Am kommenden Sonntag, dem 26. September 2025, entscheiden die Kölner Bürger in einer Stichwahl, wer die Stadt in den kommenden Jahren führen wird. Berivan Aymaz von den Grünen und Torsten Burmester von der SPD stehen vor der gewaltigen Aufgabe, eine Metropole mit drängenden Problemen zu übernehmen. Die Herausforderungen reichen von einer maroden Infrastruktur über bezahlbaren Wohnraum bis hin zu einem dysfunktionalen öffentlichen Nahverkehr.
Die wichtigsten Punkte
- In der Stichwahl zur Oberbürgermeisterwahl in Köln treten Berivan Aymaz (Grüne) und Torsten Burmester (SPD) gegeneinander an.
- Die neue Stadtspitze muss sich drängenden Problemen wie Wohnungsnot, Sanierungsstau bei der Infrastruktur und einem reformbedürftigen Nahverkehr stellen.
- Experten fordern einen neuen Gemeinschaftssinn und eine parteiübergreifende Zusammenarbeit, um die politische Lähmung zu überwinden.
- Das Wahlergebnis des ersten Durchgangs zeigt eine stark zersplitterte politische Landschaft, in der keine Partei über 30 Prozent der Stimmen erreichte.
Eine Stadt am Scheideweg
Köln steht vor einer entscheidenden Weichenstellung. Die Liste der ungelösten Aufgaben ist lang und betrifft nahezu jeden Lebensbereich der Bürger. Die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) kämpfen mit Ausfällen und überlasteten Linien, während der Mangel an bezahlbarem Wohnraum vor allem Familien und Geringverdiener an den Rand drängt.
Gleichzeitig zeigt sich ein alarmierender Verfall der öffentlichen Substanz. Brücken, Tunnel, aber auch kulturelle Einrichtungen wie die Oper und das Schauspielhaus sind sanierungsbedürftig. Hinzu kommt ein zunehmendes Problem mit der Sauberkeit im öffentlichen Raum. Diese Summe an Problemen erfordert eine entschlossene und zielorientierte Führung.
Die Kandidaten im Fokus
Berivan Aymaz (Die Grünen) und Torsten Burmester (SPD) repräsentieren unterschiedliche politische Ansätze, stehen aber vor denselben Herausforderungen. Von beiden wird erwartet, dass sie nicht nur eine Vision für Köln entwickeln, sondern auch konkrete und schnelle Lösungen umsetzen können. Die Zeit der langen Diskussionen und aufgeschobenen Entscheidungen müsse vorbei sein, so der Tenor vieler Stadtbeobachter.
Die politische Landschaft macht die Aufgabe nicht einfacher. Im ersten Wahlgang stimmten über 100.000 Wähler, was mehr als 22 Prozent entspricht, für Kandidaten kleinerer Parteien oder unabhängige Bewerber. Dies spiegelt eine große Vielfalt an Meinungen wider, erschwert aber auch die Bildung stabiler Mehrheiten im Stadtrat.
Hintergrund: Zersplitterte politische Landschaft
Das Ergebnis der Kommunalwahl hat gezeigt, dass keine einzelne Partei die politische Agenda allein bestimmen kann. Da keine Fraktion über 30 Prozent der Stimmen erhielt, ist die künftige Oberbürgermeisterin oder der künftige Oberbürgermeister zwingend auf Kooperation und Kompromisse angewiesen. Dies erfordert ein hohes Maß an Moderationsfähigkeit und integrativem Geschick.
Die Forderung nach einem neuen „Wir-Gefühl“
Andreas Grosz, der früher mit dem Rotonda-Business-Club wichtige Impulse für die Stadtgesellschaft setzte, beobachtet die Entwicklung mit Sorge. Er betont, dass die anstehenden Aufgaben nur durch einen gemeinsamen Kraftakt bewältigt werden können. „Den Herausforderungen kann nur mit übergreifendem Gestaltungswillen aller Kräfte begegnet werden“, so Grosz.
„Wir differenzieren uns sonst um Kopf und Kragen.“
Grosz fordert ein neues „Wir-Gefühl“ für Köln. Anstatt sich in politischen Grabenkämpfen zu verlieren, müssten alle relevanten Akteure an einem Strang ziehen. Es gehe darum, die enorme Vielfalt der Stadt als Stärke zu nutzen und nicht als Hindernis zu betrachten. Die neue Stadtspitze habe die Aufgabe, diesen Prozess zu moderieren und eine Atmosphäre der Zusammenarbeit zu schaffen.
Lehren aus der Vergangenheit
Dass in Köln große Projekte gelingen können, wenn der politische Wille vorhanden ist, zeigen Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit. Die Verkehrsberuhigung der Kölner Ringe wird oft als positives Beispiel genannt, bei dem ein ausgewogener Kompromiss für alle Verkehrsteilnehmer gefunden wurde.
Im Gegensatz dazu steht die Neugestaltung der Trankgasse, die von vielen als uninspirierte und funktionale Notlösung kritisiert wird. Beide Projekte wurden unter grüner Führung umgesetzt und zeigen, wie schmal der Grat zwischen Erfolg und Misserfolg bei städtischen Gestaltungsfragen sein kann.
Kölns größte Baustellen
- Wohnungsmarkt: Es fehlen tausende bezahlbare Wohnungen.
- Verkehr (KVB): Hoher Investitionsbedarf bei Bussen und Bahnen, um Zuverlässigkeit zu gewährleisten.
- Infrastruktur: Sanierungsstau bei Brücken (z.B. Mülheimer Brücke), Tunneln und öffentlichen Gebäuden.
- Sauberkeit: Zunehmende Verschmutzung in vielen Stadtteilen.
Politische Kultur nach der Wahl
Unabhängig davon, wer die Stichwahl gewinnt, wird sich die politische Kultur in Köln ändern müssen. Viele der unterlegenen Kandidaten des ersten Wahlgangs haben bereits angekündigt, sich weiterhin aktiv in die Stadtpolitik einbringen zu wollen. Dazu gehören der ehemalige Pfarrer Hans Mörtter, Roberto Campione von der Kölner Stadtgesellschaft, Volker Görzel (FDP) und Lars Wolfram (Volt).
Hans Mörtter fasste eine wichtige Erkenntnis aus dem Wahlkampf zusammen, die auch für die zukünftige Stadtführung gilt: „Konzerte allein reichen nicht.“ Damit meint er, dass es nicht ausreicht, nur in der eigenen politischen oder sozialen Blase zu agieren. Der Dialog über die Grenzen des eigenen Milieus hinweg sei entscheidend, um den Gemeinsinn neu zu entdecken.
Die Aufgabe, die auf Berivan Aymaz oder Torsten Burmester wartet, ist enorm. Sie erfordert nicht nur fachliche Kompetenz, sondern auch die Fähigkeit, Menschen zusammenzubringen und für ein gemeinsames Ziel zu begeistern. Die scheidende Oberbürgermeisterin Henriette Reker hinterlässt ein Amt, das zwar ein Privileg ist, aber alles andere als einfach zu führen. Die Kölner erwarten nun einen Neuanfang und entschlossenes Handeln, um ihre Stadt wieder zukunftsfähig zu machen.




