In den Kindertagesstätten in Köln und der umliegenden Region arbeiten immer weniger voll ausgebildete pädagogische Fachkräfte. Eine aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass die Qualität der frühkindlichen Bildung stark vom Wohnort abhängt. In Köln weisen mehr als die Hälfte der Einrichtungen einen niedrigen Anteil an qualifiziertem Personal auf, was bei Experten und Gewerkschaften Besorgnis auslöst.
Das Wichtigste in Kürze
- In Köln haben 54 Prozent der Kitas einen geringen Anteil an pädagogischen Fachkräften (unter 70 Prozent).
- NRW-weit liegt der Durchschnitt der Fachkräftequote bei 74,1 Prozent, weniger als ein Drittel der Kitas erreicht einen hohen Standard.
- Die Gewerkschaft Verdi warnt vor einem "Teufelskreis" aus Überlastung, Personalmangel und sinkender Bildungsqualität.
- Die Studie zeigt ein starkes regionales Gefälle, das oft mit der Finanzlage der Kommunen zusammenhängt.
Was die neue Studie aufdeckt
Die Untersuchung der Bertelsmann Stiftung, die am 1. März 2024 durchgeführt wurde, analysiert die Personalstruktur in deutschen Kindertageseinrichtungen. Die Autoren der Studie warnen vor einer zunehmenden "De-Professionalisierung" im Bereich der frühkindlichen Bildung. Das bedeutet, dass immer häufiger Personal ohne eine vollständige pädagogische Ausbildung eingesetzt wird, um den steigenden Betreuungsbedarf zu decken.
Als voll qualifizierte Fachkräfte gelten laut der Stiftung beispielsweise staatlich anerkannte Erzieherinnen und Erzieher oder Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen. Personal mit kürzeren Ausbildungen, wie Kinderpfleger oder Sozialassistenten, wird in dieser Analyse nicht zur Gruppe der Fachkräfte gezählt.
Definition der Qualitätsstufen
Die Studie bewertet Kitas nach ihrem Fachkräfteanteil:
- Hoch: Mindestens 82,5 Prozent des Personals sind Fachkräfte.
- Mittel: Der Anteil liegt zwischen 70 und 82,5 Prozent.
- Niedrig: Weniger als 70 Prozent des Personals sind Fachkräfte.
Die Situation in Nordrhein-Westfalen
In ganz Nordrhein-Westfalen beträgt der durchschnittliche Anteil an Fachkräften in Kitas 74,1 Prozent. Damit verfehlt das Bundesland den von Experten empfohlenen Wert für eine hohe pädagogische Qualität deutlich. Laut der Studie erreichen weniger als ein Drittel aller Kitas in NRW den hohen Standard von über 82,5 Prozent Fachpersonal.
Dieser landesweite Durchschnitt verdeckt jedoch erhebliche lokale Unterschiede. Die Qualität der Betreuung hängt somit stark davon ab, in welcher Stadt oder in welchem Kreis eine Familie lebt.
Die Zahlen für Köln und die Region im Detail
Für Eltern in Köln sind die Ergebnisse der Studie besorgniserregend. Die Daten zeigen, dass die Domstadt im Vergleich zu anderen Kommunen schlecht abschneidet. Nur 13,1 Prozent der Kölner Kitas verfügen über einen hohen Anteil an pädagogischen Fachkräften. Demgegenüber steht eine Mehrheit von 54 Prozent der Einrichtungen, die in die Kategorie mit niedrigem Fachkraftanteil fallen. Etwa 32 Prozent bewegen sich im Mittelfeld.
Ein Blick auf die Nachbarkreise
Die Situation in den umliegenden Kreisen ist ähnlich problematisch und zeigt, dass der Mangel an qualifiziertem Personal ein regionales Phänomen ist:
- Rhein-Erft-Kreis: 56,3 Prozent der Kitas haben einen niedrigen Fachkräfteanteil (unter 70 Prozent). Nur 16,3 Prozent erreichen einen hohen Wert.
- Rhein-Sieg-Kreis: Hier weisen 51,8 Prozent der Einrichtungen einen niedrigen Personalstandard auf, während 16,8 Prozent als gut ausgestattet gelten.
- Rheinisch-Bergischer Kreis: 48,8 Prozent der Kitas haben zu wenig Fachpersonal. Immerhin 19,9 Prozent erreichen die höchste Stufe.
- Kreis Euskirchen: In diesem Kreis liegt der Anteil der Kitas mit niedrigem Fachkraftanteil bei 48,4 Prozent, während 19 Prozent einen hohen Anteil vorweisen können.
Wo die Personalsituation besser ist
Es gibt jedoch auch positive Beispiele in der Region. Die Stadt Leverkusen und der Oberbergische Kreis stehen im Vergleich besser da. In Leverkusen liegt der Anteil der Kitas mit geringer Fachkraftquote bei nur 37,1 Prozent, während über 20 Prozent einen hohen Anteil erreichen.
Im Oberbergischen Kreis sind sogar nur 35 Prozent der Einrichtungen von einem ausgeprägten Fachkräftemangel betroffen. Mit 28,1 Prozent an Kitas mit hohem Fachkraftanteil gehört der Kreis zu den besser aufgestellten Regionen in NRW.
NRW-weites Gefälle: Von Höxter bis Düsseldorf
Die Kluft bei der Kita-Qualität zieht sich durch ganz Nordrhein-Westfalen. Während in der Landeshauptstadt Düsseldorf nur rund 14 Prozent der Kitas eine hohe Fachkraftquote erreichen, sind es in Dortmund bereits über ein Drittel. Dies zeigt, dass selbst große Städte sehr unterschiedliche Bedingungen bieten.
Besonders gut schneiden einige ländlichere Regionen ab. Die Kreise Höxter (62,0 Prozent), Kleve, Herford, Lippe, Olpe, Siegen-Wittgenstein und der Märkische Kreis weisen allesamt einen Anteil von über 40 Prozent an Kitas mit hoher Fachkraftquote auf. Sie zeigen, dass eine gute Personalausstattung möglich ist.
Gewerkschaft Verdi schlägt Alarm
Die Gewerkschaft Verdi NRW sieht die Entwicklung mit großer Sorge und warnt vor den Konsequenzen für Kinder, Eltern und Beschäftigte. Laut Verdi wird die Qualität der pädagogischen Arbeit aufs Spiel gesetzt, wenn immer mehr nicht ausreichend qualifiziertes Personal eingesetzt wird, um Betreuungsquoten zumindest auf dem Papier zu erfüllen.
„Der Teufelskreis aus Dequalifizierung, De-Professionalisierung, Überlastung und Personalmangel setzt sich weiter fort. Gerade in NRW wird erneut deutlich, wie stark die Kassenlage der Kommunen den Einsatz qualifizierter Fachkräfte bestimmt“, erklärt Gabriele Schmidt, Landesbezirksleiterin von Verdi NRW.
Schmidt betont, dass der Personalmangel, die hohe Belastung und die ständige Fluktuation die Kinder und Beschäftigten unmittelbar treffen. Sie fordert ein entschlossenes Handeln von Bund, Land und Kommunen.
„Anstatt den Mangel weiter zu verwalten, brauchen wir endlich echte Lösungen. Bund, Land und Kommunen dürfen die Verantwortung nicht länger hin- und herschieben“, so Schmidt abschließend. Die Debatte um die Finanzierung und die Qualitätsstandards in der frühkindlichen Bildung dürfte damit weiter an Schärfe gewinnen.




