Steigende Energiekosten bereiten vielen Haushalten in Köln und ganz Deutschland Sorgen. Im vergangenen Jahr waren 4,2 Millionen Menschen in Haushalten, die mit ihren Energierechnungen im Rückstand waren. Doch bevor der Strom oder das Gas abgestellt wird, gibt es klare Regeln und Fristen, die Versorger einhalten müssen. Eine Sperrung ist immer das letzte Mittel.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine Sperrung von Strom oder Gas darf erst bei einem Zahlungsrückstand von mindestens 100 Euro angedroht werden.
- Versorger müssen eine Sperrung vier Wochen im Voraus schriftlich ankündigen.
- Betroffene haben die Möglichkeit, eine Ratenzahlung zu vereinbaren, um die Sperrung abzuwenden.
- Eine frühzeitige Kontaktaufnahme mit dem Energieversorger bei Zahlungsschwierigkeiten ist entscheidend.
Zahlungsverzug: Ein Problem für Millionen
Die Sorge vor der nächsten Energierechnung ist für viele Menschen real. Laut Statistischem Bundesamt lebten im Jahr 2023 rund 4,2 Millionen Menschen in Deutschland in Haushalten mit Zahlungsrückständen bei Energieversorgern. Das entspricht etwa fünf Prozent der Bevölkerung. In Nordrhein-Westfalen lag der Anteil mit knapp sechs Prozent sogar noch etwas höher.
Die Gründe dafür sind vielfältig und reichen von gestiegenen Preisen während der Energiekrise bis hin zu persönlichen finanziellen Engpässen. Energieunternehmen bestätigen diesen Trend, sehen aber auch, dass die Situation sich langsam wieder entspannt.
Zahlen aus der Region
Ein großer Versorger am Niederrhein, die Enni-Unternehmensgruppe, verzeichnete in der Hochphase der Energiekrise 2023 über 10.000 Kunden im Zahlungsverzug. Im Jahr 2024 waren es immer noch rund 8.000 Kunden. Dennoch kam es nur in 540 Fällen zu einer tatsächlichen, meist nur kurzzeitigen Sperrung.
Der Weg von der Mahnung bis zur Sperrung
Kein Versorger darf den Strom oder das Gas von einem Tag auf den anderen abstellen. Es gibt einen gesetzlich geregelten Prozess, der Kunden schützen und ihnen Zeit geben soll, eine Lösung zu finden.
Schritt 1: Die Fälligkeit der Rechnung
In der Regel ist eine Energierechnung nach 14 Tagen fällig. Wird diese Frist versäumt, beginnt der Mahnprozess. Der erste Schritt ist meist eine freundliche Zahlungserinnerung.
Schritt 2: Die erste Mahnung
Reagiert ein Kunde nicht auf die Rechnung, versenden die Unternehmen eine erste Mahnung. Diese enthält eine neue Zahlungsfrist, die oft bei weiteren zehn bis 14 Tagen liegt. Schon zu diesem Zeitpunkt raten alle Versorger dringend dazu, den Kontakt zu suchen.
„Wir empfehlen unseren Kundinnen und Kunden im Falle von Zahlungsschwierigkeiten sich möglichst schnell bei uns zu melden, da wir hier immer gesprächsbereit sind und auch Ratenzahlungen anbieten“, erklärt Herbert Hornung, Sprecher der Enni-Unternehmensgruppe.
Schritt 3: Die Sperrandrohung
Wenn auch die Mahnfristen verstreichen, ohne dass eine Zahlung eingeht oder eine Vereinbarung getroffen wird, folgt der ernsteste Schritt: die schriftliche Sperrandrohung. Diese muss vier Wochen vor dem geplanten Sperrtermin beim Kunden eintreffen. In diesem Schreiben wird auch eine sogenannte „Abwendungsvereinbarung“ angeboten, die im Grunde eine letzte Chance auf eine Ratenzahlungsvereinbarung ist.
Acht Tage vor dem endgültigen Termin erhalten Kunden nochmals eine kurze schriftliche Mitteilung über die bevorstehende Sperrung.
Gesetzliche Voraussetzungen für eine Sperrung
Eine Sperrung ist nur unter bestimmten Bedingungen zulässig. Die Verbraucherzentrale weist auf zwei entscheidende Punkte hin:
- Der Zahlungsrückstand muss mindestens 100 Euro betragen.
- Der Rückstand muss außerdem mindestens doppelt so hoch sein wie der vertraglich vereinbarte monatliche Abschlag oder die Vorauszahlung.
Sind diese Kriterien nicht erfüllt, ist eine Sperrung unzulässig.
Lösungen und Hilfsangebote
Sowohl Energieversorger als auch Verbraucherzentralen betonen, dass eine Sperrung vermeidbar ist. Wichtig ist, bei Zahlungsschwierigkeiten sofort zu handeln und nicht abzuwarten.
Ratenzahlung und individuelle Vereinbarungen
Die gängigste Lösung ist die Vereinbarung einer Ratenzahlung. Die meisten Versorger zeigen sich hier sehr kooperativ. Die Stadtwerke Kleve berichten beispielsweise, dass ihre Angebote zur Begleichung von Rückständen sehr gut angenommen werden. Dies zeigt sich auch in den Zahlen: Obwohl dort etwa 5 Prozent der Kunden im Zahlungsverzug waren, musste nur bei 0,5 Prozent der Kundschaft tatsächlich der Zähler gesperrt werden.
Prepaid-Zähler als Alternative
Einige Stadtwerke bieten auch sogenannte Prepaid-Zähler an. Ähnlich wie bei einem Prepaid-Handy können Kunden hier im Voraus ein Guthaben aufladen und dieses dann verbrauchen. Das hilft, die volle Kostenkontrolle zu behalten und neue Schulden zu vermeiden.
Hilfe von der Verbraucherzentrale
Wer unsicher ist oder Probleme mit seinem Anbieter hat, kann sich an die Verbraucherzentrale wenden. „Der Versorger kann die Belieferung vier Wochen nach vorheriger Androhung unterbrechen“, bestätigt Beate Ullrich, Beraterin in Wesel. Sie verhandelt im Namen der Verbraucher mit den Energieunternehmen und hilft dabei, eine Lösung zu finden.
Die Verbraucherzentrale gibt aber auch präventive Ratschläge, damit es gar nicht erst zu hohen Rechnungen kommt.
- Stromfresser identifizieren: Führen Sie ein bis zwei Wochen lang ein „Stromprotokoll“, um herauszufinden, welche Geräte in Ihrem Haushalt den meisten Strom verbrauchen.
- Im Badezimmer sparen: Duschen statt baden, auf Wassertemperatur und Duschzeit achten und das Wasser beim Einseifen abstellen, kann den Energieverbrauch erheblich senken.
- Stand-by vermeiden: Viele Geräte verbrauchen auch im Stand-by-Modus Strom. Eine schaltbare Steckdosenleiste kann hier Abhilfe schaffen.
Letztendlich gilt: Kommunikation ist der Schlüssel. Wer bei Zahlungsschwierigkeiten proaktiv auf seinen Versorger zugeht, kann eine Sperrung fast immer verhindern.




