In Dinslaken sorgt eine Regelung zur Vergabe von Schulplätzen für erhebliche Belastungen bei Familien aus Nachbarstädten. Das sogenannte „Stadtkinderprinzip“ bevorzugt Kinder aus Dinslaken, was dazu führen kann, dass Geschwisterkinder getrennt werden. Eine Elterninitiative fordert nun eine dringende Änderung, um die psychische Belastung für betroffene Familien zu beenden.
Wichtige Punkte
- Das „Stadtkinderprinzip“ in Dinslaken priorisiert Kinder mit Wohnsitz in der Stadt bei der Schulplatzvergabe.
- Familien aus Nachbarstädten wie Voerde befürchten, dass jüngere Geschwister keinen Platz an derselben Schule wie ihre älteren Geschwister erhalten.
- Eine betroffene Mutter aus Voerde beschreibt die Situation als „psychische Belastung“ für ihre Familie.
- Eine neu gegründete Elterninitiative setzt sich für eine Ausnahmeregelung für Geschwisterkinder ein.
Das Stadtkinderprinzip und seine Folgen
Die Stadt Dinslaken wendet bei der Vergabe von Plätzen an weiterführenden Schulen das „Stadtkinderprinzip“ an. Diese Regelung besagt, dass Kinder, die in Dinslaken wohnen, bei der Platzvergabe Vorrang haben. Erst wenn alle Dinslakener Kinder versorgt sind, werden die verbleibenden Plätze an Schüler aus anderen Städten vergeben.
Diese Praxis wird für Familien aus dem Umland zunehmend zum Problem. Insbesondere dann, wenn bereits ein älteres Kind eine Schule in Dinslaken besucht und das jüngere Geschwisterkind nachfolgen soll. Aufgrund der hohen Nachfrage und begrenzten Kapazitäten besteht die Gefahr, dass für auswärtige Kinder keine Plätze mehr frei sind.
Hintergrund: Interkommunale Schulbesuche
Viele Familien in der Region zwischen Dinslaken, Voerde, Duisburg und Oberhausen sind auf Schulen in den Nachbarstädten angewiesen. Gründe dafür sind oft spezialisierte Schulprofile, bessere Erreichbarkeit oder die Fortsetzung einer Schullaufbahn, die in der eigenen Stadt nicht möglich ist. Das Stadtkinderprinzip stellt hier eine administrative Hürde dar.
Ein konkreter Fall aus Voerde
Die alleinerziehende Mutter Sam E. aus Voerde ist eine der Betroffenen. Ihre ältere Tochter Isabella besucht bereits eine Schule in Dinslaken und ist dort gut integriert. Nun steht die Anmeldung für ihre jüngere Tochter Carolina an, die ebenfalls dieselbe Schule besuchen möchte.
Doch die Chancen stehen schlecht. Wegen des Stadtkinderprinzips könnte Carolina abgewiesen werden. Für die Familie wäre dies eine enorme organisatorische und emotionale Belastung. Die Mutter müsste den Alltag zwischen zwei verschiedenen Schulstandorten in zwei unterschiedlichen Städten koordinieren.
„Die Ungewissheit und die Vorstellung, meine Töchter an zwei verschiedenen Schulen unterbringen zu müssen, ist eine enorme psychische Belastung“, erklärt Sam E. die Situation.
Die Sorge vor der Trennung
Für die beiden Schwestern Isabella und Carolina wäre eine Trennung ebenfalls schwierig. Der gemeinsame Schulweg und die gegenseitige Unterstützung im Schulalltag würden wegfallen. Die Mutter befürchtet, dass dies nicht nur den Familienalltag, sondern auch die Entwicklung ihrer Kinder negativ beeinflussen könnte.
„Es geht hier nicht um eine freie Schulwahl aus Bequemlichkeit“, betont Sam E. „Es geht darum, eine funktionierende Familienstruktur aufrechtzuerhalten und den Kindern Stabilität zu geben.“
Elterninitiative fordert Änderung der Regelung
Um auf diese Missstände aufmerksam zu machen, hat sich eine Elterninitiative gebildet. Sie fordert von der Stadt Dinslaken eine Anpassung der Vergaberegeln. Das Hauptziel ist die Einführung einer Geschwisterkind-Regelung, die auch für Kinder aus Nachbarstädten gilt.
Die Initiative argumentiert, dass die familiäre Einheit und das Wohl der Kinder über starre bürokratische Prinzipien gestellt werden sollten. Eine solche Ausnahmeregelung würde die Kontinuität für Familien sichern und den organisatorischen Aufwand erheblich reduzieren.
Forderungen der Initiative
- Vorrang für Geschwisterkinder: Geschwister sollen unabhängig vom Wohnort einen Platz an derselben Schule erhalten.
- Planungssicherheit für Familien: Eltern benötigen frühzeitig eine verlässliche Zusage, um den Alltag planen zu können.
- Interkommunale Zusammenarbeit: Die Städte der Region sollen gemeinsam eine Lösung finden, die den Bedürfnissen der Familien gerecht wird.
Rechtliche und politische Dimension
Die rechtliche Grundlage für das Stadtkinderprinzip ist im Schulgesetz von Nordrhein-Westfalen verankert. Es erlaubt Kommunen als Schulträger, eigene Kinder zu bevorzugen, um die lokale Schulinfrastruktur zu sichern. Kritiker sehen darin jedoch eine Benachteiligung, die den modernen Lebensrealitäten von Pendlern und regional vernetzten Familien nicht mehr gerecht wird.
Die Elterninitiative plant nun, das Gespräch mit der Dinslakener Stadtverwaltung und den politischen Fraktionen zu suchen. Sie hoffen auf ein Umdenken und eine pragmatische Lösung, die im Sinne der Kinder ist. Der Fall von Sam E. und ihren Töchtern dient dabei als eindringliches Beispiel für die menschlichen Konsequenzen der aktuellen Regelung.
Die Debatte wirft eine grundsätzliche Frage auf: Wie flexibel kann und muss ein Schulsystem sein, um den Bedürfnissen von Familien in einer eng vernetzten Region gerecht zu werden? Die Antwort darauf wird nicht nur in Dinslaken, sondern auch in vielen anderen Städten mit ähnlichen Herausforderungen mit Spannung erwartet.




