Qualitativ hochwertiger Journalismus ist aufwändig und kostenintensiv. Da viele Nutzer im Internet kostenlose Inhalte erwarten, stehen Nachrichtenportale vor der Herausforderung, ihre Arbeit zu finanzieren. Neben klassischen Abonnements hat sich ein alternatives Modell etabliert: das „Bezahlen mit Daten“.
Dieses Modell ermöglicht es Lesern, auf journalistische Inhalte zuzugreifen, ohne direkt Geld zu bezahlen. Stattdessen stimmen sie der Erhebung und Nutzung ihrer Daten zu, die zur Ausspielung personalisierter Werbung verwendet werden. Dieser Ansatz wirft jedoch auch wichtige Fragen zum Datenschutz und zur Transparenz auf.
Wichtige Erkenntnisse
- Die Erstellung journalistischer Inhalte verursacht erhebliche Kosten für Personal, Technik und Recherche.
- Als Alternative zum Bezahl-Abonnement bieten viele Verlage das Modell „Leistung gegen Daten“ an.
- Bei diesem Modell wird der Zugriff auf Inhalte durch die Zustimmung zur Datennutzung für Werbezwecke „bezahlt“.
- Die rechtliche Grundlage in Deutschland und der EU bilden die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und nationale Gesetze wie das BGB.
Die Kosten hinter den Nachrichten
Hinter jedem Artikel, jeder Reportage und jeder Analyse steht ein erheblicher Aufwand. Redaktionen müssen Gehälter für Journalisten, Fotografen, Redakteure und technisches Personal bezahlen. Hinzu kommen Kosten für die IT-Infrastruktur, wie Server und Content-Management-Systeme, sowie Ausgaben für Recherche, Reisen und Lizenzen.
In der Vergangenheit wurden diese Kosten hauptsächlich durch den Verkauf von Zeitungen und Zeitschriften sowie durch Anzeigenerlöse im Printbereich gedeckt. Mit der Digitalisierung hat sich dieses Geschäftsmodell grundlegend verändert. Die Bereitschaft, für digitale Nachrichten zu bezahlen, ist bei vielen Nutzern geringer, während die Werbeeinnahmen online oft nicht ausreichen, um die Kosten zu decken.
Der Wandel des Medienkonsums
Die Verlagerung des Nachrichtenkonsums ins Internet hat die traditionellen Finanzierungsmodelle von Medienhäusern unter Druck gesetzt. Während die Reichweite online oft größer ist, sind die Einnahmen pro Nutzer in der Regel deutlich geringer als im Printgeschäft. Dies zwingt Verlage, neue Wege zu finden, um ihre journalistische Arbeit zu finanzieren und ihre Unabhängigkeit zu sichern.
Das Modell „Leistung gegen Daten“
Um Lesern weiterhin einen kostenlosen Zugang zu ermöglichen, haben viele Online-Publikationen das Modell „Leistung gegen Daten“ eingeführt. Anstatt eines Geldbetrags erbringen Nutzer eine Gegenleistung in Form ihrer Daten. Sie stimmen zu, dass ihr Verhalten auf der Webseite erfasst und analysiert wird.
Diese Zustimmung ist die Voraussetzung für den Zugriff auf die Inhalte. Wer dem nicht zustimmen möchte, hat in der Regel die Möglichkeit, ein kostenpflichtiges Abonnement abzuschließen und die Inhalte weitgehend werbe- und trackingfrei zu lesen. Dieses duale System wird oft als „Pur-Abo-Modell“ bezeichnet.
Wie funktioniert das Tracking?
Wenn ein Nutzer der Datennutzung zustimmt, werden verschiedene Technologien eingesetzt, um Informationen über seine Aktivitäten zu sammeln. Dazu gehören:
- Cookies: Kleine Textdateien, die im Browser gespeichert werden und den Nutzer bei einem erneuten Besuch wiedererkennen.
- Geräte-IDs: Eindeutige Kennungen von Smartphones oder Tablets, die eine geräteübergreifende Zuordnung ermöglichen.
- Ähnliche Tracking-Technologien: Dazu zählen beispielsweise Tracking-Pixel, die das Öffnen von E-Mails oder den Besuch einer Webseite registrieren.
Die gesammelten Daten umfassen Informationen darüber, welche Artikel gelesen werden, wie lange der Nutzer auf einer Seite verweilt und für welche Themen er sich interessiert. Auf Basis dieser Erkenntnisse werden Nutzerprofile erstellt.
