In Köln-Raderthal steht ein denkmalgeschütztes Gebäude mit bedeutender Geschichte vor einer ungewissen Zukunft. Das ehemalige Funkhaus an der Hitzelerstraße 125, seit 2018 leerstehend, verfällt zusehends. Die Stadt Köln sucht nun per Erbbaurecht einen Nutzer für das historische Bauwerk, doch Kritiker befürchten, dass dies nur ein Schritt vor dem endgültigen Abriss sein könnte.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Stadt Köln hat ein Verfahren zur Vergabe des ehemaligen Funkhauses in Raderthal im Erbbaurecht für 99 Jahre gestartet.
- Das 1927 im Bauhausstil errichtete Gebäude steht seit 1997 unter Denkmalschutz, ist aber in einem sehr schlechten Zustand.
- Kritiker bezweifeln die Wirtschaftlichkeit des Projekts für Investoren und schätzen die Sanierungskosten auf über fünf Millionen Euro.
- Es besteht die Sorge, dass ein Scheitern des Verfahrens als Vorwand für einen späteren Abriss und Neubau auf dem 4.800 Quadratmeter großen Grundstück dienen könnte.
Ein Denkmal im Dornröschenschlaf
Wer an der Hitzelerstraße 125 in Raderthal vorbeigeht, sieht ein trauriges Bild. Die Fenster des einst repräsentativen Gebäudes sind mit Metallplatten verschlossen, die Fassade ist schmutzig und der Garten gleicht einer Wildnis. Seit sechs Jahren steht das ehemalige Funkhaus leer und der Verfall schreitet unaufhaltsam voran.
Dabei ist das Gebäude ein Zeugnis Kölner Geschichte. Es wurde 1927 im klaren Bauhausstil errichtet, als der Rundfunk in Deutschland noch in den Kinderschuhen steckte. Der damalige Oberbürgermeister Konrad Adenauer hatte sich erfolgreich dafür eingesetzt, den Sender nach Köln zu holen.
Historische Bedeutung des Funkhauses
Das Gebäude besteht aus einem eingeschossigen Mittelteil, der von zwei zweigeschossigen Seitenflügeln mit Flachdächern flankiert wird. Obwohl der Standort als Sendeanlage bereits 1932 seine Funktion verlor, blieb das Bauwerk erhalten. Nach dem Zweiten Weltkrieg nutzte es die Britische Rheinarmee für Veranstaltungen, bevor es 1990 in den Besitz der Stadt Köln überging. Viele Jahre diente es als Unterkunft für Geflüchtete, bis es 2018 endgültig leergezogen wurde.
Die Suche nach einer neuen Nutzung
Die Stadtverwaltung unternimmt nun einen neuen Versuch, das Gebäude zu retten. In einem Interessenbekundungsverfahren, das noch bis Ende des Jahres läuft, wird das Grundstück im Erbbaurecht angeboten. Der Vertrag soll über 99 Jahre laufen, bei gefördertem Wohnungsbau über 80 Jahre.
Die Ausschreibung sieht eine reine Wohnnutzung vor. Allerdings sind Ausnahmen möglich: kleine Läden, nicht störendes Handwerk, Beherbergungsbetriebe oder Künstlerateliers, die an Wohneinheiten gekoppelt sind, könnten genehmigt werden. Selbst der Bau von untergeordneten Gebäuden oder Tiny Houses wird in Aussicht gestellt, solange der freie Blick auf das Denkmal erhalten bleibt.
Frühere Pläne scheiterten
Dies ist nicht der erste Anlauf, das Haus wiederzubeleben. Mehrere Ideen wurden in der Vergangenheit diskutiert und wieder verworfen.
- Radiomuseum: Eine Bürgerinitiative wollte ein Museum zur Radiogeschichte einrichten. Die Stadt lehnte dies mit Verweis auf den Bebauungsplan ab, der ein reines Wohngebiet vorschreibt.
- Kindertagesstätte: Ein Vorschlag der SPD aus dem Jahr 2019, eine Kita einzurichten, scheiterte ebenfalls. Laut Stadtverwaltung reicht der Platz nicht aus und die Auflagen des Denkmalschutzes würden notwendige Umbauten verhindern.
- Künstlerateliers: Auch die Prüfung einer Nutzung für Künstlerwohnungen und Ateliers führte zu keinem Ergebnis.
Kritik am Vorgehen der Stadt
Die aktuelle Ausschreibung stößt auf erhebliche Zweifel. Andreas Henseler, Peter Funk und Uli Kievernagel, die sich einst für das Radiomuseum starkmachten, halten das Vorhaben für unrealistisch. „Die Frist ist viel zu kurz, die Vorgaben sind zu streng und die Sanierungskosten zu hoch“, fassen sie ihre Bedenken zusammen.
Hohe Kosten, wenig Ertrag
Die Kritiker schätzen die notwendige Investitionssumme für eine Kernsanierung auf mehr als fünf Millionen Euro. Gleichzeitig geht die Stadt selbst davon aus, dass in dem Gebäude lediglich vier Wohnungen entstehen könnten. Diese Kombination aus hohen Kosten und geringem Ertrag mache das Projekt für private Investoren unwirtschaftlich.
Die Befürchtung der Kritiker geht noch weiter. „Hier wird Aktivität vorgetäuscht. Am Ende wird die Stadt sagen: Wir haben es versucht, leider niemanden gefunden – und dann den Abriss fordern“, so Henseler. Sie vermuten, dass die Stadt das rund 4.800 Quadratmeter große Grundstück nach einem gescheiterten Verfahren günstig an einen Investor verkaufen könnte, der dann freie Hand für einen lukrativen Neubau hätte.
„Es ist eine Schande, wie die Stadt mit diesem wertvollen und denkmalgeschützten Gebäude umgeht.“
Verwaltung weist Vorwürfe zurück
Die Stadt Köln sieht die Lage anders. Eine Sprecherin der Verwaltung erklärte auf Nachfrage, die Frist für das Interessenbekundungsverfahren sei „ausreichend bemessen“. Zudem gebe es bereits „mehrere Interessenten, die die Teilnahme am Verfahren zugesagt haben“.
Sollte sich dennoch kein Partner finden, werde die Verwaltung dem Liegenschaftsausschuss alternative Vorschläge unterbreiten. Wie diese konkret aussehen könnten, ließ die Sprecherin offen. Den Vorwurf der Untätigkeit weist die Stadt ebenfalls zurück. Sie führe routinemäßig Grünschnittarbeiten durch und sichere das Gebäude. Aufgrund der angespannten Haushaltslage seien jedoch derzeit nur die nötigsten Maßnahmen möglich.
Für die ehemaligen Streiter des Radiomuseums ist das nicht genug. Sie wollen einen Abriss unter allen Umständen verhindern. „Wir versuchen, unser ehemaliges Netzwerk wieder zu aktivieren und ein neues, angepasstes Konzept zu erarbeiten“, kündigt Andreas Henseler an. Die Zukunft des historischen Funkhauses in Raderthal bleibt damit weiterhin ungewiss.




