Die Stadt Köln hat die Tiefgarage an Groß St. Martin mit sofortiger Wirkung für die Öffentlichkeit geschlossen. Grund für die drastische Maßnahme sind erhebliche statische Mängel und die Gefahr eines Einsturzes. Die seit Jahren bekannten Probleme mit eindringendem Wasser haben die Bausubstanz des 1976 errichteten Parkhauses stark beschädigt.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Tiefgarage Groß St. Martin mit 213 Stellplätzen wurde von der Stadt Köln sofort gesperrt.
- Grund sind schwere Bauschäden durch Wassereintritt und die daraus resultierende Einsturzgefahr.
- Die Mängel sind der Verwaltung seit mindestens 2011 bekannt, eine umfassende Sanierung wurde jedoch aufgeschoben.
- Anwohner und das Erzbistum Köln sind von der Schließung direkt betroffen und müssen ihre Fahrzeuge umparken.
Plötzliche Schließung nach neuer Risikobewertung
Die Entscheidung zur sofortigen Sperrung der Tiefgarage erfolgte überraschend und mit großer Dringlichkeit. Nach Informationen von Cologne News Today hat das Bauaufsichtsamt der Stadt das Liegenschaftsamt zum unverzüglichen Handeln aufgefordert. Offenbar wird die Gefahr eines Versagens der Bauteile nun als akut eingeschätzt.
In der vergangenen Woche fand eine Begehung vor Ort mit Vertretern beider Ämter statt. Die dabei festgestellten Mängel, insbesondere freiliegende und stark korrodierte Stahlarmierungen, führten zu einer Neubewertung der Lage. Die Verwaltung sieht nun offenbar Gefahr im Verzug.
Bereits am Freitag wurden das Erzbistum Köln und die Verwaltung der privaten Wohnungseigentümer, die ebenfalls Teile der Garage nutzen, zu einem kurzfristig anberaumten Gespräch am Montag geladen. Dort teilte die Stadt ihnen die sofortige Schließung mit. Der hintere Teil der Garage muss bis Donnerstagabend vollständig geräumt sein, andernfalls werden verbleibende Fahrzeuge abgeschleppt.
Komplexe Eigentümerstruktur
Das Bauwerk gehört mehreren Parteien: der Stadt Köln, dem Erzbistum Köln und privaten Eigentümern von anliegenden Wohngebäuden. Die Federführung für Instandhaltungsmaßnahmen liegt jedoch bei der Stadt, was die Koordination von Sanierungsarbeiten in der Vergangenheit erschwerte.
Seit über einem Jahrzehnt bekannte Schäden
Die Probleme der Tiefgarage sind keineswegs neu. Bereits im Jahr 2011, also vor 14 Jahren, wies ein Gutachten auf die Notwendigkeit einer umfassenden Betonsanierung hin. Eindringendes Wasser hatte begonnen, den Stahlbeton zu zersetzen. Das Gutachten forderte eine neue Abdichtung der gesamten Oberfläche des Bauwerks, das direkt an die romanische Kirche Groß St. Martin angrenzt.
Trotz dieser frühen Warnung passierte über Jahre hinweg nur wenig. Ein weiteres Gutachten wurde 2017 in Auftrag gegeben, dessen Konzept zur Instandsetzung jedoch erst 2020 vorgelegt wurde. Auch danach blieben entscheidende Sanierungsschritte aus.
Chronologie des Versäumnisses
- 2011: Erstes Gutachten stellt Sanierungsbedarf fest.
- 2017: Auftrag für ein neues Instandsetzungskonzept.
- 2020: Vorlage des neuen Konzepts, keine Umsetzung.
- August 2024: Anwohner schalten Bauaufsicht ein.
- Oktober 2024: Gutachten bescheinigt „erheblich eingeschränkte“ Dauerhaftigkeit.
- September 2025: Sofortige Schließung der Tiefgarage.
Temporäre Stützen erhöhten Brandrisiko
Nachdem besorgte Anwohner im August 2024 die Bauaufsicht eingeschaltet hatten, bestätigte ein neues Gutachten im Oktober 2024 den desolaten Zustand. Die Sachverständigen konnten die Standsicherheit für zwei Stahlbetonunterzüge nicht mehr garantieren und empfahlen eine sofortige Abstützung.
Daraufhin ließ die Stadt 96 Baustützen aus Stahl installieren. Diese Maßnahme barg jedoch ein erhebliches Risiko: Im Falle eines Fahrzeugbrandes hätte die enorme Hitze die Stahlstützen ihre Tragfähigkeit verlieren lassen können, was katastrophale Folgen für die Statik gehabt hätte. Dieses Risiko wurde fast neun Monate lang in Kauf genommen.
„Alle Maßnahmen erfolgten und erfolgen auf Basis gutachterlicher Stellungnahmen“, erklärte eine Sprecherin der Stadt auf Anfrage, warum nicht sofort eine brandsichere Lösung gewählt wurde.
Erst Mitte August 2025 wurden die Stahlstützen entfernt und durch zwei massive Wände aus Kalksandstein ersetzt. Diese Lösung ist zwar brandsicher, stellt aber weiterhin nur eine provisorische Notmaßnahme dar.
Unsicherheit bei Anwohnern und Parkplatzmangel
Die Tiefgarage befindet sich direkt unter und neben mehreren Wohngebäuden. Die Nachricht von der akuten Einsturzgefahr sorgt bei den Bewohnern für große Beunruhigung. Viele fragen sich, wie sicher ihre Wohnungen noch sind. Ein Anwohner äußerte die Hoffnung, „dass die Stadt die Sanierung jetzt endlich in Angriff nimmt und nicht mit einem neuen Gutachten erneut auf Zeit spielt“.
Als nächsten Schritt plant die Stadt, Proben von rund 50 Betonstützen zu entnehmen, um das genaue Schadensbild zu ermitteln. Dies ist die Grundlage für ein umfassendes Sanierungskonzept. „Wann die Tiefgarage wieder öffnen kann, ist derzeit noch nicht bekannt“, so das Presseamt.
Für die betroffenen Dauermieter hat die Stadt eine Übergangslösung geschaffen. Sie können ihre Fahrzeuge im vorderen Teil des Parkhauses abstellen, der weniger Feuchtigkeitsschäden aufweist. Da die 77 dortigen Plätze nicht ausreichen, wird den restlichen Nutzern angeboten, kostenlos die Tiefgarage am Dom zu nutzen. Pikanterweise sind auch dort große Teile wegen Mängeln am Stahlbeton gesperrt. Der Wegfall der 213 Stellplätze an Groß St. Martin verschärft die ohnehin angespannte Parkplatzsituation in der Kölner Innenstadt weiter.