Köln hat eine seiner prägendsten Persönlichkeiten mit der Benennung eines Platzes geehrt. Am Rudolfplatz trägt nun ein Areal offiziell den Namen von Marie-Luise Nikuta, der 2020 verstorbenen Ikone des Kölner Karnevals und engagierten Fürsprecherin für Toleranz und die queere Gemeinschaft.
Die Einweihung des Marie-Luise-Nikuta-Platzes würdigt ihr lebenslanges Engagement für eine offene und vielfältige Stadtgesellschaft, das weit über ihre musikalischen Beiträge zum Karneval hinausging.
Wichtige Fakten
- Ein Platz am Kölner Rudolfplatz wurde offiziell nach der Karnevals- und Queer-Ikone Marie-Luise Nikuta benannt.
- Der Standort verbindet symbolisch den Karneval, die queere Community und einen ihrer bekanntesten Songs.
- Redner würdigten Nikuta als mutige Vorreiterin für Toleranz, Vielfalt und Frauen im Kölner Karneval.
- Zukünftige Pläne umfassen die weitere Gestaltung des Platzes, unter anderem mit einem Denkmal.
Ein Ort mit starker Symbolkraft
Die Wahl des Standortes für den neuen Platz ist kein Zufall. Er befindet sich direkt am Rudolfplatz, zwischen den Haltestellen der KVB-Linien 1 und 7. Diese Lage stellt eine direkte Verbindung zu einem von Nikutas bekanntesten Liedern her, ihrem „Straßenbahn-Song“.
Die unmittelbare Umgebung des Platzes unterstreicht die verschiedenen Facetten ihres Wirkens. Auf der einen Seite liegt die Hahnentorburg, der Sitz der EhrenGarde der Stadt Köln. Dies symbolisiert ihre tiefe Verwurzelung im Kölner Karneval, für den sie mehr als 40 Mottolieder komponierte.
Auf der gegenüberliegenden Seite beginnt die Schaafenstraße, das Zentrum der Kölner queeren Community. Hier genoss Nikuta aufgrund ihrer offenen und unterstützenden Haltung große Sympathien und hatte eine treue Fangemeinde.
Pionierin für Toleranz und Gleichberechtigung
Marie-Luise Nikutas Engagement für die Rechte von Homosexuellen begann zu einer Zeit, als dies noch mit erheblichen gesellschaftlichen und rechtlichen Risiken verbunden war. Sie trat bereits bei Veranstaltungen von Schwulen und Lesben auf, als homosexuelle Handlungen durch den Paragrafen 175 noch unter Strafe standen.
Ihre Lieder waren oft mehr als nur Karnevalsschlager. Viele ihrer Texte transportierten eine klare Botschaft der Akzeptanz und des friedlichen Miteinanders. Eines ihrer bekanntesten Lieder, „Levve Un Levve Losse“ (Leben und leben lassen), wurde zu ihrem Lebensmotto und zu einem Leitspruch für viele Kölner.
Hintergrund: Paragraf 175
Der Paragraf 175 des deutschen Strafgesetzbuches stellte sexuelle Handlungen zwischen Männern unter Strafe. Er existierte in verschiedenen Formen von 1872 bis zu seiner endgültigen Aufhebung im Jahr 1994. Nikutas öffentliches Eintreten für die Community in den Hochzeiten der Kriminalisierung war ein mutiger Akt der Solidarität.
Stimme für die, die nicht dazugehörten
Bettina Montazem, Gründerin des Urania-Theaters, beschrieb in ihrer Laudatio die Bedeutung des neuen Platzes. Er sei ein „Symbol für ein Miteinander, in dem keiner das Gefühl haben muss, nicht dazuzugehören.“
Sie zeichnete das Bild einer Künstlerin, die sich im damals stark von Männern dominierten Karneval behaupten musste. „Sie war nicht angepasst, nicht leise, sondern frech, laut und verrückt“, so Montazem über die 1938 in Nippes geborene Sängerin. „Sie hatte ein Herz für alle, die nicht dazugehörten.“
Würdigung durch Karneval und Familie
Auch offizielle Vertreter des Kölner Karnevals betonten die besondere Rolle Nikutas. Christoph Kuckelkorn, Präsident des Festkomitees Kölner Karneval, hob die einzigartige Atmosphäre des Ortes hervor. „Hier weht der Wind ein bisschen kölscher und hier spürt man ein Bekenntnis zur Vielfalt in unserer Gesellschaft“, sagte er.
„Sie war eine Frau, die immer das gesagt hat, was sie dachte: manchmal laut, manchmal leise, aber immer echt. Sie hat den Klang, den Witz und die Seele der Stadt einfach in sich getragen.“ – Christoph Kuckelkorn, Präsident des Festkomitees
Für die Familie ist die Benennung des Platzes eine besondere Ehre. Ihre Tochter, Andrea Nikuta-Meerloo, erklärte: „Für uns als Familie bedeutet dieser Platz unglaublich viel.“ Sie beschrieb ihre Mutter als eine Frau mit Haltung, die ihrer Zeit oft voraus war.
Marie-Luise Nikuta in Zahlen
- Geboren: 1938 in Köln-Nippes
- Verstorben: 2020 an Veilchendienstag
- Mottolieder: Mehr als 40 für den Kölner Karneval
Ein Platz, der weiter wachsen soll
Mit der feierlichen Einweihung ist die Gestaltung des Ortes noch nicht abgeschlossen. Der Verein „Levve un levve losse“, der sich für die Ehrung starkgemacht hat, plant weitere Schritte. „Wir möchten den Platz nicht nur mit Leben füllen, sondern auch weiter verschönern“, betonte der Vereinspräsident André Schulze Isfort.
Aktuell informieren kleine Stelen über das Leben und Wirken von Marie-Luise Nikuta. Über QR-Codes können Besucher weiterführende Informationen digital abrufen. Laut Schulze Isfort ist dies jedoch „nur der Anfang“.
Langfristig verfolgt der Verein das Ziel, ein Denkmal für die Künstlerin zu errichten. Damit soll ihr Andenken dauerhaft im Kölner Stadtbild verankert und ihr Beitrag für die Stadtgesellschaft sichtbar gemacht werden.




