Kurz vor der Parlamentswahl in den Niederlanden hat der Rechtspopulist Geert Wilders in einer Fernsehdebatte für einen Eklat gesorgt. Sein Vorschlag, die Entwicklungshilfe zu streichen, um die Lebensmittelpreise im eigenen Land zu senken, löste heftige Reaktionen aus.
Die Äußerung fiel am Montagabend während der großen EenVandaag-Wahldebatte in der Ahoy-Arena in Rotterdam, nur zwei Tage vor der landesweiten Abstimmung am 29. Oktober.
Das Wichtigste in Kürze
- Geert Wilders schlug vor, die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel auf null zu senken.
- Finanziert werden solle dies durch die vollständige Streichung der Entwicklungshilfe.
- Seine Aussage „Dann sind sie in Afrika vielleicht etwas hungriger, aber hier nicht“ löste Empörung aus.
- Der Vorfall ereignete sich in einer live übertragenen TV-Debatte kurz vor der niederländischen Parlamentswahl.
Streitpunkt Lebenshaltungskosten
Die Debatte, die vom öffentlich-rechtlichen Sender AvroTros ausgestrahlt wurde, brachte die Spitzenkandidaten der wichtigsten Parteien zusammen. Die Moderatorin Suzanne Bosman konfrontierte den Vorsitzenden der Partei für die Freiheit (PVV), Geert Wilders, mit der Frage, wie er Menschen mit geringem Einkommen entlasten wolle, sollte er Teil der nächsten Regierung werden.
Wilders Antwort war direkt und radikal. Er schlug vor, die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel von derzeit 9 Prozent auf null Prozent zu senken. Auf die Frage nach der Gegenfinanzierung einer solchen Maßnahme erklärte er, die notwendigen Mittel durch die komplette Abschaffung der niederländischen Entwicklungshilfe aufbringen zu wollen.
Ein Satz sorgt für Empörung
Um seinen Standpunkt zu untermauern, fügte Wilders eine Bemerkung hinzu, die für hörbares Raunen im Publikum sorgte und sich schnell in den sozialen Medien verbreitete.
„Dann sind sie in Afrika vielleicht etwas hungriger, aber hier nicht.“
Diese Aussage, begleitet von einem leichten Lächeln, wurde von vielen Beobachtern als zynisch und provokant empfunden. Wilders argumentierte, dass viele Niederländer Schwierigkeiten hätten, ihre Einkäufe zu bezahlen, und dass die Priorität bei der eigenen Bevölkerung liegen müsse.
Hintergrund: Die Parlamentswahl in den Niederlanden
Am Mittwoch, den 29. Oktober, sind die Bürger der Niederlande aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen. Die Wahl wurde notwendig, nachdem die letzte Regierungskoalition im Sommer an einem Streit über die Asylpolitik zerbrochen war. Geert Wilders und seine PVV hatten die Verhandlungen zum Scheitern gebracht und damit Neuwahlen ausgelöst. Der Wahlkampf ist von Themen wie Migration, Wohnungsnot und steigenden Lebenshaltungskosten geprägt.
Ein Wahlkampf der Provokationen
Der Vorfall in der TV-Debatte ist nicht der erste Moment, in dem Geert Wilders und seine Partei im aktuellen Wahlkampf für Schlagzeilen sorgen. Die PVV ist bekannt für ihre harte Haltung in der Migrations- und Asylpolitik sowie für ihre EU-Skepsis. Die Partei setzt auf eine konfrontative Kommunikationsstrategie, um ihre Kernwählerschaft zu mobilisieren.
Erst kürzlich gerieten zwei Abgeordnete der PVV in die Kritik, weil sie auf Facebook mittels Künstlicher Intelligenz (KI) erstellte, verfremdete Bilder des politischen Konkurrenten Frans Timmermans (GroenLinks-PvdA) verbreitet hatten. Diese Taktiken verschärfen den politischen Ton und stellen die Grenzen des Sagbaren immer wieder auf die Probe.
Teilnehmer der TV-Debatte
An der wichtigen Wahldebatte in Rotterdam nahmen neben Geert Wilders weitere führende Politiker teil, die um die Gunst der Wähler werben:
- Dilan Yeşilgöz (VVD)
- Frans Timmermans (GroenLinks-PvdA)
- Rob Jetten (D66)
- Henri Bontenbal (CDA)
- Joost Eerdmans (JA21)
Reaktionen und politische Einordnung
Die Reaktionen auf Wilders' Aussage ließen nicht lange auf sich warten. Während seine Anhänger die Fokussierung auf die Nöte der eigenen Bevölkerung lobten, kritisierten politische Gegner und Kommentatoren die Aussage als populistisch und menschenverachtend. Sie werfen ihm vor, bewusst komplexe globale Zusammenhänge zu ignorieren und verschiedene benachteiligte Gruppen gegeneinander auszuspielen.
Der Vorschlag, die Entwicklungshilfe komplett zu streichen, ist eine langjährige Forderung der PVV. Kritiker weisen darauf hin, dass solche Hilfen nicht nur aus humanitären Gründen geleistet werden, sondern auch im strategischen Interesse der Niederlande liegen. Sie tragen zur Stabilisierung von Krisenregionen bei und können Fluchtursachen bekämpfen – ein Thema, das Wilders selbst immer wieder in den Mittelpunkt stellt.
Der Eklat in der Debatte könnte den Wahlkampf auf den letzten Metern noch einmal beeinflussen. Während einige Wähler von der radikalen Rhetorik abgeschreckt werden könnten, dürfte sie die Basis von Wilders weiter festigen. Die Wahllokale in den Niederlanden sind am Wahltag landesweit bis 21 Uhr geöffnet. Das Ergebnis wird mit Spannung erwartet und könnte die politische Landschaft des Nachbarlandes nachhaltig verändern.




