Die Deutsche Lufthansa prüft die Einstellung unrentabler Flugverbindungen an mehreren deutschen Flughäfen, darunter auch Köln/Bonn. Als Gründe nennt der Konzern gestiegene Standortkosten und die erhöhte Luftverkehrsteuer. Lufthansa-Chef Jens Ritter übte in diesem Zusammenhang deutliche Kritik an der Bundesregierung und warnte vor einer Schwächung des Luftverkehrsstandorts Deutschland.
Das Wichtigste in Kürze
- Lufthansa prüft die Streichung von Flugverbindungen, die nicht mehr wirtschaftlich sind.
- Mehrere Flughäfen wie Köln/Bonn, Stuttgart und Leipzig sind potenziell betroffen.
- Hauptgründe sind die gestiegenen Standortkosten und die im Mai 2024 erhöhte Luftverkehrsteuer.
- Konzernchef Jens Ritter kritisiert die fehlende Entlastung durch die Bundesregierung.
Welche Flughäfen könnten betroffen sein?
Die Ankündigung der Lufthansa sorgt bei Passagieren und in den betroffenen Regionen für Verunsicherung. Die Liste der Flughäfen, die aus wirtschaftlicher Sicht überprüft werden, ist laut Unternehmensführung lang. Vor allem kleinere und mittlere Standorte stehen im Fokus, da hier die Gewinnmargen oft geringer sind als an den großen Drehkreuzen Frankfurt und München.
Lufthansa-Chef Jens Ritter nannte gegenüber der „Berliner Morgenpost“ konkret mehrere Flughäfen, die einer genauen Prüfung unterzogen werden. Sollten sich Verbindungen dort als dauerhaft unrentabel erweisen, droht die Streichung.
„Wenn Verbindungen unrentabel werden, sind wir gezwungen, Strecken zu reduzieren und die Flugzeuge woanders einzusetzen“, erklärte Ritter die strategische Notwendigkeit hinter den Überlegungen.
Zu den genannten Standorten gehören neben dem Flughafen Köln/Bonn auch:
- Bremen
- Dresden
- Leipzig
- Münster
- Nürnberg
- Stuttgart
Diese Entwicklung folgt auf einen ähnlichen Schritt des Konkurrenten Ryanair. Die irische Billigfluglinie hatte bereits in der Vergangenheit zahlreiche Verbindungen von deutschen Flughäfen gestrichen und dies ebenfalls mit zu hohen Kosten begründet.
Die Ursachen: Steuern und Standortkosten
Die Überlegungen der Lufthansa basieren auf zwei wesentlichen Kostentreibern: der staatlichen Luftverkehrsteuer und den allgemeinen Betriebskosten an den deutschen Flughäfen. Die Kombination beider Faktoren setzt die Fluggesellschaften zunehmend unter Druck.
Die erhöhte Luftverkehrsteuer im Detail
Ein zentraler Punkt der Kritik ist die von der Bundesregierung im Mai 2024 deutlich angehobene Luftverkehrsteuer. Diese Abgabe wird pro Passagier für jeden Abflug von einem deutschen Flughafen erhoben und verteuert Tickets direkt. Die Erhöhung betrug für alle Streckenlängen rund 24 Prozent.
Anstieg der Luftverkehrsteuer seit Mai 2024
Die Steuer wurde wie folgt angepasst:
- Kurzstrecken: von 12,48 Euro auf 15,53 Euro pro Ticket.
- Mittelstrecken: von 31,61 Euro auf 39,34 Euro pro Ticket.
- Langstrecken: von 56,91 Euro auf 70,83 Euro pro Ticket.
Diese zusätzlichen Kosten müssen von den Fluggesellschaften entweder an die Kunden weitergegeben werden, was die Nachfrage senken kann, oder sie schmälern die ohnehin knappen Margen auf wettbewerbsintensiven Routen. Besonders bei Kurzstreckenflügen, wo der Ticketpreis oft niedrig ist, fällt die Steuer prozentual stark ins Gewicht.
