Nach der Einführung eines strengen Badeverbots im Rhein sucht die Stadt Köln aktiv nach Möglichkeiten, sicheres Schwimmen im Fluss wieder zu ermöglichen. Der Stadtrat hat die Verwaltung beauftragt, geeignete Flächen für geschützte Badebereiche zu identifizieren. Diese Entwicklung folgt auf mehrere tödliche Unfälle und knüpft an eine lange vergessene Tradition der städtischen Flussbadeanstalten an.
Die Diskussion über sichere Badezonen ist eine direkte Reaktion auf das kürzlich verschärfte Verbot, das das Betreten des Rheins über Knöcheltiefe hinaus untersagt. Während die Behörden auf die extremen Gefahren durch Strömung und Schiffsverkehr hinweisen, erinnern sich viele Kölner an eine Zeit, in der das Baden im Fluss zum Alltag gehörte.
Wichtige Fakten im Überblick
- Die Stadt Köln sucht nach Standorten für sichere, abgetrennte Badebereiche im Rhein.
- Ein strenges Badeverbot wurde kürzlich nach mehreren tödlichen Unfällen erlassen.
- Experten warnen vor der hohen Fließgeschwindigkeit von mindestens 5 km/h und unberechenbaren Strudeln.
- Historisch gab es in Köln zahlreiche Flussbadeanstalten und ein Strandbad.
- Ein möglicher zukünftiger Standort könnte das Freibad im umgestalteten Deutzer Hafen sein, dessen Fertigstellung aber noch Jahre dauern wird.
Das neue Badeverbot und die Reaktionen
Seit kurzem patrouilliert das Kölner Ordnungsamt an den Rheinufern, um ein neues, striktes Badeverbot durchzusetzen. Nach einer Phase der Aufklärung sollen Verstöße mit Bußgeldern geahndet werden. Diese Maßnahme wurde nach einer Serie von Badeunfällen, von denen einige tödlich endeten, für notwendig erachtet.
Die Reaktionen auf das Verbot sind gemischt. Viele Anwohner, insbesondere in Stadtteilen wie Rodenkirchen, äußern Unverständnis. Ein langjähriger Anwohner argumentiert, er schwimme seit Jahrzehnten im Rhein und kenne die ungefährlichen Stellen. Andere Bürger fordern alternative Lösungen statt eines pauschalen Verbots, wie etwa eine Schwimmwestenpflicht.
Warum ist der Rhein so gefährlich?
Experten der Wasserschutzpolizei betonen die unkalkulierbaren Risiken. Der Rhein ist heute eine stark befahrene Wasserstraße mit großen, schnellen Schiffen. Die Begradigung des Flussbetts hat die Fließgeschwindigkeit erhöht und gefährliche Strudel und Sogwirkungen verstärkt, die selbst für erfahrene Schwimmer eine tödliche Gefahr darstellen.
Die Perspektive der Einsatzkräfte
Edgar Muth von der Wasserschutzpolizei stellt die Gefahren klar heraus. „Der Rhein hat eine Fließgeschwindigkeit von immer mindestens fünf km/h plus X“, erklärt er. „Da schwimmt niemand gegen an. Der Rhein ist saugefährlich.“ Diese Einschätzung wird durch die Beobachtungen von Rettungskräften und regelmäßigen Besuchern des Rheinufers gestützt.
„Ich habe hier schon mal einen Menschen aus dem Wasser gezogen und vor dem Ertrinken gerettet.“
Meißner berichtet, dass sich vor allem junge Männer, oft unter dem Einfluss von Alkohol oder Drogen, selbst überschätzen. Ein tragischer Vorfall unterstreicht die Gefahr: Kürzlich sprang ein Mann in Höhe der Bastei einem Ball hinterher, ging unter und wird seitdem vermisst.
