Forschende der FH Münster und der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen (katho NRW) haben das erste umfassende deutschsprachige Handbuch zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Sozialen Arbeit herausgegeben. Das Werk mit dem Titel „Künstliche Intelligenz in der Sozialen Arbeit: Grundlagen für Theorie und Praxis“ soll Fachkräften und Studierenden Orientierung in einem sich schnell entwickelnden Feld bieten.
Veröffentlicht im Beltz Juventa Verlag, ist das Buch als Open-Access-Publikation frei zugänglich. Es schließt eine wichtige Lücke, da bisherige internationale Veröffentlichungen die spezifischen rechtlichen und kulturellen Rahmenbedingungen in Deutschland nur unzureichend berücksichtigen.
Wichtige Erkenntnisse
- Es handelt sich um das erste umfassende deutschsprachige Handbuch zum Thema KI in der Sozialen Arbeit.
- Herausgegeben wurde es von einem Expertenteam der FH Münster und der katho NRW.
- Das Buch soll Fachkräften helfen, die Chancen und Risiken von KI-Technologien besser einzuschätzen.
- Es ist als Open-Access-Version kostenfrei verfügbar, um eine breite Nutzung zu ermöglichen.
- Inhalte umfassen technische Grundlagen, ethische Fragen, Datenschutz und rechtliche Aspekte wie den EU AI Act.
Ein wachsender Bedarf an Orientierung
Die Digitalisierung und der Vormarsch von Künstlicher Intelligenz verändern zunehmend auch den Arbeitsalltag im Sozialwesen. Fachkräfte sehen sich mit neuen Werkzeugen, aber auch mit neuen Herausforderungen konfrontiert. „Aus der Praxis wurde ein hoher Bedarf an Orientierung und Informationen an uns herangetragen“, erklärt Dr. Beate Rottkemper, Wirtschaftsinformatikerin an der FH Münster und eine der Herausgeberinnen.
Gemeinsam mit Prof. Dr. Gesa Linnemann von der katho NRW und Prof. Dr. Julian Löhe von der FH Münster hat sie das Projekt initiiert. Die drei Forschenden beschäftigen sich seit Jahren intensiv mit den digitalen Transformationsprozessen in sozialen Berufen.
Unterschiede zum internationalen Kontext
Obwohl es im englischsprachigen Raum bereits ähnliche Handbücher gibt, sind diese nicht einfach auf deutsche Verhältnisse übertragbar. „Die rechtlichen und kulturellen Rahmenbedingungen sind nicht ohne Weiteres übertragbar“, so Rottkemper. Themen wie Datenschutz, Sozialgesetze und ethische Standards unterscheiden sich erheblich, was eine spezifisch deutsche Aufarbeitung notwendig machte.
Hintergrund der Herausgeber
Das Herausgeberteam vereint unterschiedliche Expertisen: Dr. Beate Rottkemper bringt als Wirtschaftsinformatikerin die technische Perspektive ein. Prof. Dr. Gesa Linnemann und Prof. Dr. Julian Löhe sind Experten für Soziale Arbeit und beleuchten die fachlichen sowie ethischen Dimensionen. Diese interdisziplinäre Zusammenarbeit spiegelt sich in der Vielfalt der Buchbeiträge wider.
Inhalte des Handbuchs im Detail
Das Sammelwerk umfasst 17 Beiträge von Fachleuten aus verschiedenen Disziplinen. Ziel ist es, ein möglichst vollständiges Bild der Thematik zu zeichnen und sowohl theoretische Grundlagen als auch praktische Anwendungsbeispiele zu liefern.
Die behandelten Themen sind breit gefächert und decken die wichtigsten Aspekte des KI-Einsatzes ab. Dazu gehören unter anderem:
- Mensch-KI-Interaktion: Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit zwischen Sozialarbeitern und intelligenten Systemen?
- Datenschutz: Welche besonderen Anforderungen gelten beim Umgang mit sensiblen Daten von Klienten?
- Rechtliche Entwicklungen: Eine Analyse des AI Acts der EU und seine Bedeutung für die Soziale Arbeit.
- Ethische Herausforderungen: Wo liegen die Grenzen des KI-Einsatzes, insbesondere bei der Arbeit mit schutzbedürftigen Personen?
- Verzerrungen (Bias): Die Gefahr, dass KI-Systeme durch fehlerhafte Trainingsdaten bestehende soziale Ungleichheiten verstärken.
Ergänzt werden diese theoretischen Abhandlungen durch konkrete Beispiele aus der Praxis, die den Lesern helfen, die Relevanz für ihren eigenen Arbeitsbereich zu erkennen.
Fakten zum Buch
- Titel: Künstliche Intelligenz in der Sozialen Arbeit: Grundlagen für Theorie und Praxis
- Herausgeber: Dr. Beate Rottkemper, Prof. Dr. Gesa Linnemann, Prof. Dr. Julian Löhe
- Anzahl der Beiträge: 17
- Verlag: Beltz Juventa
- Verfügbarkeit: Open Access (kostenlos digital verfügbar)
Fachkräfte für die Zukunft rüsten
Ein zentrales Anliegen der Herausgeber ist es, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter zu befähigen, KI-Technologien kritisch zu bewerten und fundierte Entscheidungen über deren Einsatz zu treffen.
„Die Geschwindigkeit der Entwicklungen im KI-Bereich wirkt auf viele überfordernd. Mit dem Handbuch wollen wir die technischen Grundlagen verständlich machen und aufzeigen, wie Fachkräfte die Chancen von KI erkennen und ihre Risiken einschätzen können“, sagt Prof. Dr. Gesa Linnemann.
Laut Linnemann sei dies die Voraussetzung dafür, zu entscheiden, wo ein Einsatz von KI sinnvoll ist und wo er möglicherweise mehr schadet als nützt. Es gehe nicht darum, Technologie unreflektiert zu übernehmen, sondern sie bewusst und verantwortungsvoll zu gestalten.
KI in der Ausbildung verankern
Das Handbuch richtet sich nicht nur an bereits praktizierende Fachkräfte, sondern auch explizit an Studierende und Lehrende im Bereich der Sozialen Arbeit. Die Autoren sehen einen dringenden Handlungsbedarf, das Thema fest in die Ausbildung zu integrieren.
Prof. Dr. Julian Löhe betont die besondere Verantwortung des Berufsfeldes:
„Der fachliche Anspruch der Sozialen Arbeit basiert auf der Achtung der Menschenwürde und dem Verstehen individueller Lebenslagen. Gerade in der Arbeit mit schutzbedürftigen Gruppen ist es sehr wichtig, digitale Tools verantwortungsvoll zu nutzen.“
Es sei daher unerlässlich, zukünftige Fachkräfte frühzeitig mit den technischen Möglichkeiten, aber auch den ethischen Fallstricken vertraut zu machen. Nur so könne sichergestellt werden, dass der Mensch im Mittelpunkt der sozialen Dienstleistungen bleibt und Technologie als unterstützendes Werkzeug dient, anstatt Entscheidungen zu dominieren.




