Eine Heirat ist ein privates Ereignis, das jedoch direkte Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis hat. Arbeitnehmer in Deutschland sind verpflichtet, ihren Arbeitgeber über eine Eheschließung zu informieren. Diese Mitteilung ist keine reine Formsache, sondern hat konkrete finanzielle und rechtliche Konsequenzen, die sowohl für den Mitarbeiter als auch für das Unternehmen von Bedeutung sind.
Die wichtigsten Gründe für die Informationspflicht liegen im Steuerrecht und im Kündigungsschutz. Während die Änderung des Personenstands an sich nicht meldepflichtig ist, führen die damit verbundenen steuerlichen Änderungen zu einer gesetzlichen Anzeigepflicht gegenüber dem Arbeitgeber.
Das Wichtigste in Kürze
- Steuerliche Relevanz: Nach einer Heirat ändert sich in der Regel die Lohnsteuerklasse, was der Arbeitgeber für die korrekte Lohnabrechnung wissen muss.
- Kündigungsschutz: Der Familienstand kann bei betriebsbedingten Kündigungen eine Rolle spielen, da die soziale Schutzbedürftigkeit von Verheirateten höher eingestuft wird.
- Gesetzliche Pflicht: Arbeitnehmer sind gesetzlich dazu verpflichtet, Änderungen mitzuteilen, die sich auf die Lohnsteuer auswirken.
Die steuerliche Notwendigkeit: Änderung der Lohnsteuerklasse
Der Hauptgrund, warum der Arbeitgeber über eine Heirat informiert werden muss, ist die Lohnsteuer. In Deutschland wird die Höhe der Lohnsteuer durch die Steuerklasse bestimmt. Ledige Arbeitnehmer befinden sich in der Regel in Steuerklasse I. Mit der Eheschließung ändert sich dieser Status.
Ehepaare haben die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Steuerklassenkombinationen zu wählen. Die gängigsten Optionen sind die Kombinationen IV/IV oder III/V. Diese Wahl hat direkten Einfluss auf die Höhe des monatlichen Nettoeinkommens. Der Arbeitgeber ist für den korrekten Lohnsteuerabzug verantwortlich und benötigt daher die aktuelle Steuerklasse des Mitarbeiters.
Hintergrund: Die Steuerklassen für Ehepaare
Nach der Heirat werden beide Partner automatisch in die Steuerklasse IV eingestuft. Diese Option ist sinnvoll, wenn beide etwa gleich viel verdienen. Verdient ein Partner deutlich mehr als der andere, kann die Kombination aus Steuerklasse III (für den Besserverdienenden) und V (für den Geringerverdienenden) vorteilhafter sein, um das monatliche Haushaltsnettoeinkommen zu maximieren. Die Entscheidung für eine Kombination muss dem Finanzamt mitgeteilt werden, welches die Information dann elektronisch für den Arbeitgeber bereitstellt (ELStAM-Verfahren).
Pflicht zur Mitteilung
Volker Görzel, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Köln, betont die rechtliche Verpflichtung. „Der Arbeitgeber muss wissen, in welcher Steuerklasse sich die Mitarbeiter befinden“, erklärt er. Zwar ist der Personenstand an sich eine private Angelegenheit, doch die steuerlichen Folgen machen die Mitteilung unumgänglich. Versäumt ein Arbeitnehmer diese Meldung, kann es zu falschen Steuerabzügen kommen, die später korrigiert werden müssen.
Verbesserter Kündigungsschutz für Verheiratete
Ein weiterer wichtiger Aspekt, der oft übersehen wird, betrifft den Kündigungsschutz. Zwar schützt eine Ehe nicht grundsätzlich vor einer Kündigung, sie kann aber bei betriebsbedingten Entlassungen ein entscheidender Faktor sein.
Wenn ein Unternehmen aus wirtschaftlichen Gründen Stellen abbauen muss, ist es gesetzlich verpflichtet, eine sogenannte Sozialauswahl durchzuführen. Das bedeutet, dass nicht willkürlich gekündigt werden darf. Stattdessen muss der Arbeitgeber soziale Kriterien berücksichtigen, um zu entscheiden, welcher von mehreren vergleichbaren Mitarbeitern gehen muss.
Die vier Kriterien der Sozialauswahl
Bei einer betriebsbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber laut § 1 Abs. 3 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) folgende vier Kriterien berücksichtigen:
- Dauer der Betriebszugehörigkeit
- Lebensalter des Arbeitnehmers
- Gesetzliche Unterhaltspflichten
- Schwerbehinderung
Die Rolle der Unterhaltspflicht
Die Heirat begründet eine gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber dem Ehepartner. Diese Unterhaltspflicht ist eines der zentralen Kriterien bei der Sozialauswahl. Ein verheirateter Mitarbeiter hat daher in der Regel eine höhere soziale Schutzbedürftigkeit als ein lediger Kollege ohne Kinder in einer vergleichbaren Position.
„Selbst wenn der Heiratsstatus keinen kompletten Schutz bietet, muss der Arbeitgeber die Unterhaltspflicht für die Familie oder den Ehepartner bei einer potenziellen Kündigung zumindest berücksichtigen.“
- Volker Görzel, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Dies bedeutet konkret: Stehen zwei Mitarbeiter zur Auswahl für eine Kündigung, von denen einer verheiratet ist und der andere nicht, wird der verheiratete Mitarbeiter unter sonst gleichen Umständen (gleiche Betriebszugehörigkeit, ähnliches Alter) tendenziell eher seinen Arbeitsplatz behalten.
Praktische Schritte nach der Hochzeit
Um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein und alle Vorteile zu nutzen, sollten frisch verheiratete Arbeitnehmer einige einfache Schritte befolgen. Die Kommunikation mit dem Arbeitgeber sollte zeitnah nach der Eheschließung erfolgen.
Wen und wie informieren?
In der Regel ist die Personalabteilung (HR-Abteilung) der richtige Ansprechpartner. Eine formlose schriftliche Mitteilung per E-Mail oder ein kurzes Schreiben genügt meistens. Folgende Informationen sollten enthalten sein:
- Mitteilung über die Eheschließung und das Datum der Heirat.
- Gegebenenfalls die Information über eine Namensänderung.
- Vorlage einer Kopie der Heiratsurkunde, falls vom Arbeitgeber verlangt.
Die Personalabteilung wird die geänderten Daten, insbesondere eine neue Steuerklasse, im Lohnabrechnungssystem hinterlegen. Eine Namensänderung muss ebenfalls erfasst werden, damit Dokumente wie die Lohnabrechnung oder Arbeitszeugnisse korrekt ausgestellt werden.
Fazit: Eine kleine Mitteilung mit großer Wirkung
Auch wenn die Hochzeit ein zutiefst persönliches Ereignis ist, hat sie klare und wichtige Auswirkungen auf das Berufsleben. Die Information an den Arbeitgeber ist nicht nur eine gesetzliche Pflicht aufgrund steuerlicher Änderungen, sondern kann auch den eigenen Arbeitsplatz im Ernstfall besser absichern.
Die Änderung der Steuerklasse ist für eine korrekte Gehaltsabrechnung unerlässlich und verhindert Nachzahlungen oder umständliche Korrekturen bei der Steuererklärung. Gleichzeitig erhöht der Status als verheiratete Person durch die gesetzliche Unterhaltspflicht die soziale Schutzbedürftigkeit, was bei betriebsbedingten Kündigungen von entscheidender Bedeutung sein kann. Eine rechtzeitige und formlose Mitteilung an die Personalabteilung ist daher für jeden Arbeitnehmer nach der Eheschließung dringend zu empfehlen.




