Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat die von der Stadt Köln verordnete Sperrstunde für die Außengastronomie am Brüsseler Platz gekippt. In einem unanfechtbaren Eilbeschluss entschieden die Richter in Münster, dass die Betriebe nicht bereits um 22 Uhr schließen müssen. Die Stadt reagierte umgehend und setzt die Regelung für alle Gastronomen vor Ort aus, die nun wieder bis 23:30 Uhr geöffnet haben dürfen.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW hat die 22-Uhr-Sperrstunde für die Außengastronomie am Brüsseler Platz für unzulässig erklärt.
- Die Betriebe dürfen ab sofort wieder bis 23:30 Uhr ihre Außenbereiche bewirtschaften.
- Als Begründung nannte das Gericht, dass der Lärm nicht eindeutig der Gastronomie zugeordnet werden könne.
- Die Stadt Köln setzt die Sperrstunden-Auflage für alle Betriebe aus und lockert auch das Alkoholverbot auf den Terrassen.
OVG-Beschluss: Lärm nicht der Gastronomie zuzuordnen
Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ist ein bedeutender Erfolg für die Gastronomen am belebten Brüsseler Platz. Geklagt hatte das bekannte Café Hallmackenreuther, vertreten durch den Anwalt Lars Christoph. Das Gericht folgte der Argumentation, dass die Lärmbelästigung für Anwohner nicht direkt auf den Betrieb der Außenterrassen zurückzuführen sei.
In der Urteilsbegründung heißt es, dass die bei Lärmmessungen im Dezember 2024 festgestellten Grenzwertüberschreitungen auch von anderen Personengruppen auf dem Platz stammen könnten. Es fehle an konkreten Beweisen, wie etwa auf einzelne Betriebe bezogene Lärmbeschwerden, die eine solch einschneidende Maßnahme rechtfertigen würden.
Ein unanfechtbarer Beschluss
Der Beschluss des OVG ist in diesem Eilverfahren in letzter Instanz gefallen und kann nicht angefochten werden. Er hebt eine anderslautende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln vom Juli dieses Jahres auf, das die 22-Uhr-Sperrstunde zunächst bestätigt hatte.
Rechtsanwalt Lars Christoph kommentierte das Urteil als eine „sehr erfreuliche Entscheidung“. Er kritisierte das Vorgehen der Stadt als „sehr holzschnittartig“ und sieht in dem Urteil eine Bestätigung, dass pauschale Einschränkungen für die Gastronomie nicht der richtige Weg seien.
Stadt Köln passt Regelungen umgehend an
Obwohl sich die Klage des Hallmackenreuther formell nur auf diesen einen Betrieb bezog, hat die Stadt Köln Konsequenzen für den gesamten Platz gezogen. In einer Mitteilung vom Freitagnachmittag erklärte die Verwaltung, den Vollzug der Sperrstunden-Auflage für alle erteilten Sondernutzungserlaubnisse temporär auszusetzen.
Das bedeutet konkret: Alle Cafés, Bars und Restaurants am Brüsseler Platz dürfen ihre Außenbereiche ab sofort wieder bis 23:30 Uhr geöffnet halten. Dies stellt eine Rückkehr zu den Regelungen dar, die vor der umstrittenen Verschärfung im Februar galten.
Lockerung des Alkoholverbots
Die Stadtverwaltung musste auch eine weitere Regelung anpassen. Seit dem 15. Mai gilt auf dem gesamten Platz ab 22 Uhr ein Alkoholkonsumverbot. Das hätte zu der kuriosen Situation geführt, dass Gastronomen nach 22 Uhr zwar wieder hätten öffnen, aber keinen Alkohol hätten ausschenken dürfen.
Um dies zu vermeiden, gab die Stadt bekannt, dass das Alkoholverbot auf den „für die Außengastronomie konzessionierten Flächen“ nicht mehr durchgesetzt wird. Gäste dürfen also auf den Terrassen der Lokale auch nach 22 Uhr weiterhin alkoholische Getränke konsumieren.
Zahlen zum Brüsseler Platz
Die Außengastronomie rund um die Kirche Sankt Michael bietet zusammengenommen rund 700 Sitzplätze. Die Sperrstunden-Regelung war eine der Maßnahmen, mit denen die Stadt versuchte, den Lärmkonflikt mit den Anwohnern zu lösen.
Ein langwieriger Konflikt um die Nachtruhe
Der Streit um Lärm und Menschenansammlungen am Brüsseler Platz beschäftigt Anwohner, Gastronomen und die Stadtverwaltung seit Jahren. Die Stadt steht unter Druck, für die gesetzlich vorgeschriebene Nachtruhe zu sorgen, nachdem das Oberverwaltungsgericht sie bereits 2023 dazu verpflichtet hatte.
Die 22-Uhr-Sperrstunde und das Alkoholverbot waren die jüngsten Versuche, die Situation in den Griff zu bekommen. Zuvor war die Stadt bereits mit einem sogenannten „Verweilverbot“ gescheitert. Auch dieses wurde nach einer Klage von Anwohnern gerichtlich gekippt, woraufhin die Stadt die Maßnahme für alle zurücknehmen musste.
„Für uns steht nach wie vor fest, die Außengastronomie ist Teil der Lösung und nicht das Problem am Brüsseler Platz.“
Die Politik hatte die Maßnahme der Verwaltung ebenfalls kritisch gesehen. Bereits am 27. Mai hatte der Rat der Stadt die Verwaltung beauftragt zu prüfen, ob die Gastronomie nicht doch wieder länger öffnen könne. Die Grünen im Rat bekräftigten nach dem Urteil ihre Position, dass die Betriebe zur sozialen Kontrolle beitragen und nicht die Hauptverursacher des Lärms seien.
Ausblick für den Brüsseler Platz
Mit dem jüngsten Gerichtsurteil steht die Stadt Köln erneut vor der Herausforderung, eine rechtssichere und wirksame Lösung für den Konflikt am Brüsseler Platz zu finden. Die Entscheidung des OVG macht deutlich, dass pauschale Maßnahmen, die nicht klar zwischen den Lärmquellen unterscheiden, juristisch schwer durchzusetzen sind.
Die Gastronomen können nun vorerst aufatmen und die verlängerten Öffnungszeiten nutzen. Für die Anwohner bleibt die Frage, wie die Stadt künftig ihre Nachtruhe gewährleisten will. Die Debatte um die richtige Balance zwischen urbanem Leben und dem Ruhebedürfnis der Anwohner im Belgischen Viertel wird damit in die nächste Runde gehen.




