Die Stadt Köln hat die Trägerin ihres renommierten Literaturpreises für das Jahr 2025 bekannt gegeben. Die Schriftstellerin Heike Geißler wird mit dem Heinrich-Böll-Preis ausgezeichnet. Diese Entscheidung traf eine Jury unter dem Vorsitz von Oberbürgermeisterin Henriette Reker, wie die Stadt am 22. Oktober 2025 mitteilte. Der Preis ist mit 30.000 Euro dotiert.
In der Begründung der Jury wird Geißlers literarisches Schaffen als wichtiger Gegenentwurf zu den gesellschaftlichen Tendenzen der permanenten Optimierung und Effizienzsteigerung gewürdigt. Ihre Werke böten eine kritische Reflexion über die moderne Arbeits- und Lebenswelt.
Das Wichtigste in Kürze
- Preisträgerin 2025: Die in Riesa geborene Autorin Heike Geißler.
- Auszeichnung: Heinrich-Böll-Preis der Stadt Köln, dotiert mit 30.000 Euro.
- Begründung der Jury: Ihre Literatur setzt sich kritisch mit dem gesellschaftlichen Zwang zur Optimierung auseinander.
- Verleihung: Die feierliche Übergabe des Preises ist für das Frühjahr 2026 in Köln geplant.
Eine Stimme gegen den Optimierungszwang
Die Jury, geleitet von Oberbürgermeisterin Henriette Reker, hob in ihrer Begründung die besondere gesellschaftliche Relevanz von Heike Geißlers Werk hervor. Ihre Romane und Essays analysieren die Mechanismen der modernen Leistungsgesellschaft und stellen die Frage, wie sich der Einzelne in einer Welt behaupten kann, die von Effizienzdenken und Selbstoptimierung geprägt ist.
Geißlers Literatur wird als ein Korrektiv verstanden, das den Blick auf die menschlichen Kosten dieser Entwicklungen lenkt. Die Jury betonte, dass ihre Texte zeigen, wie Literatur den vorherrschenden Narrativen widerstehen und alternative Perspektiven aufzeigen kann. Dies stehe ganz in der Tradition des Namensgebers Heinrich Böll, der sich ebenfalls kritisch mit den gesellschaftlichen Verhältnissen seiner Zeit auseinandersetzte.
Literarische Auseinandersetzung mit der Arbeitswelt
Ein zentrales Thema im Schaffen von Heike Geißler ist die Arbeitswelt. Sie beleuchtet prekäre Beschäftigungsverhältnisse und die psychologischen Auswirkungen von unsicheren und entfremdeten Arbeitsbedingungen. Ihre Fähigkeit, persönliche Erfahrungen in einen größeren gesellschaftlichen Kontext zu stellen, verleiht ihren Texten eine besondere Dringlichkeit und Authentizität.
Ihre Werke sind oft eine Mischung aus Fiktion, Autobiografie und Essay, was eine vielschichtige Auseinandersetzung mit den Themen ermöglicht. Diese literarische Form erlaubt es ihr, die Grenzen zwischen privatem Erleben und öffentlicher Debatte zu verwischen und so die politischen Dimensionen des Alltags sichtbar zu machen.
Fakten zum Heinrich-Böll-Preis
- Gründung: 1980 von der Stadt Köln
- Dotierung: 30.000 Euro
- Turnus: In der Regel alle zwei Jahre
- Namensgeber: Heinrich Böll (1917–1985), Kölner Literaturnobelpreisträger
- Ziel: Ehrung von Autoren, deren Werk zur Zivilcourage beiträgt und sich kritisch mit der Gesellschaft auseinandersetzt
Das Erbe Heinrich Bölls
Der Heinrich-Böll-Preis ist eine der bedeutendsten literarischen Auszeichnungen in Deutschland. Er wird seit 1980 von der Stadt Köln verliehen, um das Andenken an ihren Ehrenbürger und Literaturnobelpreisträger Heinrich Böll zu wahren. Der Preis ehrt Persönlichkeiten, die mit ihrem Werk einen wichtigen Beitrag zur deutschsprachigen Literatur leisten und sich gleichzeitig, im Sinne Bölls, durch ihr gesellschaftliches Engagement auszeichnen.
