Das Landgericht Köln hat entschieden, dass das berühmte Kunstwerk „Der Goldene Vogel“, besser bekannt als das „Flügelauto“, vom Turm des historischen Zeughauses entfernt werden darf. Die Entscheidung vom 19. September 2025 weist einen Eilantrag des Künstlers HA Schult zurück und gibt der Stadt Köln grünes Licht, das Wahrzeichen aus statischen Gründen abzubauen.
Die Stadtverwaltung argumentiert, dass die Tragfähigkeit des 23 Meter hohen Turms gefährdet sei. Das Gericht folgte der Auffassung, dass das Urheberrecht zwar das Kunstwerk selbst schützt, aber keinen Anspruch auf einen dauerhaften Verbleib am spezifischen Aufstellungsort begründet.
Das Wichtigste in Kürze
- Gerichtsentscheidung: Das Landgericht Köln hat den Eilantrag des Künstlers HA Schult gegen die Entfernung seines Werks abgewiesen.
- Begründung des Gerichts: Das Urheberrecht schützt das Kunstwerk an sich, nicht aber seinen permanenten Standort.
- Grund für die Entfernung: Die Stadt Köln begründet den geplanten Abbau mit Bedenken hinsichtlich der Statik des Zeughausturms.
- Hintergrund: Das Kunstwerk „Der Goldene Vogel“ thront seit 1991 auf dem Turm des Kölnischen Stadtmuseums.
Juristischer Streit um ein Kölner Wahrzeichen
Ein jahrelanger Streit um eines der bekanntesten modernen Kunstwerke Kölns hat einen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Der Aktionskünstler HA Schult hatte versucht, den Abbau seines „Flügelautos“ mit rechtlichen Mitteln zu verhindern. Er argumentierte, dass das Werk untrennbar mit seinem Standort auf dem Zeughausturm verbunden sei und eine Entfernung einer Zerstörung des Gesamtkunstwerks gleichkäme.
Das Landgericht Köln sah dies jedoch anders. In der Urteilsbegründung wurde klargestellt, dass der Schutz des geistigen Eigentums sich auf die physische Integrität des Objekts bezieht. Ein Recht auf einen ewigen Verbleib an einem bestimmten Ort im öffentlichen Raum lasse sich daraus nicht ableiten. Die Stadt als Eigentümerin des Gebäudes habe das Recht, über dessen Nutzung und Sicherheit zu entscheiden.
Urheberrecht versus Eigentumsrecht
Der Fall wirft eine grundlegende Frage im Kunstrecht auf: Wo endet der Schutz des künstlerischen Werks und wo beginnt das Verfügungsrecht des Eigentümers des Standorts? Juristen sehen in der Kölner Entscheidung eine Bestätigung der gängigen Rechtsprechung.
„Das Urheberrecht schützt das Werk, aber nicht dessen Aufstellungsort. Die Interessen des Gebäudeeigentümers, insbesondere wenn es um die öffentliche Sicherheit geht, haben hier Vorrang“, so eine Einschätzung aus juristischen Kreisen.
Für den Künstler HA Schult ist die Entscheidung eine Enttäuschung. Er hatte stets betont, dass der Kontrast zwischen dem modernen, flügelgeschmückten Auto und dem historischen Wehrturm ein zentraler Bestandteil der künstlerischen Aussage sei.
Die Geschichte des Goldenen Vogels
Das Kunstwerk mit dem offiziellen Titel „Der Goldene Vogel“ hat eine bewegte Geschichte. Es entstand im Jahr 1989 als Teil einer größeren Kunstaktion von HA Schult, die sich kritisch mit dem Konsum und der Bedeutung des Automobils in der Gesellschaft auseinandersetzte.
Wer ist HA Schult?
HA Schult, geboren 1939, ist einer der bekanntesten deutschen Aktionskünstler. Seine Arbeiten thematisieren oft kritisch die Konsumgesellschaft, Umweltzerstörung und den globalen Müll. Weltweite Bekanntheit erlangte er vor allem durch seine „Trash People“, eine Armee aus Müllfiguren, die er an ikonischen Orten wie der Chinesischen Mauer, den Pyramiden von Gizeh und dem Roten Platz in Moskau ausstellte.