Ziele der Datenerfassung
Die aus der Nutzung gewonnenen Daten dienen mehreren Zwecken. Sie ermöglichen es, Werbung gezielter auszuspielen, was die Einnahmen für den Verlag erhöht. Gleichzeitig können die Inhalte personalisiert und die Nutzerfreundlichkeit der Webseite verbessert werden. Langfristig helfen die Daten auch bei der Entwicklung neuer digitaler Produkte.
Die rechtlichen Grundlagen
Das Modell „Leistung gegen Daten“ bewegt sich in einem klar definierten rechtlichen Rahmen. Die wichtigste Grundlage ist die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Sie regelt, wie personenbezogene Daten verarbeitet werden dürfen.
Konkret stützen sich Verlage in Deutschland auf Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b der DSGVO. Dieser Artikel erlaubt die Datenverarbeitung, wenn sie „für die Erfüllung eines Vertrags, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist, erforderlich ist“. In diesem Fall wird der Zugriff auf die Webseite als ein solcher Vertrag angesehen, bei dem die Daten die Gegenleistung darstellen.
„Die Bereitstellung des digitalen Dienstes erfolgt auf Grundlage von Art. 6 Abs. 1 lit. b) DSGVO in Verbindung mit deutschen Gesetzen wie §§ 312 Abs. 1a und 327 Abs. 3 BGB, die Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr regeln.“
Datenübermittlung in Drittländer
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die mögliche Übermittlung von Daten an Partnerunternehmen, die ihren Sitz außerhalb der Europäischen Union haben, beispielsweise in den USA. Solche Übermittlungen sind ebenfalls durch die DSGVO geregelt.
Gemäß Artikel 49 Absatz 1 Buchstabe b der DSGVO ist eine solche Übermittlung zulässig, wenn sie für die Erfüllung eines Vertrags zwischen dem Nutzer und dem Anbieter erforderlich ist. Verlage müssen in ihren Datenschutzerklärungen transparent darüber informieren, an welche Partner Daten weitergegeben werden und in welchen Ländern diese ansässig sind.
Transparenz und Nutzerrechte
Ein zentrales Element der DSGVO ist das Recht der Nutzer auf Transparenz. Webseitenbetreiber sind verpflichtet, ihre Nutzer klar und verständlich darüber zu informieren, welche Daten zu welchem Zweck erhoben werden. Dies geschieht in der Regel über eine ausführliche Datenschutzerklärung.
Nutzer haben zudem das Recht, ihre einmal erteilte Einwilligung jederzeit zu widerrufen. Die genauen Bedingungen und Vorgehensweisen dafür müssen in einer Widerrufsbelehrung erläutert werden. Der Widerruf führt in der Regel dazu, dass der kostenlose Zugang gesperrt wird und der Nutzer auf das Bezahl-Abonnement verwiesen wird.
Die Rolle von Consent-Management-Plattformen
Um die Einwilligung der Nutzer rechtskonform einzuholen und zu verwalten, setzen die meisten Webseiten sogenannte Consent-Management-Plattformen (CMPs) ein. Dies sind die Pop-up-Fenster, die beim ersten Besuch einer Seite erscheinen und den Nutzer auffordern, seine Datenschutzeinstellungen festzulegen. Hier kann der Nutzer der Datennutzung zustimmen, sie ablehnen oder detaillierte Einstellungen vornehmen.
Fazit: Ein Kompromiss für die Zukunft des Journalismus?
Das Modell „Bezahlen mit Daten“ stellt einen Kompromiss dar. Es ermöglicht Verlagen, ihre journalistische Arbeit zu finanzieren, während Nutzer weiterhin kostenlosen Zugang zu Informationen erhalten. Gleichzeitig erfordert es von den Lesern eine bewusste Entscheidung über die Preisgabe ihrer persönlichen Daten.
Für die Zukunft des Online-Journalismus wird es entscheidend sein, wie Verlage das Vertrauen ihrer Nutzer gewinnen und erhalten können. Transparenz über die Datenverarbeitung und die klare Wahlmöglichkeit zwischen einem datenbasierten und einem bezahlten Zugang sind dabei wesentliche Bausteine. Letztlich liegt die Entscheidung bei jedem einzelnen Nutzer, welchen Preis er für hochwertige Informationen zu zahlen bereit ist – sei es mit Geld oder mit Daten.




