter erzählt: „Da sagt man uns am Telefon: Wenn es Ihnen nicht gefällt, dann ziehen Sie doch aus.“ Doch ein Umzug ist für viele Familien auf dem angespannten Düsseldorfer Wohnungsmarkt keine Option. Seit sieben Jahren sucht die sechsköpfige Familie vergeblich nach einer neuen Bleibe.
Die Hoffnungslosigkeit ist den Bewohnern anzusehen. „Wir wollen hier einfach nur noch weg, dieses Haus macht uns krank“, sagt ein langjähriger Mieter. Eine umfangreiche Presseanfrage zu den geschilderten Zuständen ließ der Wohnungskonzern LEG bis heute unbeantwortet.




