Die Diskussion um den Video-Assistent-Referee (VAR) in der Fußball-Bundesliga hat nach mehreren umstrittenen Vorfällen am vergangenen Wochenende einen neuen Höhepunkt erreicht. Technische Pannen, minutenlange Spielunterbrechungen und unklare Entscheidungen führten zu erheblichem Unmut bei Fans, Spielern und Trainern.
Besonders die Spiele mit Beteiligung des 1. FC Köln und Fortuna Düsseldorf rückten die Probleme des Systems in den Fokus. Die Technologie, die den Fußball eigentlich gerechter machen sollte, steht zunehmend in der Kritik, den Spielfluss zu stören und für Verwirrung zu sorgen.
Die wichtigsten Punkte
- In Köln und Düsseldorf dauerten VAR-Überprüfungen jeweils rund sechs Minuten und sorgten für massive Verzögerungen.
 - Technische Ausfälle, wie bei der halbautomatischen Abseitstechnologie auf St. Pauli, häufen sich.
 - Der Unmut der Fans äußerte sich in stadionübergreifenden Protestgesängen gegen den Videobeweis.
 - Trainer und Vereinsverantwortliche kritisieren die langen Wartezeiten und die mangelnde Transparenz der Entscheidungen.
 
Minutenlange Ungewissheit in den Stadien
Ein zentraler Kritikpunkt sind die extrem langen Wartezeiten bei Überprüfungen. Beim Spiel des 1. FC Köln gegen den Hamburger SV (4:1) wurde ein Tor der Gäste minutenlang analysiert. Erst nach etwa sechs Minuten nahm Schiedsrichter Daniel Schlager den Treffer zurück.
Die lange Dauer der Überprüfung, bei der zunächst eine Abseitsstellung und anschließend ein Foulspiel geprüft wurde, sorgte für Ratlosigkeit. „Es hat sehr, sehr lange gedauert. Das gebe ich zu“, räumte Schiedsrichter Schlager nach dem Spiel ein.
„Was mich an der Situation stört, ist, dass das gefühlt sechseinhalb Minuten dauert, bis einem auffällt, dass es eventuell ein Foulspiel ist.“– Merlin Polzin, HSV-Trainer
Eine ähnliche Szene ereignete sich in der 2. Bundesliga bei der Partie zwischen Fortuna Düsseldorf und dem 1. FC Kaiserslautern. Auch hier dauerte die Überprüfung eines Abseitstores fast sechs Minuten. Fortuna-Trainer Markus Anfang äußerte den Verdacht, dass die Technik ausgefallen sei. Solche Unterbrechungen können den Rhythmus eines Spiels empfindlich stören und ein Team um sein Momentum bringen.
Zahlen des Wartens
Die durchschnittliche Dauer einer VAR-Überprüfung in der Bundesliga liegt offiziell bei etwa 70 Sekunden. Die jüngsten Vorfälle mit Wartezeiten von bis zu 360 Sekunden weichen dramatisch von diesem Zielwert ab und belasten die Geduld aller Beteiligten.
Wiederholte technische Pannen
Neben den langen Überprüfungen machen auch technische Defekte dem System zu schaffen. Beim Spiel des FC St. Pauli gegen Borussia Mönchengladbach fiel die im Sommer eingeführte halbautomatische Abseitserkennung bereits zum dritten Mal in dieser Saison aus.
Die Abseitslinie musste von den Videoassistenten manuell gezogen werden, was den Prozess verlangsamt und die Fehleranfälligkeit erhöht. Die Technologie, die eigentlich für schnelle und präzise Entscheidungen sorgen sollte, erweist sich als unzuverlässig.
Oke Göttlich, Präsident des FC St. Pauli, äußerte sich kritisch über die wiederholten Ausfälle. „Selbstverständlich ist das ein Ärgernis, weil man bezahlt ja, um etwas zu bekommen. Wenn man das nicht bekommt, dann muss man ja zumindest mal die Frage stellen dürfen, ob man das Geld dann vielleicht irgendwann wieder zurückbekommt“, sagte Göttlich nach der Partie.
Was ist die halbautomatische Abseitstechnologie?
Dieses System nutzt spezielle Kameras unter dem Stadiondach und einen Sensor im Ball, um die genaue Position von Spielern und Ball in Echtzeit zu verfolgen. Eine künstliche Intelligenz wertet die Daten aus und meldet dem Videoassistenten eine mögliche Abseitsposition. Fällt das System aus, muss wie früher manuell eine kalibrierte Linie gezogen werden.
Fan-Proteste: „Ihr macht unseren Sport kaputt“
Die wachsende Frustration entlädt sich zunehmend in den Fankurven. Während der langen Unterbrechung in Köln schallte ein bemerkenswerter Gesang durch das Stadion: „Ihr macht unseren Sport kaputt.“ Das Besondere daran war, dass sowohl die Fans des 1. FC Köln als auch die des Hamburger SV gemeinsam sangen und so ihren vereinsübergreifenden Unmut deutlich machten.
Diese Proteste zeigen, dass der Videobeweis in seiner aktuellen Form von vielen Anhängern nicht mehr als Bereicherung, sondern als Belastung empfunden wird. Die Intransparenz der Entscheidungen im Stadion und die langen Pausen zerstören die emotionale Dynamik eines Fußballspiels.
Ursprünglich sollte der VAR den Fußball gerechter machen und klare Fehlentscheidungen korrigieren. Aktuell scheint es jedoch, als schaffe er durch seine fehlerhafte und langwierige Anwendung neue Probleme und Kontroversen, anstatt sie zu lösen. Die Verantwortlichen stehen vor der Herausforderung, die technologischen und prozeduralen Mängel schnellstmöglich zu beheben, um das Vertrauen in das System wiederherzustellen.




