In Köln und weiten Teilen Nordrhein-Westfalens breitet sich die Gottesanbeterin in einem unerwarteten Tempo aus. Die Zahl der gemeldeten Sichtungen ist innerhalb kurzer Zeit drastisch gestiegen, was selbst Experten überrascht. Die wärmeliebenden Insekten tauchen dabei zunehmend in städtischen Gebieten und an ungewöhnlichen Orten wie in öffentlichen Verkehrsmitteln auf.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Zahl der Sichtungen von Gottesanbeterinnen in der Region stieg laut NABU Bonn von 52 im Jahr 2023 auf 234 im Jahr 2025 an, was einem Anstieg von 350 Prozent entspricht.
- Die Insekten besiedeln neue Gebiete, darunter das gesamte Rheintal bis Düsseldorf, das Siegtal und das Bergische Land.
- Gottesanbeterinnen werden häufig in unmittelbarer Nähe von Menschen gesichtet, etwa in Gärten, an Häusern und sogar in der Kölner U-Bahn.
- Die Tiere stehen unter besonderem Schutz und dürfen nicht gefangen werden. Sie sind für Menschen ungefährlich.
Ein Anstieg, der Experten überrascht
Die Ausbreitung der Europäischen Gottesanbeterin (Mantis religiosa) in Nordrhein-Westfalen hat eine Dynamik erreicht, die vor wenigen Jahren noch undenkbar schien. Erst im Jahr 2023 galt der Fund der ersten Larven bei Königswinter als eine wissenschaftliche Sensation. Experten hatten zwar erwartet, dass die Art im Zuge des Klimawandels weiter nach Norden vordringen würde, doch die Geschwindigkeit der Besiedlung übertrifft alle Prognosen.
Ein Meldeaufruf des NABU Bonn liefert beeindruckende Zahlen. „Das Bild im Jahr 2025 ist völlig anders“, stellen die Fachleute fest. Die Daten zeigen einen exponentiellen Anstieg der Meldungen.
Zahlen im Überblick
Während im Jahr 2023 noch 52 Gottesanbeterinnen gemeldet wurden, stieg diese Zahl bis 2025 auf 234 an. Das entspricht einer Zunahme von 350 Prozent in nur zwei Jahren. Diese Statistik verdeutlicht, wie schnell sich das Insekt in der Region etabliert hat.
Vom Rheintal bis ins Ruhrgebiet
Die geografische Ausbreitung des Insekts ist ebenso bemerkenswert wie der Anstieg der Sichtungen. Die Populationen konzentrieren sich vor allem auf die wärmeren Lagen der Region.
Laut den Experten vom NABU scheint „das gesamte Rheintal bis Düsseldorf dicht besiedelt zu sein“. Auch im Siegtal bis Hennef und am Eifelrand von Meckenheim bis Stolberg gibt es zahlreiche Nachweise. Die Gottesanbeterin hat sich somit fest im südlichen Teil von NRW etabliert.
Die Eroberung neuer Regionen
Die Expansion endet jedoch nicht an den traditionell warmen Standorten. Die Insekten dringen weiter in neue Gebiete vor. So gibt es vermehrt Meldungen vom Niederrhein und vereinzelte Sichtungen im Ruhrgebiet, die sich von Duisburg bis nach Hamm erstrecken. Auch topografisch anspruchsvollere Gebiete werden besiedelt. Während die höheren Lagen der Eifel noch weitgehend unbesiedelt sind, gibt es mittlerweile Nachweise aus dem Bergischen Land, unter anderem aus Städten wie Wuppertal, Hückeswagen, Lindlar und sogar Siegen.
Regionale Hotspots der Sichtungen
Die Auswertung der Meldungen zeigt klare regionale Schwerpunkte. Die meisten Beobachtungen stammen aus dem Rhein-Sieg-Kreis (52 Meldungen) und der Bundesstadt Bonn (45). Aber auch Köln (25), Düsseldorf (14) und der Rhein-Erft-Kreis (14) sind Gebiete mit einer hohen Dichte an Nachweisen.
Ungewöhnliche Begegnungen im städtischen Raum
Eine Besonderheit bei der Ausbreitung der Gottesanbeterin ist ihre Nähe zum Menschen. Die meisten Tiere werden nicht in abgelegenen Naturschutzgebieten, sondern in unmittelbarer menschlicher Umgebung gefunden. Sie halten sich bevorzugt in Gärten, an Hausfassaden oder sogar in Autos auf. Diese Nähe führt zu teils kuriosen Begegnungen im Alltag.
„Die wohl ungewöhnlichsten Meldungen sind aus der U-Bahn in Köln, wo der Hinweisgeber das Tier an seiner Jacke fand“, berichtet der NABU Bonn über einen besonders speziellen Fall.
Solche Vorfälle zeigen, dass die Tiere die städtische Infrastruktur für ihre Ausbreitung nutzen. Besonders oft werden sie an Bus- und Bahnhaltestellen gesichtet, von wo aus sie als „blinde Passagiere“ in neue Gebiete gelangen könnten.
Eine weitere skurrile Beobachtung wurde aus der Uniklinik Bonn gemeldet. Dort hatte es sich eine Gottesanbeterin auf einem Toilettensitz in der Damentoilette bequem gemacht. Eine humorvolle Randnotiz der Melder: Bei dem entdeckten Tier handelte es sich um ein Männchen.
Schutzstatus und richtige Verhaltensweisen
Wer eine Gottesanbeterin entdeckt, sollte das Tier in Ruhe lassen und aus der Distanz beobachten. Die faszinierenden Lauerjäger sind nach dem Bundesnaturschutzgesetz besonders geschützt. Es ist verboten, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten.
Merkmale und Gefährlichkeit
Die Insekten sind für den Menschen völlig harmlos. Sie besitzen weder einen Stachel noch giftige Beißwerkzeuge. Ihre Größe kann jedoch beeindruckend sein:
- Weibchen: Werden bis zu acht Zentimeter groß.
- Männchen: Sind mit bis zu sechs Zentimetern etwas kleiner und schmaler.
Ihre grüne oder braune Färbung dient als perfekte Tarnung in der Vegetation, wo sie auf andere Insekten lauern. Ihre Anwesenheit in einem Garten ist ein gutes Zeichen für ein funktionierendes Ökosystem. Der NABU bittet darum, weitere Sichtungen zu melden, um die Ausbreitung wissenschaftlich zu dokumentieren.




