Die deutsche Wirtschaft kommt weiterhin nicht in Schwung. Nach einer Phase der Rezession stagniert die Konjunktur, und eine spürbare Erholung lässt auf sich warten. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat seine Prognose aktualisiert und rechnet erst für das Jahr 2026 mit einem leichten Wachstum, was die Hoffnungen auf eine schnelle Wende dämpft.
Wichtige Erkenntnisse
- Verzögerte Erholung: Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) verschiebt die Prognose für einen merklichen Aufschwung auf das Jahr 2026.
- Anhaltende Stagnation: Nach zwei wirtschaftlich schwierigen Jahren tritt die deutsche Konjunktur weiterhin auf der Stelle.
- Stabiler Arbeitsmarkt: Trotz der schwachen Wirtschaftsleistung bleibt die Beschäftigungslage überraschend robust.
- Multiple Krisenfaktoren: Hohe Zinsen, gedämpfte Weltkonjunktur und strukturelle Probleme belasten die Unternehmen und Verbraucher.
Die Konjunkturprognose im Detail
Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einer schwierigen Phase. Aktuelle Daten des Instituts der deutschen Wirtschaft bestätigen, was viele Unternehmen und Verbraucher bereits spüren: Der erhoffte Aufschwung bleibt aus. Die Ökonomen des IW haben ihre Erwartungen nach unten korrigiert und prognostizieren für das laufende Jahr nur ein minimales Wachstum, das kaum über eine Stagnation hinausgeht.
Auch für das kommende Jahr 2025 sind die Aussichten verhalten. Erst 2026 soll die deutsche Wirtschaft wieder an Fahrt gewinnen, allerdings wird auch dann nur ein leichtes Wachstum erwartet. Diese Prognose unterstreicht die tiefgreifenden Herausforderungen, mit denen der Standort Deutschland konfrontiert ist.
Hintergrund der Stagnation
Die aktuelle wirtschaftliche Schwäche ist das Ergebnis mehrerer Faktoren. Nach der Pandemie belasteten die Energiekrise infolge des Ukraine-Kriegs, eine hohe Inflation und die darauf folgenden Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB) die Konjunktur. Diese Entwicklungen haben sowohl die Investitionsbereitschaft der Unternehmen als auch die Kaufkraft der privaten Haushalte erheblich geschwächt.
Gründe für die verzögerte Erholung
Die Ursachen für die anhaltende Flaute sind vielfältig. Experten des IW verweisen auf eine Kombination aus globalen und nationalen Problemen, die eine schnelle Besserung verhindern.
Schwache globale Nachfrage
Als Exportnation ist Deutschland stark von der Weltkonjunktur abhängig. Wichtige Handelspartner wie China und die USA zeigen ebenfalls eine gedämpfte wirtschaftliche Dynamik. Die schwächere Nachfrage nach deutschen Produkten, insbesondere im Maschinenbau und in der Automobilindustrie, bremst die Produktion und dämpft die Wachstumsaussichten. Die Exportwirtschaft leidet unter der globalen Unsicherheit und protektionistischen Tendenzen.
Hohe Zinsen und zurückhaltende Investitionen
Die Zinspolitik der EZB zur Bekämpfung der Inflation zeigt Wirkung, hat aber auch Nebenwirkungen. Höhere Zinsen verteuern Kredite für Unternehmen, was Investitionen in neue Maschinen, Technologien oder den Ausbau von Produktionsstätten unattraktiver macht. Insbesondere die Baubranche leidet massiv unter den gestiegenen Finanzierungskosten, was zu einem Einbruch bei Neubauprojekten führt.
„Die restriktive Geldpolitik ist ein notwendiges Übel zur Inflationsbekämpfung, aber sie wirkt wie eine Bremse auf die Investitionstätigkeit. Unternehmen verschieben Projekte, bis die Finanzierungsbedingungen wieder günstiger sind“, so ein Ökonom des IW in der Vorstellung der Studie.
Gedämpfter privater Konsum
Obwohl die Inflationsrate langsam zurückgeht, bleibt die Verunsicherung bei den Verbrauchern hoch. Die gestiegenen Lebenshaltungskosten der letzten zwei Jahre haben die Ersparnisse vieler Haushalte reduziert. Die Menschen geben ihr Geld vorsichtiger aus und verschieben größere Anschaffungen. Dieser gedämpfte private Konsum ist eine wesentliche Stütze der Binnenkonjunktur, die derzeit fehlt.
Zahlen zur Wirtschaftslage
- Inflationsrate: Obwohl rückläufig, liegt sie weiterhin über dem EZB-Ziel von 2 Prozent.
- Industrieproduktion: Seit Monaten zeigt die Produktion im verarbeitenden Gewerbe einen negativen Trend.
- Bauwirtschaft: Die Auftragseingänge im Wohnungsbau sind im Vergleich zu den Vorjahren stark zurückgegangen.
Arbeitsmarkt zeigt sich überraschend robust
Ein Lichtblick in der ansonsten trüben wirtschaftlichen Landschaft ist der Arbeitsmarkt. Trotz der konjunkturellen Schwächephase bleibt die Beschäftigung auf einem hohen Niveau stabil. Die Arbeitslosenquote ist nur geringfügig gestiegen, was auf den anhaltenden Fachkräftemangel in vielen Branchen zurückzuführen ist.
Viele Unternehmen halten ihre qualifizierten Mitarbeiter, auch wenn die Auftragslage schlecht ist. Sie befürchten, bei einer späteren konjunkturellen Erholung keine neuen Fachkräfte zu finden. Dieses „Horten“ von Arbeitskräften stützt den Arbeitsmarkt kurzfristig, könnte aber bei einer länger anhaltenden Krise den Druck auf die Unternehmen erhöhen.
Allerdings warnen Experten, dass die Stabilität trügerisch sein könnte. Sollte die wirtschaftliche Stagnation länger andauern, könnten auch robustere Unternehmen gezwungen sein, Personal abzubauen. Die Zahl der Kurzarbeitsanzeigen ist bereits ein erster Indikator für wachsende Unsicherheit.
Was muss für eine Wende getan werden?
Ökonomen und Wirtschaftsverbände fordern von der Politik entschlossene Maßnahmen, um die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland zu stärken. Die Diskussion konzentriert sich auf mehrere Kernbereiche:
- Bürokratieabbau: Langwierige Genehmigungsverfahren hemmen Investitionen. Eine Beschleunigung und Vereinfachung der Verwaltungsprozesse wird als entscheidend angesehen.
- Steuerliche Entlastung: Forderungen nach einer Reform der Unternehmenssteuern werden lauter, um die steuerliche Belastung im internationalen Vergleich zu senken und Investitionsanreize zu schaffen.
- Investitionen in Infrastruktur: Die Modernisierung der digitalen und physischen Infrastruktur, von schnellem Internet bis hin zu Schienen und Straßen, ist dringend erforderlich.
- Sicherung der Energieversorgung: Wettbewerbsfähige und stabile Energiepreise sind ein zentraler Standortfaktor für die energieintensive deutsche Industrie.
Die kommenden Monate werden entscheidend dafür sein, ob es gelingt, die Weichen für eine nachhaltige Erholung zu stellen. Ohne strukturelle Reformen, so der Tenor der Experten, droht Deutschland eine längere Phase des wirtschaftlichen Stillstands, die den Wohlstand und die soziale Sicherheit gefährden könnte.