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Kölner Patin hilft Jugendlicher aus dem Heim beim Start ins Leben

Der Kölner Kreidekreis e.V. vermittelt Paten an Kinder in Heimen. Elke Ullrich begleitet seit 2021 eine junge Frau und zeigt, wie wichtig stabile Bezugspersonen sind.

Marie Schreiber
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Marie Schreiber

Marie Schreiber ist eine Journalistin mit Fokus auf Gesellschafts- und Gesundheitsthemen. Sie berichtet über soziale Initiativen, Präventionskampagnen und Entwicklungen im öffentlichen Gesundheitswesen in Köln und der Region.

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Kölner Patin hilft Jugendlicher aus dem Heim beim Start ins Leben

In Köln stehen viele Kinder und Jugendliche, die in Heimen aufwachsen, vor besonderen Herausforderungen. Der Verein „Kölner Kreidekreis“ vermittelt ehrenamtliche Paten, die als stabile Bezugspersonen fungieren. Elke Ullrich ist eine dieser Patinnen und begleitet seit über drei Jahren eine junge Frau auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit.

Wichtige Erkenntnisse

  • Der Verein „Kölner Kreidekreis“ vermittelt seit 2006 Patenschaften für Kinder und Jugendliche in Heimen.
  • Elke Ullrich engagiert sich seit 2020 ehrenamtlich als Patin und unterstützt eine heute 18-jährige junge Frau.
  • Statistiken zeigen, dass Kinder in Heimen oft schlechtere Bildungschancen haben, was die Bedeutung solcher Patenschaften unterstreicht.
  • Die Beziehung basiert auf Vertrauen, Beständigkeit und gemeinsamen Alltagsaktivitäten.

Die Herausforderung für Kinder in Betreuung

Kinder und Jugendliche, die nicht bei ihren Familien leben können, stehen oft vor großen Hürden. Studien belegen seit Jahren, dass ihre Bildungslaufbahnen häufiger von Schwierigkeiten geprägt sind. Sie verlassen die Schule öfter ohne Abschluss und erreichen seltener das Abitur als ihre Altersgenossen.

Ein wesentlicher Grund dafür ist das Fehlen von stabilen Bezugspersonen. Im Alltag von Heimen wechseln Betreuer, Lehrer und Mitschüler regelmäßig. Diese fehlende Konstanz erschwert den Aufbau von tiefem Vertrauen und einem Gefühl der Sicherheit, das für eine gesunde Entwicklung entscheidend ist.

Bildungsungleichheit in Zahlen

Laut verschiedenen sozialwissenschaftlichen Erhebungen ist die Wahrscheinlichkeit, die Schule ohne Abschluss zu verlassen, für Jugendliche aus stationären Einrichtungen deutlich erhöht. Gleichzeitig ist der Anteil derjenigen, die eine Hochschulzugangsberechtigung erlangen, signifikant geringer. Diese Bildungsbenachteiligung kann weitreichende Folgen für den späteren Lebensweg haben.

Ein persönliches Engagement mit großer Wirkung

Genau an diesem Punkt setzt die Arbeit des Vereins „Kölner Kreidekreis“ an. Unter dem Leitsatz „Kein Kind allein“ schafft der Verein seit 2006 Verbindungen zwischen Ehrenamtlichen und jungen Menschen in Kölner Heimen. Elke Ullrich, eine 51-jährige promovierte Chemikerin, ist eine dieser engagierten Personen.

Im Jahr 2020 entschied sie sich, eine Patenschaft zu übernehmen. Eine Freundin hatte sie auf das Konzept aufmerksam gemacht. Nach einem gründlichen Vorbereitungsprozess beim Verein lernte sie im April 2021 ihr Patenkind Jenny kennen, die damals 14 Jahre alt war.

„Ich bin überzeugt davon, dass jedes Kind – egal wo auf der Welt – die Chance auf ein normales und glückliches Leben verdient. Als Kind kann man nicht beeinflussen, in welche Verhältnisse man hineingeboren wird.“

Wer ist Elke Ullrich?

