Eine Ära geht in Solingen zu Ende: Die evangelische Gemeinde hat bekannt gegeben, dass die historische Lutherkirche ab dem Jahr 2030 nicht mehr als Gotteshaus genutzt wird. Die Glocken des unter Denkmalschutz stehenden Wahrzeichens werden dann für immer verstummen, was für viele Gemeindemitglieder und Bürger einen schmerzhaften Verlust darstellt.
Die Entscheidung wurde vom Presbyterium nach langen Überlegungen getroffen. Als Hauptgründe werden die sinkende Zahl der Gemeindemitglieder und die hohen Unterhaltskosten für das historische Gebäude genannt. Die Zukunft des markanten Kirchenbaus ist derzeit noch ungewiss.
Das Wichtigste in Kürze
- Endgültige Schließung: Die Lutherkirche in Solingen wird ab 2030 als Gottesdienstort aufgegeben.
 - Stille Glocken: Das bekannte Geläut der Kirche, ein Wahrzeichen der Stadt, wird dann nicht mehr zu hören sein.
 - Gründe: Rückläufige Mitgliederzahlen und hohe Kosten für den Erhalt des denkmalgeschützten Gebäudes zwingen die Gemeinde zu diesem Schritt.
 - Offene Zukunft: Was nach 2030 mit dem Gebäude geschehen wird, ist noch unklar. Der Denkmalschutz schränkt die Möglichkeiten ein.
 
Eine schwere Entscheidung für die Gemeinde
Die Nachricht wurde von Pfarrerin Michael Röhr und Pfarrer Christian Menge, der zugleich Vorsitzender des Presbyteriums ist, offiziell verkündet. Es war eine Mitteilung, die tiefes Bedauern in der Gemeinde auslöste. Die Schließung eines so zentralen Ortes des Glaubens und der Gemeinschaft sei ein Schritt, der niemandem leichtgefallen sei.
„Es tut weh“, fasste die Gemeindeleitung die emotionale Lage zusammen. Diese Worte spiegeln den tiefen Einschnitt wider, den die Aufgabe der Kirche für viele Menschen bedeutet, die dort getauft wurden, geheiratet haben oder Abschied von geliebten Menschen nahmen.
Die Entscheidung ist das Ergebnis eines langen Prozesses, in dem verschiedene Szenarien geprüft wurden. Letztendlich sah sich das Presbyterium gezwungen, die Nutzung des Gebäudes aus wirtschaftlichen und strukturellen Gründen zu beenden.
Strukturelle Veränderungen in der Kirche
Die Schließung von Kirchen ist ein deutschlandweites Phänomen. Viele Kirchengemeinden, sowohl evangelische als auch katholische, kämpfen mit sinkenden Mitgliederzahlen und damit verbundenen geringeren Kirchensteuereinnahmen. Gleichzeitig stellt der Erhalt oft alter und denkmalgeschützter Gebäude eine immense finanzielle Belastung dar, die von immer kleiner werdenden Gemeinden kaum noch zu tragen ist.
Die Gründe hinter dem Entschluss
Die demografische Entwicklung und der gesellschaftliche Wandel machen auch vor Solingen nicht halt. Die Zahl der Kirchenmitglieder in der evangelischen Gemeinde ist seit Jahren rückläufig. Weniger Mitglieder bedeuten nicht nur weniger Einnahmen, sondern auch weniger Menschen, die aktiv am Gemeindeleben teilnehmen und die Gottesdienste besuchen.
Hohe Kosten für ein historisches Erbe
Ein weiterer entscheidender Faktor sind die enormen Kosten für den Unterhalt der Lutherkirche. Als denkmalgeschütztes Gebäude erfordert es spezielle und kostspielige Maßnahmen zur Instandhaltung und Sanierung. Von der Reparatur des Daches bis zur Wartung der Orgel und der Heizungsanlage summieren sich die Ausgaben auf ein Niveau, das die finanziellen Kapazitäten der Gemeinde übersteigt.
Denkmalschutz als Herausforderung
Der Status als Baudenkmal sichert zwar den Erhalt der historischen Bausubstanz, erschwert aber gleichzeitig eine Umnutzung. Jegliche Veränderung am Gebäude muss mit den Denkmalschutzbehörden abgestimmt werden, was potenzielle neue Nutzungskonzepte kompliziert und teuer macht.
Die Gemeinde muss ihre Ressourcen bündeln, um ihre seelsorgerischen und sozialen Aufgaben auch in Zukunft erfüllen zu können. Die Konzentration auf andere, wirtschaftlicher zu betreibende Standorte wurde daher als unumgänglich bewertet.
Was wird aus dem Wahrzeichen Solingens?
Die Frage, die nun viele Menschen in Solingen bewegt, ist die nach der Zukunft des Kirchengebäudes. Da ein Abriss aufgrund des Denkmalschutzes ausgeschlossen ist, muss eine neue Verwendung für das imposante Bauwerk gefunden werden. Die Suche nach einem tragfähigen Konzept hat bereits begonnen, gestaltet sich jedoch als äußerst schwierig.
Mögliche Szenarien für die Umnutzung von Kirchengebäuden sind vielfältig und reichen von kulturellen Einrichtungen bis hin zu sozialen Projekten. Denkbar wären:
- Kulturzentrum: Nutzung für Konzerte, Ausstellungen oder Theatervorstellungen.
 - Soziale Einrichtung: Umbau zu einer Begegnungsstätte, einer Tafel oder Beratungsstelle.
 - Wohnraum: In einigen Fällen werden Kirchen zu exklusiven Wohnungen umgebaut, was jedoch hohe Investitionen erfordert.
 - Kolumbarium: Eine Nutzung als Begräbnisstätte ist eine weitere Option, die den sakralen Charakter des Ortes teilweise bewahrt.
 
Jede dieser Optionen muss jedoch nicht nur finanziell realisierbar sein, sondern auch die strengen Auflagen des Denkmalschutzes erfüllen. Die Gemeinde plant, in den kommenden Jahren Gespräche mit der Stadt Solingen, potenziellen Investoren und kulturellen Initiativen zu führen, um eine würdige und nachhaltige Lösung für die Lutherkirche zu finden.
Ein Symbol verschwindet aus dem Stadtbild
Für die Identität der Stadt Solingen ist die Schließung ein spürbarer Verlust. Die Lutherkirche ist mehr als nur ein Gebäude; sie ist ein architektonisches Wahrzeichen und ein akustischer Ankerpunkt im Alltag vieler Bürger. Das regelmäßige Läuten der Glocken strukturierte den Tag und rief zu besonderen Anlässen zusammen.
Mit dem Verstummen der Glocken im Jahr 2030 wird eine vertraute Klangkulisse aus dem Leben der Stadt verschwinden. Dieser Verlust ist symbolisch für den Wandel, den Kirchengemeinden und die Gesellschaft insgesamt durchlaufen. Die Gemeinde steht nun vor der Herausforderung, neue Wege zu finden, um den Glauben sichtbar und erlebbar zu machen, auch ohne das traditionsreiche Gebäude der Lutherkirche.
Bis zur endgültigen Schließung wird das Gemeindeleben in der Kirche weitergehen. Die verbleibenden Jahre sollen genutzt werden, um in Würde Abschied zu nehmen und gleichzeitig den Übergang in eine neue kirchliche Zukunft in Solingen zu gestalten.




