In Köln sorgt die geplante Kinderwunschmesse „Wish for a Baby“ für eine juristische und gesellschaftliche Auseinandersetzung. Kritiker werfen der Veranstaltung vor, für in Deutschland verbotene Leihmutterschaft zu werben und haben einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Köln eingereicht, um die Messe zu stoppen. Die Stadt Köln hingegen genehmigte die Veranstaltung und sieht sie als reine Informationsplattform.
Wichtige Fakten
- Die Kölner Messe „Wish for a Baby“ steht wegen Angeboten zur Leihmutterschaft in der Kritik.
 - Leihmutterschaft und die Vermittlung sind in Deutschland gesetzlich verboten.
 - Ein Eilantrag beim Verwaltungsgericht Köln soll die Veranstaltung verhindern oder einschränken.
 - Kritiker sprechen von illegaler Werbung und der Ausbeutung von Frauen, während die Stadt von einer zulässigen Informationsveranstaltung ausgeht.
 
Angebote im Fokus der Kritik
Die Messe „Wish for a Baby“, die an diesem Wochenende in den Kölner Sartory-Sälen stattfinden soll, zieht Aussteller aus der ganzen Welt an. Darunter befinden sich Kliniken und Agenturen aus den USA, Spanien, der Ukraine und Georgien, die sich auf Leihmutterschaft spezialisiert haben.
Einige dieser Anbieter werben aktiv mit ihren Dienstleistungen. So bewirbt das Fertility Institute of San Diego eine „Hybrid-Lösung“, bei der Embryonen in den USA erzeugt und anschließend in Länder mit günstigeren Leihmutterschaftsregelungen transferiert werden. In Newslettern wird sogar explizit mit der in Deutschland ebenfalls verbotenen Geschlechtsselektion von Embryonen geworben, mit Slogans wie: „Erfüllen Sie Ihren Familientraum: Geschlechtsauswahl in Kalifornien – Treffen Sie uns in Köln.“
Die Rechtslage in Deutschland
Das Embryonenschutzgesetz verbietet in Deutschland die Leihmutterschaft. Ebenso untersagt ist die Vermittlung von Leihmüttern. Das Gesetz erlaubt jedoch eine „neutrale, sachliche Information und Diskussion“ über das Thema. Genau auf diesen Punkt beruft sich die Stadt Köln bei ihrer Genehmigung der Messe.
Stadt Köln genehmigt, Kritiker klagen
Trotz der eindeutigen Verbote in Deutschland hat das Kölner Ordnungsamt die Messe genehmigt. Robert Baumanns vom städtischen Presseamt erklärte, die Veranstaltung sei eine „reine Informationsplattform“. Die Behörde habe nach rechtlicher Prüfung entschieden, dass die Messe zulässig sei, solange sie sich auf sachliche Informationen beschränke. In den Vorjahren seien keine Verstöße gegen die Auflagen festgestellt worden.
Dieser Einschätzung widersprechen Frauenrechtsinitiativen wie „Lasst Frauen sprechen“ und „Frauenheldinnen“ vehement. „Wie kann es sein, dass in Deutschland etwas beworben wird, was hier ausdrücklich verboten ist?“, fragt Ina Wagner von „Lasst Frauen sprechen“.
„Selbstverständlich wird dort in hohem Maße für Leihmutterschaft geworben. Man kann sich Kataloge mit Leihmüttern anschauen, Kostenvoranschläge einholen und auch gleich abklären, wie man rechtlich agieren muss. Es ist die reinste Werbeveranstaltung.“
Aufgrund dieser Einschätzung haben die Initiativen Strafanzeige gestellt und einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Köln eingereicht. Ziel ist es, die Messe komplett zu verbieten oder zumindest alle Aussteller, die Leihmutterschaft anbieten, auszuschließen. Eine Entscheidung des Gerichts wird noch vor Messebeginn erwartet.
Internationale Kritik an kommerzieller Leihmutterschaft
Die Debatte in Köln spiegelt eine wachsende globale Kritik an der Praxis der Leihmutterschaft wider. Erst kürzlich legte Reem Alsalem, die UN-Sonderberichterstatterin für Gewalt gegen Frauen und Mädchen, einen Bericht vor, der scharfe Worte findet.
Laut dem Bericht ist Leihmutterschaft von Ausbeutung und Gewalt geprägt und mache den Körper von Frauen zur Ware. Alsalem bezeichnete die Praxis als eine Form der Sklaverei, die weltweit abgeschafft werden müsse. Kritisiert wird insbesondere, dass Leihmütter Verträge unterzeichnen, die ihnen grundlegende Rechte entziehen, etwa die medizinische Selbstbestimmung oder das Recht, das Kind nach der Geburt zu behalten.
Der globale Markt für Leihmutterschaft
- Marktwert 2023: fast 15 Milliarden US-Dollar
 - Prognose für 2033: rund 100 Milliarden US-Dollar
 - Anteil der Leihmutter: 10 % bis 25 % der Gesamtkosten
 - Kostenbeispiele: ab 30.000 Euro in der Ukraine bis zu 250.000 US-Dollar in den USA
 
Soziale und ethische Bedenken
Auch soziale Organisationen in Köln äußern sich besorgt. Ute Theisen, Vorstandsvorsitzende des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) Köln, sagte, sie sehe die Messe „sehr kritisch“. Sie betonte, dass Leihmutterschaft in Deutschland aus guten ethischen Gründen verboten sei.
„Mehr als bedenklich finde ich es, wenn der unerfüllte Kinderwunsch von Menschen zum Geschäft wird, das unter Umgehung deutschen Rechts ins Ausland verlagert wird und hier unter Umständen die Notlagen von Frauen ausnutzt“, so Theisen. Sie befürwortet schärfere Auflagen, um den deutschen Rechtsrahmen zu schützen.
Ähnlich äußert sich das Frauen-Netzwerk „BPW Germany“ in Köln. Präsidentin Nyelete S. Goncalves Chilenge kritisiert, dass der Fokus allein auf den Bedürfnissen der Wunscheltern liege, während die gesundheitlichen, wirtschaftlichen und rechtlichen Folgen für die Leihmütter ausgeblendet würden. Neun von zehn Leihmutterschaften weltweit seien kommerziell, was wenig mit Gleichstellung zu tun habe.
Während der Veranstalter der Messe auf Anfragen nicht reagierte, kündigten die Kritiker an, am Samstag vor den Sartory-Sälen zu demonstrieren – falls die Messe stattfinden darf.




