Im Kölner Süden wächst die Sorge unter Kleingärtnern. Der geplante achtspurige Ausbau der Autobahn A4 zwischen dem Kreuz Köln-Süd und dem Kreuz Köln-Gremberg bedroht hunderte Parzellen, die für viele Familien wichtige Erholungsräume und grüne Oasen sind. Besonders betroffen ist die Anlage in Höningen, wo fast ein Drittel der Gärten verschwinden könnte.
Die Autobahn GmbH begründet das Vorhaben mit stark gestiegenem Verkehrsaufkommen und Prognosen, die eine weitere Zunahme voraussagen. Doch die betroffenen Pächter und Bürgerinitiativen organisieren Widerstand und stellen die Notwendigkeit des Großprojekts infrage. Sie fürchten den Verlust von wertvollem städtischem Grün und sozialen Treffpunkten.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Ausbau der A4 auf acht Spuren ist auf einer Länge von 5,6 Kilometern im Kölner Süden geplant.
- Mehrere Kleingartenanlagen sind betroffen; allein in Höningen könnten über 90 von 280 Parzellen wegfallen.
- Die Autobahn GmbH hält den Ausbau für notwendig, um die Leistungsfähigkeit der Strecke zu sichern.
- Gärtner und Bürgerinitiativen kritisieren die Pläne und haben eine Petition gestartet, um die Gärten zu erhalten.
- Der Baubeginn für das Projekt, das auch den Neubau der Rodenkirchener Brücke umfasst, ist für 2034 angesetzt.
Ein Großprojekt mit weitreichenden Folgen
Die Pläne für die Erweiterung der A4 sind Teil des Bundesverkehrswegeplans 2030 und sollen die chronisch überlastete Verkehrsader im Kölner Süden entlasten. Auf einer Strecke von 5,6 Kilometern soll die Autobahn von sechs auf acht Spuren verbreitert werden. Herzstück des Vorhabens ist der vollständige Abriss und Neubau der Rodenkirchener Brücke.
Laut der Autobahn GmbH ist die derzeitige Infrastruktur dem Verkehrsaufkommen nicht mehr gewachsen. Prognosen deuten auf eine weitere erhebliche Zunahme des Verkehrs hin, weshalb der Ausbau als unumgänglich betrachtet wird. Der geplante Baustart ist für das Jahr 2034 vorgesehen.
Doch wo neue Fahrspuren entstehen sollen, muss an anderer Stelle etwas weichen. In diesem Fall trifft es zahlreiche Kleingartenanlagen, die sich wie ein grünes Band entlang der Autobahn ziehen.
Die Sorgen der Kleingärtner in Höningen
In der Kleingartenanlage Köln-Höningen, westlich der Brühler Landstraße, ist die Stimmung gedrückt. Die Anlage, die Anfang der 1960er Jahre gegründet wurde, ist ein Idyll für 280 Pächterfamilien. Hier wird Gemüse angebaut, Kinder spielen im Freien und Nachbarn helfen sich gegenseitig. Nun könnte ein großer Teil dieses Idylls für den Asphalt geopfert werden.
„Diese Stücke Natur bieten einen wunderbaren Erholungsraum“, erklärt Stefan Teichmann, der zweite Vorsitzende des Vereins. „Wir sind immer bemüht, gerade Familien mit Kindern, die vielleicht im Hochhaus leben, hier etwas eigenes Grün zu ermöglichen.“ Der Vorstand rechnet damit, dass über 90 Parzellen dem Ausbau zum Opfer fallen könnten – fast ein Drittel der gesamten Anlage.
„Hier wachsen Generationen von Kindern auf, und das soziale Miteinander ist ganz wichtig: Man trifft sich, man hilft sich, es entstehen Freundschaften“, ergänzt Dennis König, der erste Vorsitzende.
Für ihn und seine Vorstandskollegen geht es nicht nur um Gärten, sondern um einen sozialen und ökologischen Lebensraum. Die Anlage befindet sich in einem Landschafts- und Wasserschutzgebiet, was die Pläne aus ihrer Sicht noch fragwürdiger macht.
