Der Discounter Aldi Süd hat sein geplantes Pilotprojekt für den Wohnungsbau in Köln-Ehrenfeld auf unbestimmte Zeit verschoben. Grund dafür sind laut Unternehmensangaben stark gestiegene Baukosten. Die Entscheidung ist ein Rückschlag für die Wohnungssuchenden in der Stadt und für ein Mehrgenerationen-Wohnprojekt, das dort eine neue Heimat finden sollte.
Die wichtigsten Punkte
- Aldi Süd hat den Bau von 80 bis 100 Wohnungen über seinem Markt am Grünen Weg in Ehrenfeld gestoppt.
 - Als Grund werden gestiegene Baukosten und die veränderte Marktsituation genannt.
 - Das Projekt „Grüne Höfe“ sollte ein Vorzeigeprojekt für nachhaltige Stadtentwicklung sein.
 - Der Baustopp verschärft die angespannte Lage auf dem Kölner Wohnungsmarkt weiter.
 
Baupläne in Ehrenfeld vorerst ausgesetzt
Das ambitionierte Bauvorhaben „Grüne Höfe“ am Grünen Weg in Köln-Ehrenfeld wird vorerst nicht realisiert. Aldi Süd bestätigte, dass das Projekt aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen aktuell nicht umsetzbar sei. Ursprünglich war geplant, den eingeschossigen Supermarkt durch einen Neubau mit 80 bis 100 Wohnungen zu ersetzen.
„Bei der Entwicklung der ‚Grünen Höfe‘ hat sich die Marktsituation, wie unter anderem allgemein deutlich gestiegenen Baukosten, so stark verändert, dass eine Umsetzung in der ursprünglich geplanten Form aktuell nicht möglich ist“, erklärte ein Sprecher von Aldi Süd. Wann und in welcher Form das Projekt wieder aufgenommen werden könnte, ließ das Unternehmen offen.
Die ursprünglichen Pläne, die im September 2022 vorgestellt wurden, sahen ein modernes Gebäude mit einer Kindertagesstätte, einem Café, Spielflächen und Solaranlagen auf dem Dach vor. Es sollte ein Pilotprojekt für die effiziente Nutzung von städtischen Flächen sein.
Hintergrund: Wohnungsbau in der Krise
Der Stopp des Aldi-Projekts steht exemplarisch für die aktuelle Krise im deutschen Wohnungsbau. Steigende Zinsen, hohe Materialkosten und Fachkräftemangel führen dazu, dass viele Bauvorhaben verschoben oder komplett abgesagt werden. In Köln wurden im vergangenen Jahr nur 1.819 neue Wohnungen fertiggestellt – der niedrigste Wert seit 1990.
Enttäuschung bei Mehrgenerationen-Projekt
Die Entscheidung von Aldi Süd ist besonders für den Verein „Unter einem Dach“ ein schwerer Schlag. Die Gruppe aus rund 60 Mitgliedern unterschiedlicher Generationen hatte nach neunjähriger Suche eine feste Zusage für einen Teil der Wohnungen im Projekt „Grüne Höfe“ erhalten.
Tim Reichenau, ein Vertreter des Vereins, äußerte sich tief enttäuscht. „Die Entwicklung mit Aldi ist für unser Wohnprojekt sehr enttäuschend gewesen“, sagte er. Laut Reichenau liegt das Projekt „aus wirtschaftlichen Gründen auf Eis und es ist vollkommen unklar, wann es wieder aufgenommen wird“.
„Dadurch sind wir zum Beispiel bei der GAG aus der Liste der nach Realisierungsmöglichkeiten suchenden Projekte herausgefallen, sodass dort andere Projekte vorrangig behandelt wurden.“ – Tim Reichenau, Verein „Unter einem Dach“
Für die Gruppe, die gemeinschaftlich leben und sich gegenseitig im Alltag unterstützen möchte, beginnt die Suche nach einem geeigneten Ort nun von Neuem. Die Absichtserklärung mit Aldi Süd besteht zwar weiterhin, hat aber aktuell keine praktische Bedeutung.
Potenzial von Supermarkt-Flächen bleibt ungenutzt
Der Fall in Ehrenfeld lenkt den Blick auf ein grundlegendes Problem der Stadtentwicklung: die ineffiziente Nutzung wertvoller innerstädtischer Flächen. Eingeschossige Supermärkte mit großen Parkplätzen verbrauchen viel Platz, der dringend für Wohnraum benötigt wird.
Am Grünen Weg sind nur etwa 20 Prozent des Aldi-Grundstücks bebaut. Der Rest wird von 122 Parkplätzen eingenommen. Björn Just von Aldi Süd hatte bereits 2022 eingeräumt: „Das Konzept mit dem hohen Versiegelungsgrad und der monofunktionalen Nutzung ist völlig aus der Zeit gefallen.“
Zahlen zur Flächennutzung
- Eine Studie der TU Darmstadt sieht bundesweit ein Potenzial für bis zu 400.000 Wohnungen durch die Überbauung von Supermärkten.
 - Die Stadt Köln identifizierte bereits vor Jahren 63 von 300 Supermarkt-Standorten als grundsätzlich geeignet für eine solche Nachverdichtung.
 - Aktuelle Zahlen dazu liegen laut Stadtverwaltung nicht vor, das Potenzial wird aber weiterhin als hoch eingeschätzt.
 
Städtebau-Experten wie Professorin Yasemin Utku von der Technischen Hochschule Köln betonen, dass Genehmigungen für eingeschossige Neubauten in zentralen Lagen kaum noch erteilt werden. Die Stadtverwaltung unterstützt diese Haltung und fordert einen sparsamen Umgang mit Grund und Boden.
Aldi hält an anderen Kölner Projekten fest
Trotz des Rückschlags in Ehrenfeld plant Aldi Süd weiterhin, an anderen Standorten in Köln Wohnungen zu bauen. Das Unternehmen bekräftigte sein Festhalten an dem Konzept der gemischten Nutzung von Grundstücken.
Geplante Standorte in Köln
Der Discounter verfolgt derzeit vier weitere Projekte in verschiedenen Stadtteilen. Der Planungsstand ist jedoch unterschiedlich fortgeschritten.
- Niehler Kirchweg (Nippes): Hier ist der Plan am konkretesten. Auf dem Gelände der bestehenden Filiale soll ein Wohnhochhaus mit rund 80 Wohnungen entstehen. Ein entsprechender Antrag zur Klärung des Baurechts wurde bei der Stadt eingereicht.
 - Bilderstöckchen: Details zu diesem Projekt sind noch nicht öffentlich bekannt.
 - Porz: Auch hier befinden sich die Pläne in einem frühen Stadium.
 - Gürzenichstraße (Innenstadt): An diesem zentralen Standort ist ebenfalls eine gemischte Nutzung vorgesehen.
 
Insgesamt plant Aldi Süd an diesen Standorten die Schaffung von rund 200 Wohnungen. Diese Zahl ist jedoch noch nicht endgültig. Für die Unternehmen ist der Wohnungsbau auch strategisch interessant: Sie erhoffen sich im Gegenzug die Genehmigung zur Vergrößerung ihrer Verkaufsflächen, was durch das städtische Einzelhandelskonzept sonst oft eingeschränkt ist.