Bei dem „Flügelauto“ handelt es sich um einen Ford Fiesta, der vergoldet und mit großen, flügelartigen Anbauten versehen wurde. Seit 1991 ist die Skulptur auf dem Treppenturm des Zeughauses, das das Kölnische Stadtmuseum beheimatet, installiert. Aus einer Höhe von 23 Metern blickt es auf die Kölner Innenstadt und wurde schnell zu einem beliebten Fotomotiv und einem inoffiziellen Wahrzeichen der Stadt.
Zahlen und Fakten zum Flügelauto
- Offizieller Titel: Der Goldene Vogel
- Künstler: HA Schult
- Entstehungsjahr: 1989
- Installation auf dem Turm: 1991
- Fahrzeugmodell: Ford Fiesta
- Höhe des Turms: 23 Meter
Statische Bedenken und die Zukunft des Zeughauses
Die Debatte um die Entfernung des Kunstwerks ist eng mit dem Zustand des Zeughauses selbst verknüpft. Das historische Gebäude, dessen Ursprünge bis ins 16. Jahrhundert zurückreichen, ist seit Jahren sanierungsbedürftig. Die Stadtverwaltung argumentiert, dass die Last des Autos die marode Bausubstanz des Turms zusätzlich belaste und eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstelle.
Ein von der Stadt in Auftrag gegebenes Gutachten soll die Bedenken untermauert haben. Demnach sei die Tragfähigkeit des Turms nicht mehr uneingeschränkt gewährleistet. Die Entfernung des „Goldenen Vogels“ wird als notwendiger erster Schritt für eine umfassende Sanierung des gesamten Gebäudekomplexes gesehen.
Was passiert nach dem Abbau?
Die Zukunft des Kunstwerks ist derzeit noch unklar. Die Stadt Köln hat zugesichert, das Werk fachgerecht demontieren und einlagern zu lassen. Ob und wo es zukünftig wieder aufgestellt wird, ist Gegenstand von Diskussionen.
Mögliche Szenarien, die in der Öffentlichkeit diskutiert werden, umfassen:
- Neuer Standort: Die Suche nach einem alternativen, prominenten Ort in Köln, der statisch unbedenklich ist.
- Integration in den Museumsneubau: Eine mögliche Einbeziehung in die zukünftige Gestaltung des Kölnischen Stadtmuseums.
- Rückgabe an den Künstler: Die Übergabe des Werks zurück in die Obhut von HA Schult.
Vonseiten der Stadtverwaltung heißt es, man sei bestrebt, in Abstimmung mit dem Künstler eine für alle Seiten zufriedenstellende Lösung zu finden, um das Kunstwerk für die Öffentlichkeit zu erhalten.
Ein Symbol für Köln im Wandel
Für viele Kölnerinnen und Kölner ist das „Flügelauto“ mehr als nur ein Kunstwerk. Es symbolisiert den oft spannungsreichen Dialog zwischen historischer Bausubstanz und moderner Kunst, der das Stadtbild an vielen Stellen prägt. Seit über 30 Jahren gehört die Skulptur zum festen Inventar der Stadtsilhouette und hat Generationen von Besuchern und Einheimischen begleitet.
Die öffentliche Reaktion auf die Gerichtsentscheidung ist gemischt. Während einige Bürger die Sicherheitsbedenken der Stadt nachvollziehen können, befürchten andere den Verlust eines liebgewonnenen Symbols. In den sozialen Medien äußern viele die Hoffnung, dass der „Goldene Vogel“ bald einen neuen Platz finden wird, von dem aus er wieder über die Stadt wachen kann.
Die bevorstehende Demontage markiert somit nicht nur das Ende einer Ära für das Zeughaus, sondern stößt auch eine wichtige Debatte über den Umgang mit Kunst im öffentlichen Raum und die Erhaltung des kulturellen Erbes in einer sich ständig wandelnden Metropole an.