Wachsende Betriebskosten an Flughäfen
Neben der Steuerlast verweist die Lufthansa auf allgemein gestiegene „Standortkosten“. Darunter fallen verschiedene Gebühren, die Fluggesellschaften für die Nutzung der Flughafeninfrastruktur entrichten müssen. Dazu gehören beispielsweise Start- und Landegebühren, Parkgebühren für Flugzeuge sowie Kosten für die Passagierabfertigung.
Diese Kosten sind in den letzten Jahren aufgrund von Inflation, höheren Energiepreisen und gestiegenen Personalkosten ebenfalls angestiegen. Für die Fluggesellschaften bedeutet dies eine zusätzliche finanzielle Belastung, die die Rentabilität einzelner Strecken direkt beeinflusst.
Kritik an der Bundesregierung wächst
Jens Ritter äußerte im Namen der Lufthansa deutliches Unverständnis für die Politik der Bundesregierung. Er kritisierte, dass im Haushaltsentwurf für das Jahr 2026 keine Maßnahmen zur Entlastung des Luftverkehrs vorgesehen sind. Dies stehe im Widerspruch zu früheren politischen Zusagen.
Gebrochenes Versprechen?
Laut Ritter hatten Union und SPD im früheren Koalitionsvertrag vereinbart, die Abgabenlast für die Luftfahrtbranche zu überprüfen und Steuererhöhungen zurückzunehmen. Die aktuelle Entwicklung mit der Steuererhöhung im Jahr 2024 und dem Ausbleiben von Entlastungen für 2026 wird von der Branche als Wortbruch empfunden.
„Es ist sehr enttäuschend, dass die Bundesregierung im Haushaltsentwurf für 2026 keinerlei Entlastung für Flüge ab Deutschland plant“, so der Lufthansa-Chef. Die Branche argumentiert, dass die hohen Abgaben die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Flughäfen im Vergleich zu europäischen Drehkreuzen wie Amsterdam, Istanbul oder Wien schwächen. Dort seien die staatlichen Belastungen teilweise deutlich geringer, was es ausländischen Fluggesellschaften erleichtere, günstigere Tickets anzubieten.
Die Sorge ist, dass der Luftverkehr zunehmend an Deutschland vorbeigelenkt wird, wenn die Rahmenbedingungen hierzulande unattraktiv bleiben. Dies könnte nicht nur Arbeitsplätze bei Fluggesellschaften und Flughäfen gefährden, sondern auch die Anbindung deutscher Wirtschaftsregionen an internationale Märkte beeinträchtigen.
Was bedeuten mögliche Streichungen für Passagiere?
Sollte die Lufthansa ihre Ankündigung wahrmachen, hätte dies direkte Folgen für Reisende. Eine Reduzierung des Flugangebots bedeutet weniger Auswahl bei den Verbindungen und potenziell steigende Preise auf den verbleibenden Strecken durch geringeren Wettbewerb.
Insbesondere für Geschäftsreisende und Touristen aus den betroffenen Regionen würde die Anbindung an wichtige Ziele erschwert. Statt eines Direktfluges vom nahegelegenen Flughafen müssten Passagiere möglicherweise längere Anfahrtswege zu größeren Drehkreuzen wie Frankfurt oder München in Kauf nehmen. Dies führt zu einem höheren Zeitaufwand und zusätzlichen Kosten.
Für die betroffenen Flughäfen selbst hätte ein Rückzug der Lufthansa ebenfalls gravierende Folgen. Die Fluggesellschaft ist an vielen Standorten ein wichtiger Partner und Frequenzbringer. Weniger Flüge bedeuten weniger Passagiere und damit geringere Einnahmen aus Gebühren, aber auch aus dem Einzelhandel und der Gastronomie in den Terminals. Langfristig könnte eine Ausdünnung des Flugplans die wirtschaftliche Grundlage kleinerer Regionalflughäfen gefährden.




