Die Grünen in Rheinland-Pfalz haben auf einem Parteitag in Bingen ihren Kurs für die Landtagswahl 2026 festgelegt. Mit einem einstimmig verabschiedeten Programm positioniert sich die Partei mit klaren Forderungen zu Klimaschutz, Wohnen und Verkehr. Gleichzeitig grenzt sich Spitzenkandidatin Katrin Eder deutlich von den Ampel-Kooperationspartnern SPD und FDP sowie der CDU ab.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Grünen in Rheinland-Pfalz haben ihr Wahlprogramm für die Landtagswahl am 22. März 2026 einstimmig beschlossen.
- Kernpunkte sind die Beschleunigung der Verkehrswende, die Förderung von bezahlbarem Wohnraum und der Ausbau erneuerbarer Energien.
- Spitzenkandidatin Katrin Eder übte scharfe Kritik an den Koalitionspartnern SPD und FDP sowie an der Bundes-CDU.
- Die Partei will sich als progressive Kraft gegen einen von ihr befürchteten „schwarz-roten Rollback“ positionieren.
Positionierung für einen herausfordernden Wahlkampf
Weniger als zwei Jahre vor der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz haben die Grünen ihre inhaltlichen Weichen gestellt. Auf einem Parteitag in Bingen stimmten über 200 Delegierte geschlossen für ein Programm, das die Partei als treibende Kraft für Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit etablieren soll. Die Stimmung war von Entschlossenheit geprägt, sich in einem schwieriger werdenden politischen Umfeld zu behaupten.
Spitzenkandidatin und amtierende Klimaschutzministerin Katrin Eder rief ihre Partei zu einem selbstbewussten Auftreten auf. „Wir zeigen angstfrei Rückgrat für unsere Themen“, erklärte sie vor den Delegierten. Es gehe darum, eine progressive Stimme in der Landesregierung zu bleiben und für Empathie, Vielfalt und Weltoffenheit einzustehen.
Die politische Ausgangslage
Die Landtagswahl in Rheinland-Pfalz findet am 22. März 2026 statt. Aktuelle Umfragen deuten auf ein enges Rennen hin. Die CDU liegt derzeit vor der SPD, während die FDP um den Wiedereinzug in den Landtag bangen muss. Die Grünen selbst stehen in den Umfragen bei etwa zehn Prozent. Ob die aktuelle Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP eine erneute Mehrheit erlangen kann, ist ungewiss.
Eder warnte eindringlich vor einem politischen Rückschritt im Land. „Wir wollen nicht, dass Rheinland-Pfalz in den schwarz-roten Rollback verfällt“, betonte sie mit Blick auf die Umfragewerte der CDU und SPD. Diese Sorge war ein zentrales Motiv der Veranstaltung.
Klimaschutz und Verkehrswende als Kernanliegen
Im Zentrum des verabschiedeten Programms stehen konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und zur Neuausrichtung der Mobilität. Die Grünen wollen die Energiewende entschlossen vorantreiben und die Verkehrspolitik stärker auf öffentliche Verkehrsmittel und das Fahrrad ausrichten.
Zu den zentralen Forderungen im Bereich Mobilität gehört die Einführung eines kostenlosen Deutschlandtickets für Schülerinnen und Schüler sowie für junge Menschen im Freiwilligen Sozialen Jahr. Dies soll Familien entlasten und die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs von klein auf fördern.
Konkrete Pläne der Grünen
- Finanzielle Beteiligung: Betreiber von Windkraft- und Photovoltaikanlagen sollen gesetzlich verpflichtet werden, einen Teil ihrer Einnahmen an die Standortkommunen abzugeben.
- Radverkehr: Der Bau von Pendlerradrouten soll durch eine zentralisierte Planung beschleunigt werden, um schnellere Verbindungen für den Alltagsverkehr zu schaffen.
