In Köln wurde ein Disziplinarverfahren gegen einen Lehrer eingeleitet, der trotz einer seit rund einem Jahr andauernden Krankschreibung in mehreren TV-Kochshows aufgetreten sein soll. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf den Umgang mit langzeiterkrankten Beamten in Nordrhein-Westfalen und sorgt für politische Diskussionen.
Das Wichtigste in Kürze
- Gegen einen Lehrer aus NRW läuft ein Disziplinarverfahren, weil er während seiner Krankschreibung in Kochshows auftrat.
 - Die Kölner Schulbehörde prüft den Fall, nachdem der Lehrer zu einer Stellungnahme aufgefordert wurde.
 - Politiker fordern strengere und systematische Überprüfungen von langzeiterkrankten Lehrkräften.
 - In NRW sind derzeit 1388 verbeamtete Lehrer krankgeschrieben, viele davon seit über einem Jahr.
 
Der Fall: Auftritte im Fernsehen trotz Krankschreibung
Ein Lehrer aus Nordrhein-Westfalen, der seit etwa zwölf Monaten krankgeschrieben ist, steht im Zentrum einer behördlichen Untersuchung. Der Grund sind seine mutmaßlichen Auftritte als Kandidat in mindestens zwei Fernsehanstalten ausgestrahlten Kochshows. Die zuständige Schulaufsicht in Köln wurde auf die öffentlichen Auftritte aufmerksam und handelte umgehend.
Zunächst forderten die Behörden den Pädagogen auf, schriftlich zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Eine zentrale Frage dabei war, ob die Sendungen live ausgestrahlt oder bereits vor Beginn seiner Krankschreibung aufgezeichnet worden waren. Diese Klärung war entscheidend für die weitere Vorgehensweise.
Hintergrund: Dienstpflichtverletzung bei Beamten
Für verbeamtete Lehrer gelten besondere Treuepflichten gegenüber ihrem Dienstherrn. Eine Krankschreibung dient der Genesung und Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit. Tätigkeiten, die diesem Zweck entgegenstehen oder den Genesungsprozess gefährden, können als Dienstpflichtverletzung gewertet werden und disziplinarische Konsequenzen nach sich ziehen.
Behörden leiten Disziplinarverfahren ein
Nach Prüfung der eingereichten Stellungnahme des Lehrers sah die Bezirksregierung Köln "zureichende tatsächliche Anhaltspunkte", die ein Fehlverhalten nahelegen. Aus diesem Grund wurde ein offizielles Disziplinarverfahren eingeleitet. Nähere Angaben zur Person des Lehrers oder zum genauen Inhalt seiner Erklärung machte die Behörde nicht und verwies auf die Vertraulichkeit von Personalangelegenheiten.
Dem Lehrer drohen nun, je nach Schwere des festgestellten Dienstvergehens, empfindliche Strafen. Die möglichen Sanktionen sind im Landesdisziplinargesetz klar geregelt und reichen von einem einfachen Verweis über eine Kürzung der Dienstbezüge bis hin zu einer Versetzung an eine andere Schule.
Im schlimmsten Fall, sollte sich herausstellen, dass das Vertrauensverhältnis zwischen dem Lehrer und seinem Dienstherrn nachhaltig zerstört ist, könnte sogar eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis die Folge sein. Dies würde den Verlust aller Pensionsansprüche bedeuten.
Politische Reaktionen und Forderungen nach Konsequenzen
Der Fall hat mittlerweile auch die Landespolitik erreicht und eine Debatte über den Umgang mit langzeiterkrankten Lehrkräften ausgelöst. Insbesondere aus der Opposition kommt scharfe Kritik.
"Offenbar gilt in Nordrhein-Westfalen: Dreistigkeit siegt. So ein Verhalten ist nicht nur massiv unkollegial, es schadet dem ganzen Berufsstand und dem Vertrauen in staatliches Handeln."
Franziska Müller-Rech, Vize-Fraktionschefin der FDP im Landtag, fordert als Konsequenz eine systematische Überprüfung. Es müsse bei den Behörden eine Routine etabliert werden, um Lehrer, die über einen längeren Zeitraum krankgeschrieben sind, konsequent auf ihre Dienstfähigkeit zu prüfen.
Einzelfall oder Systemproblem? Zahlen werfen Fragen auf
Dieser Vorfall ist kein isoliertes Ereignis. Bereits Anfang des Jahres sorgte der Fall einer Lehrerin aus dem Ruhrgebiet für Aufsehen, die 16 Jahre lang krankgeschrieben war, ohne dass eine amtsärztliche Untersuchung stattfand. Erst ein Zuständigkeitswechsel bei den Behörden brachte den Fall ans Licht.
Langzeiterkrankungen bei Lehrern in NRW
- 1.388 verbeamtete Lehrer sind aktuell im Krankenstand.
 - 745 davon sind seit mehr als sechs Monaten krank.
 - 582 Beamte fehlen seit etwa einem Jahr.
 - 47 Lehrkräfte sind seit über drei Jahren nicht im Dienst.
 - 14 sind seit mindestens fünf Jahren krankgeschrieben.
 
Quelle: Aktuelles Lagebild zu Langzeiterkrankungen bei Landesbeamten
Die Zahlen zeigen ein strukturelles Problem auf. Von allen langzeiterkrankten Lehrern musste sich laut dem Bericht nur etwas mehr als die Hälfte einer Untersuchung durch einen Amtsarzt unterziehen. Diese Untersuchung ist ein zentrales Instrument, um die Dienstfähigkeit objektiv zu beurteilen und über das weitere Vorgehen, wie etwa eine mögliche Pensionierung aus gesundheitlichen Gründen, zu entscheiden.
Die aktuellen Ereignisse dürften den Druck auf die Schulbehörden und das zuständige Ministerium erhöhen, die bestehenden Kontrollmechanismen zu überprüfen und transparentere sowie konsequentere Verfahren für den Umgang mit Langzeiterkrankungen im Schuldienst zu schaffen.