Ein Blick in die Vergangenheit Kölner Badekultur
Was heute streng verboten ist, war früher ein fester Bestandteil des Kölner Stadtlebens. Anfang des 20. Jahrhunderts war das Baden im Rhein weit verbreitet und wurde in organisierten Bahnen gelenkt. Historische Dokumente und Fotografien zeugen von einer blühenden Badekultur.
Kölns Flussbäder um 1913
Ein städtischer Verwaltungsbericht aus dem Jahr 1913 listet für Köln insgesamt sechs Landesbadeanstalten, fünf Flussbadeanstalten und ein Strandbad auf. Beliebte Standorte befanden sich unter anderem in Riehl, an der Frankenwerft und im rechtsrheinischen Langel.
Diese Badeanstalten boten sichere, abgetrennte Bereiche, in denen die Bürger den Fluss genießen konnten. Einige dieser „Schwimmbecken“ waren auf sogenannten Badeschiffen untergebracht, eine Idee, die auch heute wieder diskutiert wird. Eine Ansichtskarte von 1926 zeigt beispielsweise das „Schwimm-, Licht-, Luft- und Sonnenbad“ an der heutigen Mülheimer Brücke.
Abenteuerliche Erinnerungen eines Zeitzeugen
Andreas Hartmann (Name geändert), ein Pensionär aus Neuehrenfeld, erinnert sich an seine Jugend in den späten 1950er Jahren. Damals war der Rhein ein Ort für jugendliche Abenteuer, die heute unvorstellbar wären.
„Wir schwammen sehr gezielt an einen der Lastkähne heran, die von Raddampfern gezogen wurden, schwangen uns auf den Rand des Kahns und ließen uns als blinde Passagiere ein Stück den Rhein hinauf mitnehmen“, erzählt er. Dies war möglich, weil die Schiffe deutlich langsamer fuhren und die Ränder der Kähne nur knapp über der Wasseroberfläche lagen.
Er betont jedoch, dass die Bedingungen damals völlig anders waren. Die Schleppzüge waren langsamer, die Strömungen weniger tückisch. Angesichts der heutigen Gefahren hält auch er das Badeverbot für „vollkommen gerechtfertigt“.
Die Suche nach zukünftigen Bademöglichkeiten
Als Ausgleich zum Verbot hat der Kölner Stadtrat die Verwaltung beauftragt, konkrete Vorschläge für sichere Badezonen zu erarbeiten. Die Prüfung geeigneter Standorte läuft derzeit, ein genauer Zeitplan für die Präsentation der Ergebnisse steht jedoch noch aus.
Die Herausforderung besteht darin, Bereiche zu finden, die effektiv vom Schiffsverkehr und den gefährlichen Strömungen abgetrennt werden können, ohne die Schifffahrt zu beeinträchtigen. Die Idee der historischen Badeschiffe könnte dabei eine Renaissance erleben.
Der Deutzer Hafen als langfristige Option
Ein konkreter Standort, der bereits in der Diskussion ist, ist der Deutzer Hafen. Im Rahmen der umfassenden Neugestaltung des Areals zu einem neuen Stadtquartier ist auch ein Freibad geplant. Das Konzept des dänischen Architekturbüros Cobe sieht eine Badeanstalt auf der Westseite des Hafenbeckens vor.
Projekt Deutzer Hafen
Das neue Quartier soll Wohnraum für knapp 7.000 Menschen und Arbeitsplätze für rund 6.000 Personen schaffen. Die Fertigstellung des gesamten Projekts, einschließlich des Freibads, wird jedoch voraussichtlich frühestens Mitte der 2030er-Jahre erfolgen. Bis dahin müssen kurz- und mittelfristige Lösungen für den Wunsch nach sicherem Rheinschwimmen gefunden werden.
Bis dahin bleibt das Schwimmen im offenen Rhein verboten. Die Stadt steht vor der Aufgabe, die berechtigten Sicherheitsbedenken mit dem Wunsch vieler Bürger nach einem naturnahen Badeerlebnis in Einklang zu bringen – eine Rückkehr zu einer alten Kölner Tradition in moderner und sicherer Form.




