Die nordrhein-westfälische Landesregierung plant im kommenden Jahr erhebliche Einsparungen, die auch die Polizei betreffen. Während das Innenministerium von notwendigen Konsolidierungen spricht, warnt die Gewerkschaft der Polizei (GdP) vor „verheerenden“ Folgen für die innere Sicherheit und die Karrierechancen junger Beamter.
Die wichtigsten Punkte
- Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisiert den Haushaltsentwurf für 2026 als unzureichend.
- Geplant sind Einsparungen bei Fahrzeugen, Schutzkleidung sowie Aus- und Weiterbildung.
- Die Personalausgaben sollen zwar um 366 Millionen Euro steigen, die GdP befürchtet jedoch, dass die Inflation diesen Zuwachs aufzehrt.
- Ein zentraler Kritikpunkt ist die Stellenplanung, die laut GdP die Aufstiegschancen für junge Polizisten massiv einschränkt.
- Das Innenministerium verteidigt die Pläne und bewertet die Beförderungsmöglichkeiten als weiterhin gut.
Ein Sparhaushalt mit Folgen für die Sicherheit
Aufgrund sinkender Steuereinnahmen hat die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen für das kommende Jahr einen „Sparhaushalt“ angekündigt. Laut einer Regierungsvorlage für den Innenausschuss sind „erhebliche Kürzungen“ in vielen Bereichen unumgänglich. Auch die Polizei, die mit rund 54.000 Beschäftigten eine der größten Behörden des Landes ist, muss ihren Beitrag leisten.
Obwohl die Landesregierung betont, der Polizei-Etat sei eine „Investition in die Sicherheit unseres Landes“, stößt der Entwurf auf heftigen Widerstand. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sieht die Funktionsfähigkeit der Sicherheitsbehörden durch die geplanten Maßnahmen gefährdet.
Hintergrund: Die Polizei in NRW
In Nordrhein-Westfalen sind derzeit etwa 54.000 Menschen im Polizeidienst beschäftigt. Davon sind mehr als 44.000 verbeamtete Polizeikräfte. Der Personal- und Sachaufwand für diesen Apparat stellt einen der größten Posten im Landeshaushalt dar.
Analyse der geplanten Finanzen
Der Haushaltsentwurf sieht auf den ersten Blick eine positive Entwicklung vor. Die Personalausgaben sollen um rund 366 Millionen Euro auf insgesamt etwa 3,4 Milliarden Euro ansteigen. Dieses Plus soll die Gehälter der Beamtinnen und Beamten sichern.
Gleichzeitig stagnieren jedoch die Sachausgaben. Konkret wird bei der Beschaffung von Dienstfahrzeugen sowie bei Dienst- und Schutzkleidung gespart. Diese Maßnahmen sind Teil des „notwendigen Konsolidierungsbeitrags für den Haushalt“, wie es in der Regierungsvorlage heißt.
Kritik an den Sparmaßnahmen im Detail
Patrick Schlüter, der Landesvorsitzende der GdP, hält diese Rechnung für eine Milchmädchenrechnung. Er argumentiert, dass die allgemeine Preissteigerung das „zarte Plus“ bei den Personalkosten schnell wieder zunichtemachen werde.
„Das zarte Plus bei den Personalausgaben wird schnell von den allgemeinen Preissteigerungen aufgefressen“, so Patrick Schlüter, Landesvorsitzender der GdP.
Besonders kritisch sieht die Gewerkschaft die geplante Kürzung von einer Million Euro im Bereich Aus- und Weiterbildung. „So wird man den stark gestiegenen Herausforderungen bei der Inneren Sicherheit nicht gerecht“, erklärt Schlüter. Fortbildungen seien essenziell, um auf neue Kriminalitätsphänomene und technische Entwicklungen reagieren zu können.
Keine neuen Taser aus Haushaltsgründen
Die GdP vermisst zudem die Bereitstellung von Mitteln für die Anschaffung weiterer Taser (Elektroschockwaffen). Laut Innenministerium liegt dies jedoch nicht am Sparzwang. Vor einer flächendeckenden Ausstattung müssten zunächst zwei Untersuchungen zu den bisherigen Einsatzerfahrungen ausgewertet werden. Die Entscheidung ist also vertagt.
Streitpunkt Beförderungen und Karriereperspektiven
Der größte Ärger entzündet sich jedoch am geplanten Stellenplan für das kommende Jahr. Der Entwurf sieht zwar einen deutlichen Zuwachs an Stellen in der Eingangsbesoldungsstufe A9 vor, was Neueinstellungen ermöglicht.
Gleichzeitig stagniert oder sinkt die Zahl der Stellen in den höheren Besoldungsstufen. Für die GdP ist das ein fatales Signal an den Polizeinachwuchs. Junge Polizistinnen und Polizisten hätten dadurch kaum noch realistische Aufstiegschancen.
Gewerkschaft warnt vor Demotivation
Patrick Schlüter findet hierzu deutliche Worte und wirft der Regierung vor, die Zukunftsperspektiven der Beamten zu beschneiden.
„So klaut man jungen Kolleginnen und Kollegen die Perspektive“, kritisiert der GdP-Landesvorsitzende.
Er fordert dringende Nachbesserungen von der Landesregierung, um die Attraktivität des Polizeiberufs nicht zu gefährden. Ohne klare Karrierewege bestehe die Gefahr, dass die Motivation innerhalb der Truppe sinke und qualifizierte Kräfte abwandern.
Das Besoldungssystem A9
Die Besoldungsgruppe A9 ist in der Regel das Einstiegsamt für Polizeikommissarinnen und -kommissare im gehobenen Dienst nach Abschluss ihres Studiums. Ein Aufstieg in höhere Besoldungsgruppen (A10, A11 usw.) ist an Beförderungsstellen geknüpft. Wenn diese Stellen nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen, entsteht ein „Beförderungsstau“.
Innenministerium weist Kritik zurück
Das von Herbert Reul (CDU) geführte Innenministerium kann die scharfe Kritik der Gewerkschaft nicht nachvollziehen. Ein Sprecher des Ministeriums erklärte auf Anfrage, dass die Beförderungsmöglichkeiten bei der NRW-Polizei weiterhin gut seien.
Man müsse die Entwicklung über einen längeren Zeitraum betrachten. Aus dieser Perspektive seien die Chancen „vergleichsweise durchaus gut zu bewerten“, so der Sprecher. Die Regierung sieht die Karrierewege also nicht in dem Maße gefährdet, wie es die GdP darstellt.
Die Debatte um den Polizeietat wird in den kommenden Wochen im Landtag weitergeführt. Es bleibt abzuwarten, ob die Landesregierung auf die Forderungen der Gewerkschaft eingehen und den Haushaltsentwurf anpassen wird.