Elke Ullrich arbeitet als Projektleiterin bei einem Tochterunternehmen von Lanxess. Nach ihrem Chemiestudium und einer Promotion sammelte sie berufliche Erfahrungen im Ausland, unter anderem in den USA und den Niederlanden, bevor sie 2006 nach Köln zurückkehrte. Ihr Antrieb für das Ehrenamt ist tief in ihrem Gerechtigkeitsempfinden verwurzelt.

Der Kölner Kreidekreis e.V.

Der Verein wurde 2006 gegründet, um Kindern und Jugendlichen in stationären Einrichtungen eine konstante Bezugsperson zur Seite zu stellen. Die Paten bieten Zeit, Aufmerksamkeit und ein offenes Ohr. Für sein langjähriges und erfolgreiches Engagement wurde der Verein dieses Jahr mit dem Ehrenamtspreis „Köln Engagiert“ ausgezeichnet.

Der Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung

Der Beginn der Patenschaft fiel in die Zeit der Corona-Pandemie, was die Möglichkeiten für Unternehmungen einschränkte. „Weil wegen der Pandemie nicht viel möglich war, sind wir viel spazieren gegangen und Fahrrad gefahren“, erklärt Ullrich. Diese einfachen Aktivitäten erwiesen sich als vorteilhaft: „So sind wir immerhin schnell ins Gespräch gekommen.“

Seitdem treffen sich die beiden etwa alle zwei Wochen. Ihre gemeinsamen Aktivitäten sind bewusst normal und alltagsnah gehalten, um eine unbeschwerte Beziehung zu fördern.

  • Gemeinsame Kinobesuche
  • Ausflüge zum Minigolfspielen
  • Einfache Spaziergänge und Gespräche
  • Unterstützung bei praktischen Fragen des Alltags

Die wichtigste Rolle für Elke Ullrich ist jedoch die der beständigen Begleiterin. „Dadurch, dass Betreuer und Lehrkräfte immer wieder wechseln, haben Heimkinder kaum Konstanten in ihrem Umfeld“, sagt sie. „Eine solche Konstante bin im besten Falle ich. Jemand, auf die Jenny sich verlassen kann.“

Ein Gewinn für beide Seiten

Inzwischen ist Jenny 18 Jahre alt geworden und hat erfolgreich ihr Abitur bestanden. Sie steht nun an einem entscheidenden Punkt in ihrem Leben: der Planung ihrer beruflichen und persönlichen Zukunft. „Das ist also gerade eine sehr spannende Phase“, so Ullrich. „Da zahlt es sich schon aus, dass wir in den vergangenen Jahren ein Vertrauensverhältnis aufgebaut haben und Jenny weiß, dass sie sich auf mich verlassen kann.“

Doch die Patenschaft ist keine Einbahnstraße. Elke Ullrich betont, wie sehr auch sie von der Beziehung profitiert. „Auch ich lerne immer wieder Neues im Umgang mit ihr“, erzählt sie. „Jenny ist beispielsweise sehr politisch. Die Gespräche über ihre Ansichten empfinde ich als sehr bereichernd und spannend.“

Blick auf die Stadt

Auf die Frage, was sie als Oberbürgermeisterin von Köln als Erstes ändern würde, gibt Ullrich die Antwort an Jenny weiter. „Sie würde mehr Fahrradwege bauen beziehungsweise die alten ausbessern. Und mehr Mülleimer aufstellen.“ Diese konkreten Wünsche zeigen ein starkes Bewusstsein für die unmittelbare Lebensqualität in der Stadt.

Elke Ullrichs persönliches Lebensmotto fasst die Grundlage ihres Handelns zusammen: „Behandele andere Menschen so, wie du auch selbst behandelt werden möchtest.“ Diese einfache Regel, so findet sie, enthält alles, was für ein funktionierendes menschliches Miteinander notwendig ist.