In Nordrhein-Westfalen breitet sich die Vogelgrippe weiter aus. Nach bestätigten Fällen in zwei Geflügelbetrieben mussten bereits rund 30.000 Tiere getötet werden. Während lokale Behörden mit Maßnahmen wie Stallpflichten reagieren, wächst die Sorge bei Landwirten vor den wirtschaftlichen Folgen und einer weiteren Ausbreitung der Seuche.
Das Wichtigste in Kürze
- Rund 30.000 Nutztiere wurden in NRW wegen des H5N1-Virus bereits getötet.
 - Betroffen sind Betriebe in den Kreisen Paderborn und Kleve.
 - Behörden haben Sperrzonen eingerichtet; eine landesweite Stallpflicht gibt es bisher nicht.
 - Für Verbraucher besteht laut Experten keine Gefahr, Geflügelprodukte sind weiterhin sicher.
 - Die Preise für Martins- und Weihnachtsgänse sollen vorerst stabil bleiben.
 
Ausbrüche in zwei Kreisen bestätigt
Die Geflügelpest, umgangssprachlich als Vogelgrippe bekannt, hat Nordrhein-Westfalen erreicht. In einem Legehennenbetrieb im Kreis Paderborn mussten Ende September etwa 10.000 Tiere nach einem Ausbruch des hochpathogenen H5N1-Virus getötet werden. Kürzlich folgte ein weiterer Fall in einem Betrieb in Rees im Kreis Kleve, wo die Tötung von 19.000 Tieren angeordnet wurde.
Damit steigt die Gesamtzahl der betroffenen Nutztiere in der Region auf rund 30.000. Ein Sprecher des NRW-Landwirtschaftsministeriums bestätigte, dass alle notwendigen Maßnahmen ergriffen wurden, um eine weitere Verbreitung zu verhindern. Um die betroffenen Höfe wurden Schutz- und Überwachungszonen mit strengen Auflagen für alle Geflügelhalter eingerichtet.
Lokale Maßnahmen gegen die Ausbreitung
Als Reaktion auf die Ausbrüche und Funde von infizierten Wildvögeln haben einzelne Kreise bereits gehandelt. Im Kreis Wesel wurde eine Stallpflicht für Geflügel erlassen, um den Kontakt zu potenziell infizierten Wildvögeln zu unterbinden. NRW-Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen (CDU) hat sich bisher jedoch gegen eine flächendeckende Stallpflicht für das gesamte Bundesland ausgesprochen.
Auch bei Wildvögeln wurde das Virus nachgewiesen. Nach Angaben des Ministeriums gibt es derzeit ein halbes Dutzend gemeldete Fälle in verschiedenen Kommunen. Besonders betroffen seien in diesem Jahr Kraniche, die auf ihrem Zug in die Winterquartiere erkranken.
Geflügelpest und Vogelgrippe: Was ist der Unterschied?
Obwohl die Begriffe oft synonym verwendet werden, gibt es eine wissenschaftliche Unterscheidung. Als Geflügelpest bezeichnet das Friedrich-Löffler-Institut (FLI) eine besonders schwere, oft tödliche Erkrankung bei Hühnern und Puten, die durch Influenzaviren der Subtypen H5 und H7 verursacht wird. Der Begriff Vogelgrippe ist allgemeiner, meint aber meist Infektionen mit dem H5N1-Virus, das sich weltweit verbreitet hat.
Keine Gefahr für Verbraucher
Trotz der beunruhigenden Nachrichten geben Experten Entwarnung für den Verzehr von Geflügelfleisch und Eiern. Die Landwirtschaftskammer NRW versichert, dass Produkte im Handel ausschließlich aus amtlich kontrollierten und seuchenfreien Beständen stammen.
Vor jeder Schlachtung werden die Tiere von Veterinären untersucht. Kranke Tiere gelangen nicht in die Lebensmittelkette. „Verbraucherinnen und Verbraucher können sich darauf verlassen, dass Gänse, Hühner und anderes Geflügel im Handel sicher und unbedenklich sind“, erklärte eine Sprecherin der Landwirtschaftskammer.
Virus ist hitzeempfindlich
Das Landwirtschaftsministerium weist zusätzlich darauf hin, dass das Vogelgrippe-Virus hitzeempfindlich ist. Durchgegartes Fleisch und gekochte Eier sind daher grundsätzlich unbedenklich, da hohe Temperaturen eventuell vorhandene Viren zuverlässig abtöten.
Bleibt die Weihnachtsgans bezahlbar?
Viele fragen sich, ob die Ausbrüche die Preise für die traditionelle Martins- oder Weihnachtsgans in die Höhe treiben werden. Auch hier gibt die Landwirtschaftskammer vorerst Entwarnung. Da bisher keine Gänsehaltungen in NRW von der Geflügelpest betroffen sind, sei das Angebot nicht beeinträchtigt.
Zudem stammen nur etwa 20 Prozent der in Deutschland verkauften Gänse aus heimischer Zucht. Der Großteil wird aus dem Ausland importiert, was den Markt stabilisiert. Eine unmittelbare Preissteigerung wird daher nicht erwartet.
Umgang mit Wildvögeln in der Natur
Die Ausbreitung der Vogelgrippe hat auch Auswirkungen auf den Umgang mit Wildtieren. Experten raten zur Vorsicht, aber nicht zur Panik.
Was tun bei einem Fund?
Wer einen toten Wasser- oder Greifvogel findet, sollte diesen keinesfalls berühren oder selbst entfernen. Stattdessen ist umgehend das zuständige Veterinäramt des Kreises oder der kreisfreien Stadt zu informieren. Die Behörden kümmern sich um die fachgerechte Beseitigung und Untersuchung des Tieres.
Ist das Füttern von Vögeln noch sicher?
Laut dem Umweltverband BUND ist das Füttern von Singvögeln im Garten weiterhin unbedenklich, da diese als nicht gefährdet gelten. Es wird jedoch empfohlen, Futtersilos zu verwenden, um eine Verunreinigung des Futters durch Vogelkot zu vermeiden. Das Füttern von Wasservögeln wie Enten und Schwänen sollte unbedingt unterlassen werden. Es ist in vielen Kommunen ohnehin verboten und lockt viele Tiere an einem Ort an, was die Übertragung von Krankheiten begünstigt.
Unterstützung für betroffene Landwirte
Für die betroffenen Landwirte bedeuten die Ausbrüche einen schweren wirtschaftlichen Schlag. Wenn ein gesamter Bestand auf behördliche Anordnung getötet werden muss, erhalten die Halter eine finanzielle Entschädigung.
Diese Leistung wird von der Tierseuchenkasse NRW erbracht, wie ein Sprecher des Ministeriums erklärte. Die rechtliche Grundlage dafür bildet das Tiergesundheitsgesetz. Das Land Nordrhein-Westfalen beteiligt sich in der Regel an den anfallenden Kosten, um die Existenz der Betriebe zu sichern.




