Wenige Tage vor der Stichwahl um das Amt des Kölner Oberbürgermeisters hat die Grünen-Kandidatin Berivan Aymaz über eine massive Zunahme von Hassbotschaften in den sozialen Medien berichtet. Sie machte die Anfeindungen öffentlich und erhielt daraufhin breite Unterstützung aus der Kölner Stadtgesellschaft und von politischen Mitbewerbern.
Das Wichtigste in Kürze
- Berivan Aymaz (Grüne) meldet eine deutliche Zunahme von Hasskommentaren vor der OB-Stichwahl am 28. September.
- Sie führt die Angriffe auf ihre Identität als Frau mit Migrationsgeschichte und Grünen-Politikerin zurück.
- Politische Konkurrenten wie Lars Wolfram (Volt) und Hans Mörtter zeigten sich solidarisch.
- Aymaz tritt in der Stichwahl gegen Torsten Burmester (SPD) an, nachdem sie im ersten Wahlgang 28,12 Prozent der Stimmen erhielt.
Aymaz prangert persönliche Angriffe an
In der entscheidenden Phase des Wahlkampfs sieht sich die Grünen-Kandidatin Berivan Aymaz mit einer Welle von Anfeindungen im Internet konfrontiert. Am Freitag, dem 19. September, nutzte sie ihren Instagram-Kanal, um die Situation öffentlich zu machen. Sie veröffentlichte Screenshots von hasserfüllten Nachrichten und Kommentaren, die sie in den vergangenen Tagen erhalten hatte.
„In den letzten Tagen hat der Hass in den sozialen Medien gegen mich noch einmal deutlich zugenommen“, schrieb Aymaz in ihrem Beitrag. Sie vermutet, dass ihre Person selbst zur Zielscheibe wird. Die Möglichkeit, dass sie als Grüne, als Frau und als Person mit Migrationsgeschichte die viertgrößte Stadt Deutschlands führen könnte, sei für einige offenbar Grund genug, Hass zu verbreiten.
Hintergrund: Hassrede im digitalen Raum
Hassrede, insbesondere gegen politisch aktive Personen, ist ein wachsendes Problem in sozialen Netzwerken. Studien zeigen, dass Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund überproportional oft Ziel von digitalen Angriffen werden. Diese reichen von Beleidigungen bis hin zu ernsthaften Drohungen und zielen oft darauf ab, Betroffene einzuschüchtern und aus dem öffentlichen Diskurs zu verdrängen.
Klares Statement gegen Hetze
Aymaz positionierte sich in ihrer Stellungnahme entschieden gegen jegliche Form von Anfeindung. Sie betonte, dass der politische Wettbewerb inhaltlich geführt werden müsse, nicht durch persönliche Angriffe. „Doch bei Feindseligkeiten jeglicher Form – egal ob gegen mich oder andere – sage ich mit klarer Haltung: Stopp!“, so die Politikerin.
„Wir lassen nicht zu, dass eine kleine, laute Minderheit unsere Stadt und das Netz vergiftet.“
Sie appellierte an die Werte, für die Köln stehe: Vielfalt, Weltoffenheit und Respekt. Leidenschaftliche Debatten seien ein wichtiger Teil der Kölner Kultur, müssten aber stets ohne Hass und Hetze auskommen. „Wir alle wollen eine Stadt, in der die Würde des Menschen geachtet und gelebt wird“, schloss Aymaz ihren Beitrag ab.
Breite Solidarität für die Grünen-Politikerin
Die öffentliche Reaktion auf Aymaz' Beitrag war überwiegend positiv und unterstützend. Bis Samstagnachmittag erhielt ihr Instagram-Post fast 6.000 „Gefällt mir“-Angaben. Zahlreiche Nutzerinnen und Nutzer sprachen ihr in den Kommentaren Mut zu und verurteilten die Hassbotschaften.
Auch aus dem Kreis der politischen Mitbewerber kam umgehend Zuspruch. Lars Wolfram, der für die Partei Volt als Oberbürgermeister-Kandidat angetreten war, äußerte sich ebenfalls auf Instagram. „Hass hat in Köln keinen Platz. Politik lebt von Ideen, nicht von Herkunft oder Geschlecht. Volle Solidarität mit Berivan Aymaz“, kommentierte er.
Unterstützung aus der Zivilgesellschaft
Der ehemalige Südstadt-Pfarrer Hans Mörtter, der ebenfalls für das OB-Amt kandidiert hatte, solidarisierte sich via Instagram-Story mit Aymaz. Er bezeichnete die Hetze als „völlig inakzeptabel“ und betonte gemeinsame Werte wie den Einsatz für Demokratie und Vielfalt.
Mörtter: „Angriffe sind inakzeptabel“
Hans Mörtter fand deutliche Worte für die Angriffe auf die Grünen-Kandidatin. „Es darf nicht sein, dass Menschen wegen Herkunft, Geschlecht oder politischem Engagement so angegriffen werden“, schrieb der bekannte Kölner Pfarrer. Er unterstrich die inhaltlichen Gemeinsamkeiten mit Aymaz und rief dazu auf, gemeinsam ein Zeichen gegen Hass zu setzen.
Diese parteiübergreifende Unterstützung zeigt, dass die demokratischen Kräfte in Köln bei der Verurteilung von Hass und persönlicher Hetze eng zusammenstehen. Der Fokus soll auf dem politischen Wettbewerb der Ideen liegen, nicht auf der Herabwürdigung von Personen.
Die Ausgangslage vor der Stichwahl
Die Stichwahl um das höchste Amt der Stadt Köln findet am 28. September statt. Berivan Aymaz geht als Favoritin in die entscheidende Runde. Im ersten Wahlgang am 14. September konnte sie die meisten Stimmen auf sich vereinen.
Die Ergebnisse des ersten Wahlgangs im Detail:
- Berivan Aymaz (Grüne): 28,12 Prozent
- Torsten Burmester (SPD): 21,33 Prozent
Da keine Kandidatin und kein Kandidat die absolute Mehrheit von über 50 Prozent erreichte, kommt es nun zur Stichwahl zwischen den beiden Bestplatzierten. Die Kölnerinnen und Kölner sind aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Die Möglichkeit der Briefwahl besteht bereits seit der Woche nach dem ersten Wahltermin.
Der Wahlkampf geht damit in seine letzte, intensive Phase. Die Auseinandersetzung um die Zunahme von Hassrede im Netz hat der Debatte eine weitere, ernste Ebene hinzugefügt und unterstreicht die gesellschaftliche Bedeutung eines respektvollen Umgangs im politischen Diskurs.




