Das Erzbistum Köln trauert um Prälat Josef Sauerborn. Der emeritierte Domkapitular und langjährige Künstlerseelsorger verstarb im Alter von 77 Jahren nach langer und schwerer Krankheit. Sauerborn galt als prägende Gestalt, die über Jahrzehnte als geistlicher Begleiter für Priesteramtskandidaten und als Brückenbauer zwischen Kirche und Kunst wirkte.
Das Wichtigste in Kürze
- Prälat Josef Sauerborn ist im Alter von 77 Jahren nach schwerer Krankheit gestorben.
- Er war über 19 Jahre lang als Künstlerseelsorger im Erzbistum Köln tätig.
- Als Spiritual begleitete er zahlreiche Priesteramtskandidaten auf ihrem Weg.
- Sauerborn war maßgeblich an der Vermittlung bei der Entstehung des Richter-Fensters im Kölner Dom beteiligt.
- Das Pontifikalrequiem findet am 30. September um 10 Uhr im Kölner Dom statt.
Ein Leben im Dienst von Glaube und Kunst
Prälat Josef Sauerborn war eine bekannte und geschätzte Persönlichkeit im kirchlichen Leben Kölns. Sein Tod hinterlässt eine spürbare Lücke, sowohl in der Seelsorge als auch in der Kulturszene. Er wurde nicht nur als Priester, sondern auch als einfühlsamer Gesprächspartner und Mentor wahrgenommen.
Sein Wirken erstreckte sich über zwei zentrale Bereiche: die Begleitung von Kunstschaffenden und die geistliche Ausbildung zukünftiger Priester. In beiden Rollen zeichnete er sich durch seine Fähigkeit aus, zuzuhören und Menschen in ihrer jeweiligen Lebensrealität ernst zu nehmen.
Künstlerseelsorger aus Überzeugung
Seit dem Jahr 2004 hatte Sauerborn das Amt des Künstlerseelsorgers inne. Mehr als 19 Jahre lang füllte er diese Aufgabe mit Leben. Er selbst blickte auf diese Zeit "voller Dankbarkeit und großer Freude, so vielen Frauen und Männern begegnet zu sein, die in der Kunst stehen".
Sein Ansatz war dabei nicht von oben herab, sondern von Respekt und stiller Präsenz geprägt. Er besuchte Künstlerinnen und Künstler in ihren Ateliers, um ihre Arbeits- und Lebenswelt zu verstehen. Der "Geruch von Farbe", wie er es nannte, war für ihn ein Ausdruck der kreativen Atmosphäre, der er mit Wertschätzung begegnete.
Ein Höhepunkt seiner Tätigkeit war der jährlich stattfindende "Aschermittwoch der Künstler", den er als wichtigen Ort des Dialogs zwischen Kirche und Kunst etablierte. Hier schuf er einen Raum für Begegnung und Austausch auf Augenhöhe.
Vermittler beim Richter-Fenster
Eine seiner größten Herausforderungen und zugleich ein bedeutendes Vermächtnis war seine Rolle bei der Entstehung des Richter-Fensters im Kölner Dom. Er vermittelte in dem komplexen Prozess zwischen dem Künstler Gerhard Richter, dem Domkapitel und dem damaligen Erzbischof, Kardinal Meisner. Sauerborns Bemühen um Verständigung trug maßgeblich dazu bei, dieses heute weltberühmte Kunstwerk zu realisieren.
Geistlicher Begleiter für den Priesternachwuchs
Parallel zu seiner Arbeit mit Künstlern war Prälat Sauerborn über viele Jahre als Spiritual im Erzbischöflichen Priesterseminar und im Diakoneninstitut tätig. In dieser Vertrauensposition war er ein wichtiger geistlicher Mentor für angehende Priester und Diakone.
Er vertrat eine klare und moderne Haltung zur Priesterausbildung. Die Zeit einer rein klösterlich geprägten Ausbildung sah er als vorbei an. Stattdessen plädierte er für "Weltpriester", die "mitten in der Welt" stehen und auf die realen Herausforderungen des Lebens vorbereitet sind.
"Was mit Ihnen los ist, zeigt sich, wenn Sie die Haustüre zumachen und nicht, wenn Sie in Aktion sind."
Dieser Rat verdeutlicht sein tiefes Verständnis für die menschliche Seite des Priesterberufs. Er ermutigte die Seminaristen, auf ihre innere Stimme zu hören und authentisch zu sein, anstatt sich nur in äußeren Aktivitäten zu verlieren.
Gelebte Spiritualität und persönliche Krisen
Sauerborn sprach offen über die "ganz gewaltigen Krisen", die sein eigenes Leben prägten. Diese Erfahrungen machten ihn zu einem glaubwürdigen Seelsorger, der die Zerbrechlichkeit des menschlichen Lebens kannte. Sein Glaube war kein starres Konstrukt, sondern ein Fundament, das ihn durch alle Höhen und Tiefen trug. Dies zeigte sich auch in der Liturgie, wo er die Gebete oft auswendig und aus dem Herzen sprach, was von einer tief verinnerlichten Spiritualität zeugte.
Ein Domkapitular mit Blick für das Detail
Als Mitglied des Kölner Domkapitels prägte Sauerborn das liturgische Leben in der Kathedrale mit. Seine Predigten waren bekannt für ihre bildhafte Sprache und ihre theologische Tiefe. Er hatte eine besondere Beziehung zu den Kunstwerken des Doms.
Besonders beeindruckte ihn das "Ältere Bibelfenster". Er beschrieb oft, wie die Morgensonne durch die Darstellung der "Entwöhnung des Isaak" schien, wenn er auf dem Weg zur Messe war – für ihn ein täglicher "Gruß des Himmels".
Auch im Ruhestand aktiv
Vor zwei Jahren trat Prälat Sauerborn offiziell in den Ruhestand, doch sein Engagement endete damit nicht. Er blieb weiterhin als gefragter Beichtvater, Prediger und geistlicher Begleiter aktiv. Seine offene Art und seine Bereitschaft für spontane Begegnungen wurden von vielen Menschen geschätzt.
Sein Leben war ein Beispiel dafür, wie sich geistliche Tiefe, künstlerische Offenheit und seelsorgerische Nähe verbinden lassen. Er hinterlässt das Bild eines stillen, aufmerksamen Menschen, der zuhörte, verstand und Wege für andere öffnete.
Abschied im Kölner Dom
Die kirchliche Gemeinschaft und die Öffentlichkeit haben die Möglichkeit, sich von Prälat Josef Sauerborn zu verabschieden.
- Veranstaltung: Pontifikalrequiem
- Leitung: Erzbischof von Köln, Rainer Maria Kardinal Woelki
- Datum: Dienstag, 30. September 2025
- Uhrzeit: 10:00 Uhr
- Ort: Kölner Dom
Mit seinem Tod verliert Köln eine Stimme der Vermittlung und der Menschlichkeit, die in Zeiten kirchlicher Krisen stets zuversichtlich blieb. Er war überzeugt, dass es auch in 100 Jahren noch Katholiken am Rhein geben wird, wenn sich die Kirche auf ihren Kern besinnt: die Verkündigung des Glaubens in Wort und Tat.




