In einer feierlichen Zeremonie im Gelsenkirchener Schloss Horst hat Ministerpräsident Hendrik Wüst die Rettungsmedaille des Landes Nordrhein-Westfalen verliehen. Unter den Geehrten sind die Einsatzkräfte, die bei dem verheerenden Brandanschlag in Ratingen im Mai 2023 selbst zu Opfern wurden, aber unter Einsatz ihres Lebens ihre Kollegen retteten.
Das Wichtigste in Kürze
- Einsatzkräfte des Anschlags von Ratingen werden mit der Rettungsmedaille des Landes NRW ausgezeichnet.
- Ministerpräsident Hendrik Wüst würdigte ihren Mut, trotz eigener schwerster Verletzungen Kollegen geholfen zu haben.
- Weitere Bürger, darunter ein zehnjähriger Junge aus Duisburg, wurden ebenfalls für lebensrettende Taten geehrt.
- Die Rettungsmedaille wird seit 1951 verliehen und ist die höchste staatliche Anerkennung für Rettungstaten in NRW.
Ein Einsatz, der Narben hinterließ
Der 11. Mai 2023 ist ein Datum, das sich tief in das Gedächtnis der Rettungskräfte in Nordrhein-Westfalen eingebrannt hat. Ein Team aus Polizisten, Feuerwehrleuten und Sanitätern wurde zu einer Wohnung im zehnten Stock eines Hochhauses in Ratingen gerufen. Der Anlass: eine „hilflose Person“, ein überquellender Briefkasten, Verwesungsgeruch.
Was als Routineeinsatz begann, verwandelte sich in eine Katastrophe. Als die Einsatzkräfte die Wohnungstür öffneten, schleuderte ihnen ein Mann brennendes Benzin entgegen. Ein Feuerball erfasste die Helfer im engen Hausflur. Die Schutzkleidung schmolz, Haare und Haut standen in Flammen.
Gegenseitige Hilfe im Angesicht des Todes
Trotz eigener lebensgefährlicher Verletzungen handelten die Frauen und Männer instinktiv. Sie versuchten, die Flammen an den Körpern ihrer Kollegen mit Jacken und dem wenigen Wasser, das Nachbarn von Balkonen reichten, zu ersticken. Der Notarzt dosierte Medikamente, obwohl er selbst schwerste Verbrennungen erlitten hatte. Einige alarmierten mit letzter Kraft Verstärkung, während ihre Finger bereits verbrannt waren.
Viele der Beteiligten lagen wochen- oder monatelang im Koma. Die physischen und psychischen Wunden sind bis heute nicht verheilt. Einige können ihren Dienst noch immer nicht wieder aufnehmen. Ihre Aussagen vor Gericht gaben einen erschütternden Einblick in die Todesangst und die Schmerzen, die sie durchlebt haben.
Hintergrund: Der Anschlag von Ratingen
Am 11. Mai 2023 wurden zehn Einsatzkräfte bei einem gezielten Anschlag in einem Hochhaus in Ratingen schwer verletzt. Der Täter, ein 57-jähriger Mann, hatte sich in seiner Wohnung verschanzt, in der auch die Leiche seiner Mutter lag. Er wurde nach stundenlanger Belagerung festgenommen und später vor Gericht gestellt.
Würdigung durch das Land NRW
Ministerpräsident Hendrik Wüst fand bei der Verleihung am Freitag, dem 7. November, im Schloss Horst in Gelsenkirchen ehrende Worte für den außergewöhnlichen Mut der Einsatzkräfte.
„Sie retteten sich gegenseitig. Sie haben unter Einsatz ihres eigenen Lebens andere Menschen aus lebensbedrohlichen Notlagen gerettet.“
Die Medaille erhielten die Feuerwehrleute Marcel Birg, Niklas Burzan, Ralf Engelhardt und Mark Holzer aus Ratingen sowie ihr Kollege Lukas Steinberg aus Velbert. Ebenfalls ausgezeichnet wurden Notarzt Christoph Doppstadt aus Troisdorf, Polizeioberkommissar Enver Güngör aus Düsseldorf und Rettungssanitäterin Nina Zimmermann aus Duisburg. Polizeioberkommissarin Hannah Falkenberg und ein weiterer Feuerwehrmann konnten die Ehrung nicht persönlich entgegennehmen.
Die Rettungsmedaille NRW
Die staatliche Anerkennung für Rettungstaten wird in Nordrhein-Westfalen seit 1951 verliehen. Sie ist ein Zeichen des Dankes und der Anerkennung für Menschen, die unter eigener Lebensgefahr andere gerettet haben. Seit ihrer Einführung wurden 1.420 Bürgerinnen und Bürger mit der Medaille ausgezeichnet.
Weitere Helden des Alltags geehrt
Neben den Kräften aus Ratingen wurden weitere Bürger für ihren selbstlosen Einsatz ausgezeichnet. Ihr Handeln zeigt, dass Zivilcourage und Hilfsbereitschaft in unserer Gesellschaft tief verankert sind.
Ein Zehnjähriger als Lebensretter
Der jüngste Geehrte war der erst zehnjährige Alberto Constantin aus Duisburg. Im Februar 2024 wurde er zusammen mit seiner neunjährigen Cousine Daria auf dem Schulweg von einem Mann mit einem Messer angegriffen. Alberto schützte das Mädchen mit seinem Schulranzen und wurde dabei selbst schwer verletzt. Für diesen unglaublichen Mut erhielt er die Rettungsmedaille.
Mutige Eingriffe in gefährlichen Situationen
Eine Liste weiterer bemerkenswerter Taten wurde ebenfalls gewürdigt:
- Alexander Rubin aus Sankt Augustin rettete ein Kleinkind aus einer brennenden Wohnung. Seine Helferin, Doreen Pintscher, erhielt eine öffentliche Belobigung.
- Stephan Schlippes aus Krefeld zögerte nicht und rettete zwei Menschen vor dem Ertrinken im Rhein.
- Die Polizeibeamten Chris Szargiej aus Wesel und Maximilian Zorle aus Dinslaken befreiten mehrere Personen aus einem brennenden Haus.
- Robert Scheib aus Langenfeld schlug zwei Angreifer in die Flucht, die einen jungen Mann brutal überfielen.
Die Verleihung der Rettungsmedaille ist mehr als nur eine formale Ehrung. Sie ist ein starkes Signal, das den unschätzbaren Wert von Mut, Selbstlosigkeit und dem Willen, für andere einzustehen, in den Mittelpunkt rückt – sei es im Dienst oder im Alltag.