- Klimafonds: Ein landeseigener Zukunftsfonds soll eingerichtet werden, um Klimaschutzmaßnahmen zusätzlich zu Bundesmitteln zu finanzieren.
Kritik an der „fossilen“ Politik
Katrin Eder sparte nicht mit Kritik an politischen Gegnern und Partnern. Sie warf Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) vor, „Stimmung gegen die Energiewende“ zu machen. Auch Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) wurde für seine Haltung kritisiert, dass Verbrennungsmotoren mit den Klimazielen bis 2045 vereinbar seien.
„Man hat den Eindruck, das fossile Imperium schlägt zurück und das dürfen wir nicht hinnehmen.“
Eder bemängelte, dass die EU Klimaziele aufweiche und große Konzerne weiterhin auf die Förderung von Öl und Gas setzten. Sie kritisierte auch Unternehmen wie die BASF, die den Emissionshandel bekämpften. Diese Entwicklungen zeigten, wie wichtig eine starke grüne Stimme sei.
Soziale Gerechtigkeit: Wohnen und Integration im Fokus
Ein weiterer Schwerpunkt des Programms ist die soziale Dimension der Klimapolitik. Die Grünen wollen den sozialen Wohnungsbau stärken und die Sanierung von Bestandsgebäuden fördern. „Das Thema Wohnen ist auch eine soziale Frage“, erklärte Eder.
Sie stellte die rhetorische Frage, wer in ungedämmten Dachgeschosswohnungen oder an lauten Straßen lebe. „Das sind nicht die, die sich die Villa am Waldrand leisten können.“ Daraus leitete sie die Schlussfolgerung ab, dass der Kampf gegen den Klimawandel und soziale Gerechtigkeit untrennbar miteinander verbunden seien. Konkret sollen Kommunen bei der Gründung eigener Wohnungsbaugesellschaften unterstützt werden.
Debatte um Integration und Abschiebungen
Eine emotionale Debatte entwickelte sich um das Thema Integration. Ein Antrag der Grünen Jugend, einen generellen Abschiebestopp für Kinder und Jugendliche zu fordern, fand keine Mehrheit. Stattdessen einigten sich die Delegierten auf eine Formulierung, die der Integration einen höheren Stellenwert bei der Entscheidung über ein Bleiberecht einräumt.
Integrationsministerin Katharina Binz mahnte, die rechtliche Machbarkeit solcher Forderungen nicht aus den Augen zu verlieren. Der Kompromiss zeigt das Ringen der Partei zwischen humanitären Idealen und den Realitäten der Regierungspolitik.
Abgrenzung nach Rechts und Kritik an der Union
Die Grünen positionierten sich auf dem Parteitag klar gegen Rechtsextremismus und Populismus. Britta Haßelmann, Vorsitzende der grünen Bundestagsfraktion, war als Gastrednerin geladen und warf der CDU vor, inhaltlich der AfD nachzulaufen.
Sie kritisierte die Reaktionen aus der Unionsfraktion auf Äußerungen des CDU-Außenpolitikers Johann Wadephul, der nach einer Syrien-Reise anmerkte, dass dort ein würdiges Leben nicht möglich sei. „Ich wünsche mir so sehr, auch für die CDU, dass man in solchen Fragen den Kompass nicht verliert“, so Haßelmann.
Auch Eder warnte, dass die „Saat der Einschüchterung“ von rechter Seite auch in Rheinland-Pfalz aufgehe. Sie kritisierte CDU-Chef Friedrich Merz für seine Aussagen zum sich verändernden Stadtbild. Die Ursache für Probleme in Städten und Dörfern seien nicht Menschen mit Migrationshintergrund, sondern eine „konservative Sparpolitik“ der letzten Jahrzehnte.
Mit diesem Programm gehen die Grünen in Rheinland-Pfalz nun in die Vorbereitung für einen Wahlkampf, der nach Einschätzung vieler Beobachter richtungsweisend für die politische Zukunft des Landes sein wird.