„Die Einmischung ist die einzige Möglichkeit, realistisch zu bleiben.“
– Heinrich Böll
Dieses Zitat von Heinrich Böll beschreibt den Geist des Preises treffend. Ausgezeichnet werden Autorinnen und Autoren, die sich nicht scheuen, unbequeme Fragen zu stellen und sich in öffentliche Debatten einzumischen. Die Jury sieht dieses Kriterium im Werk von Heike Geißler in herausragender Weise erfüllt.
Eine Reihe namhafter Preisträger
Heike Geißler reiht sich in eine Liste prominenter Preisträger ein. Vor ihr erhielten unter anderem Herta Müller, Lew Kopelew, Uwe Timm, Juli Zeh und zuletzt José F. A. Oliver die Auszeichnung. Die Verleihung des Preises an Geißler unterstreicht die fortwährende Aktualität der Themen, die bereits Böll beschäftigte: soziale Gerechtigkeit, die Würde des Einzelnen und die Kritik an entmenschlichenden Systemen.
Wer war Heinrich Böll?
Heinrich Böll (1917–1985) gilt als einer der wichtigsten deutschen Schriftsteller der Nachkriegszeit. Geboren in Köln, blieb er seiner Heimatstadt zeitlebens eng verbunden. In seinen Romanen, Kurzgeschichten und Essays setzte er sich kritisch mit der deutschen Geschichte, dem Katholizismus und den gesellschaftlichen Verhältnissen der Bundesrepublik auseinander. 1972 erhielt er als erster Deutscher nach dem Zweiten Weltkrieg den Nobelpreis für Literatur.
Über die Preisträgerin Heike Geißler
Heike Geißler, geboren 1977 in Riesa in der damaligen DDR, lebt und arbeitet heute in Leipzig. Sie studierte Amerikanistik und Germanistik und hat sich seit ihrem Debütroman „Rosa“ (2002) als eine wichtige Stimme der deutschen Gegenwartsliteratur etabliert.
Ihr Werk umfasst Romane, Essays und Hörspiele. Besondere Aufmerksamkeit erregte sie mit ihrem Roman „Saisonarbeit“ (2014), in dem sie ihre eigenen Erfahrungen als Aushilfskraft in einem Versandlager verarbeitete. Das Buch wurde für seine präzise Beobachtung und seine ungeschönte Darstellung prekärer Arbeitsverhältnisse gelobt.
Geißlers Schreiben zeichnet sich durch eine klare, analytische Sprache aus, die dennoch eine hohe literarische Qualität besitzt. Sie verbindet persönliche Reflexion mit scharfer Gesellschaftskritik und schafft es so, ihre Leser zum Nachdenken über die Strukturen anzuregen, die unser Leben bestimmen.
Ausblick auf die Preisverleihung
Die offizielle Verleihung des Heinrich-Böll-Preises 2025 an Heike Geißler wird im Frühjahr 2026 im Historischen Rathaus zu Köln stattfinden. Die Veranstaltung würdigt nicht nur das Werk der Preisträgerin, sondern ist auch ein wichtiges Ereignis für das kulturelle Leben der Stadt. Sie erinnert an die Bedeutung von Literatur als kritische Instanz in einer demokratischen Gesellschaft.
Mit der Wahl von Heike Geißler setzt die Stadt Köln ein Zeichen. Sie ehrt eine Autorin, die den Mut hat, den Finger in die Wunden der Gegenwart zu legen und die zeigt, dass Literatur mehr sein kann als nur Unterhaltung: ein wesentliches Mittel zur Reflexion und zur Veränderung der Gesellschaft.