Zahlen zum A4-Ausbau
- Streckenlänge: 5,6 Kilometer
- Ausbau: von 6 auf 8 Spuren
- Betroffene Anlage Höningen: 90 von 280 Gärten könnten wegfallen
- Betroffene Vereine insgesamt: Mindestens 8 Anlagen entlang der Strecke
- Geplanter Baubeginn: 2034
Nicht nur Höningen ist betroffen
Die Liste der potenziell betroffenen Anlagen ist lang. Der Kreisverband der Kölner Gartenfreunde, der 119 Vereine in der Stadt vertritt, zählt neben Höningen auch die Vereine Kuchenbuch, Am Schiffhof, Rosengarten, Poll, Poller Rheinaue, Porzer Ring, Im Wasserfeld und Gremberger Wäldchen auf.
„Manche von diesen Anlagen – wie Am Schiffhof und Rosengarten – sind klein und würden durch den Ausbau ganz verschwinden“, warnt Dennis König. Der Verlust wäre für die Pächter und für das Stadtklima gleichermaßen schmerzhaft. Kleingärten gelten als wichtige Kaltluftschneisen und tragen zur Artenvielfalt in der Stadt bei.
Der Widerstand wächst
Die Kleingärtner wollen ihre grünen Oasen nicht kampflos aufgeben. Bereits vor zwei Jahren hat Marco Thiebes, ebenfalls Vorstandsmitglied in Höningen, eine Online-Petition gegen den Ausbau gestartet. Bisher haben rund 1.150 Menschen unterzeichnet. Das Ziel ist es, 50.000 Unterschriften zu sammeln, um in Berlin politisches Gehör zu finden.
„In letzter Zeit ist es ruhig um das Thema geworden, und wir haben noch Zeit“, sagt Thiebes optimistisch. Der lange Zeithorizont bis 2034 gibt den Gegnern die Möglichkeit, ihren Protest zu organisieren und die Öffentlichkeit zu mobilisieren.
Kritik an Verkehrsprognosen
Die Bürgerinitiative „A4minus“ unterstützt den Protest der Gärtner und äußert grundsätzliche Zweifel an den Plänen. Die Initiative kritisiert, dass die Verkehrsprognosen der Autobahn GmbH auf Zählungen aus dem Jahr 2018 basieren. Zu diesem Zeitpunkt war die Leverkusener Brücke für den LKW-Verkehr gesperrt, was zu einer künstlich erhöhten Verkehrsbelastung auf der Rodenkirchener Brücke und der A4 im Süden geführt habe. „A4minus“ fordert daher einen Stopp der Ausbaupläne und eine Neubewertung der Daten.
Unterstützung vom Kreisverband
Der Kreisverband der Kölner Gartenfreunde hat den betroffenen Vereinen seine volle Unterstützung zugesagt. Christoph Kürten, Pressesprecher des Verbandes, kündigt rechtliche Schritte an, sollte die Stadt Köln als Eigentümerin der Grundstücke Kündigungen aussprechen.
„Sollte es zu Kündigungen von Gärten durch die Stadt kommen, werden wir genau prüfen, ob sie rechtlich haltbar sind“, so Kürten. „Wenn nicht, werden wir klagen.“ Falls Kündigungen unvermeidbar seien, werde der Verband darauf bestehen, dass die Stadt den Pächtern adäquate Ausgleichsflächen anbietet.
Der Verband appelliert an die Solidarität aller über 13.000 Kleingärtner in Köln. „Nimmt man die Familien der Pächter dazu, kommt man sicherlich auf rund 50.000 Kölner Bürger, denen ihre Gärten am Herzen liegen“, rechnet der Kreisverband vor. „Eine solche Zahl kann man weder in Köln noch in Berlin ignorieren.“ Die kommenden Jahre werden zeigen, ob der Protest der Bürger lauter ist als der Lärm der Bagger.




