Für viele Eltern ist die Jobsuche mit einer großen Unsicherheit verbunden: Soll man die eigenen Kinder im Lebenslauf oder im Bewerbungsgespräch erwähnen? Die Sorge, aufgrund der familiären Situation benachteiligt zu werden, ist weit verbreitet. Doch die rechtliche Lage ist klarer, als viele denken, und bietet Bewerbern mehr Schutz, als oft angenommen wird.
Ein Kölner Fachanwalt für Arbeitsrecht erklärt, wann Schweigen erlaubt ist und wann Offenheit zur Pflicht wird. Die Entscheidung, wie man mit dem Thema umgeht, kann den Bewerbungsprozess maßgeblich beeinflussen.
Das Wichtigste in Kürze
- Bewerber sind rechtlich nicht verpflichtet, Kinder in der Bewerbung anzugeben.
- Die Frage nach Kindern im Vorstellungsgespräch ist für Arbeitgeber unzulässig.
- Nach einer Jobzusage müssen Kinder aus steuerlichen Gründen dem Arbeitgeber gemeldet werden.
- Der Familienstand kann bei betriebsbedingten Kündigungen einen besseren Sozialschutz bieten.
Die schriftliche Bewerbung: Eine freiwillige Angabe
Der erste Schritt zum neuen Job ist die schriftliche Bewerbung. Schon hier stellt sich für Mütter und Väter die Frage, ob die Kinder im Lebenslauf auftauchen sollten. Die Antwort aus juristischer Sicht ist eindeutig: Niemand muss seine Kinder erwähnen.
„Es kann Ihnen keiner einen Strick daraus drehen, wenn Sie das nicht erwähnen“, bestätigt Volker Görzel, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Köln und Mitglied im Verband deutscher Arbeitsrechtsanwälte (VDAA). Die Entscheidung liegt allein beim Bewerber. Es gibt keine gesetzliche Vorschrift, die zur Angabe des Familienstandes oder der Anzahl der Kinder verpflichtet.
Diese Regelung soll Diskriminierung verhindern. Arbeitgeber sollen Kandidaten ausschließlich nach ihrer Qualifikation und Eignung für die ausgeschriebene Stelle bewerten. Persönliche Lebensumstände dürfen dabei keine Rolle spielen.
Das Vorstellungsgespräch: Souverän auf unzulässige Fragen reagieren
Die größte Hürde ist für viele das persönliche Gespräch. Was passiert, wenn der potenzielle Arbeitgeber direkt nach Kindern oder der Familienplanung fragt? Auch hier ist das Arbeitsrecht auf der Seite des Bewerbers.
Eine klare rechtliche Grenze
Fragen nach dem Familienstand, einer bestehenden Schwangerschaft oder der Kinderplanung sind im Bewerbungsgespräch grundsätzlich verboten. Sie verstoßen gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Trotzdem versuchen es einige Personaler immer wieder.
Wie man auf eine solche unzulässige Frage reagiert, ist eine Gratwanderung. „Da brauchen Sie Fingerspitzengefühl“, rät Anwalt Görzel. Rein rechtlich gesehen, könnte man die Antwort verweigern. Dies könnte im Gespräch jedoch für eine unangenehme Atmosphäre sorgen. Eine andere, ebenfalls rechtlich zulässige Option, ist die bewusste Falschaussage – das sogenannte „Recht zur Lüge“ bei unzulässigen Fragen.
Warum wird trotzdem gefragt?
Arbeitgeber stellen solche Fragen oft nicht aus böser Absicht, sondern aus pragmatischen Überlegungen. Sie möchten die Verfügbarkeit eines Kandidaten einschätzen, etwa im Hinblick auf flexible Arbeitszeiten, Überstunden oder kurzfristige Ausfälle wegen kranker Kinder. Rechtlich zulässig ist die Frage aber trotzdem nicht.
Strategien für die Antwort
Eine diplomatische Antwort ist oft der beste Weg. Man kann die Frage höflich zurückweisen, indem man den Fokus wieder auf die berufliche Qualifikation lenkt. Eine mögliche Antwort wäre: „Ich bin überzeugt, dass meine familiäre Situation meine hervorragende Leistung in dieser Position nicht beeinträchtigen wird. Lassen Sie uns lieber über meine Erfahrungen im Projektmanagement sprechen.“
Manchmal kann Offenheit aber auch unerwartete Vorteile bringen. Volker Görzel berichtet von einem Fall aus seiner Praxis, der dies verdeutlicht.
„Ich hatte tatsächlich den Fall, dass eine Bewerberin genommen wurde, weil sie ein Kind hat. Zwischen ihr und der Chefin habe es ‚gefunkt‘, weil ihre Kinder auf die gleiche Schule gehen sollten.“
Dieser Fall zeigt, dass die Erwähnung von Kindern auch eine persönliche Verbindung schaffen und Sympathie wecken kann. Es hängt stark von der Gesprächsatmosphäre und dem Gegenüber ab. Eine pauschale Empfehlung gibt es daher nicht.
Nach der Vertragsunterzeichnung: Jetzt wird es relevant
Während im Bewerbungsprozess Diskretion herrscht, ändert sich die Situation nach der Jobzusage grundlegend. Spätestens mit der Unterzeichnung des Arbeitsvertrags müssen Eltern ihren neuen Arbeitgeber über ihre Kinder informieren.
Der Kinderfreibetrag
Der Kinderfreibetrag ist ein Betrag, der vom zu versteuernden Einkommen abgezogen wird und so die Lohnsteuer reduziert. Damit dieser monatlich bei der Gehaltsabrechnung berücksichtigt wird, muss der Arbeitgeber die entsprechenden Informationen (elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale, kurz ELStAM) vom Finanzamt abrufen können.
„Denn der Familienstand wirkt sich auf die Gehaltsabrechnung aus“, erklärt Görzel. Für die korrekte Berechnung der Lohnsteuer und die Berücksichtigung von Kinderfreibeträgen benötigt die Personalabteilung diese Information. Arbeitnehmer sparen dadurch monatlich Steuern. Wer die Angabe vergisst, verschenkt also bares Geld, kann sich die zu viel gezahlten Steuern aber über die jährliche Einkommensteuererklärung zurückholen.
Kinder als Schutzfaktor bei Kündigungen
Ein weiterer wichtiger Aspekt, bei dem Kinder eine Rolle spielen, ist der Kündigungsschutz. Muss ein Unternehmen aus betriebsbedingten Gründen Personal abbauen, greift die sogenannte Sozialauswahl. Hierbei muss der Arbeitgeber soziale Kriterien berücksichtigen, um zu entscheiden, welcher von mehreren vergleichbaren Mitarbeitern gehen muss.
Zu diesen Kriterien gehören:
- Dauer der Betriebszugehörigkeit
- Lebensalter
- Unterhaltspflichten (für Kinder oder Ehepartner)
- Schwerbehinderung
„In der Regel sind diejenigen, die verheiratet sind und Kinder haben, eher geschützt als die unverheirateten Kinderlosen“, fasst der Anwalt zusammen. Das Vorhandensein von Kindern erhöht also die soziale Schutzbedürftigkeit und kann im Ernstfall den Arbeitsplatz sichern.




