Seit einem Jahrzehnt betreibt Fatima Kaymakoglu ihr Restaurant „Piazzas“ im Herzen von Köln. Doch statt des erhofften Aufschwungs durch benachbarte Großprojekte sieht sie sich mit zunehmendem Verfall, Lärm und sozialen Problemen konfrontiert, die ihr Geschäft und das Lebensgefühl in der Drususgasse massiv belasten.
Als sie vor zehn Jahren eröffnete, waren die Aussichten vielversprechend. Die Fertigstellung von Oper, Schauspielhaus und Dom-Hotel sollte die Kölner Innenstadt beleben. Heute, Jahre später, sind die Baustellen immer noch präsent und das Umfeld ihres Lokals hat sich zu einem Sorgenkind entwickelt.
Das Wichtigste in Kürze
- Seit 10 Jahren kämpft die Inhaberin des Restaurants „Piazzas“ mit den Zuständen in der Kölner Innenstadt.
 - Verzögerte Bauprojekte wie Oper und Dom-Hotel haben die erhoffte Belebung des Viertels verhindert.
 - Der Kolpingplatz hat sich zu einem Treffpunkt für lärmende Gruppen entwickelt, was Anwohner und Gäste stört.
 - Gebäudeverfall, wie am Museum für Angewandte Kunst, und provisorische Bauten prägen das Straßenbild.
 - Behörden wie Polizei und Ordnungsamt scheinen sich gegenseitig die Verantwortung zuzuschieben.
 
Ein Jahrzehnt unerfüllter Versprechen
Fatima Kaymakoglu erinnert sich noch gut an den Optimismus, der sie bei der Eröffnung ihres mediterranen Restaurants „Piazzas“ in der Drususgasse begleitete. Die Lage, in unmittelbarer Nähe zum Westdeutschen Rundfunk (WDR), schien ideal. Große städtische Projekte standen kurz vor dem Abschluss und versprachen einen Strom neuer Besucher und eine Aufwertung des gesamten Areals.
Doch die Realität gestaltete sich anders. Zehn Jahre später sind die Dauerbaustellen an Oper und Dom-Hotel zu einem Symbol für den Stillstand geworden. „Man hat immer gehofft, dass es bald besser wird, dass die Stadt ihr Versprechen einlöst“, erzählt Kaymakoglu im Gespräch. Stattdessen wurde ihr Durchhaltevermögen zur wichtigsten Zutat für den Erfolg ihres Restaurants.
Die Dauerbaustellen Kölns
Die Sanierung der Kölner Oper und des Schauspielhauses dauert bereits seit über einem Jahrzehnt an und hat sich zu einem der teuersten Kulturprojekte Deutschlands entwickelt. Ähnliche Verzögerungen prägten auch die Renovierung des traditionsreichen Dom-Hotels, was die Entwicklung der direkten Innenstadtumgebung stark beeinträchtigt hat.
Verfall direkt vor der Haustür
Der Blick aus dem „Piazzas“ ist ernüchternd. Direkt gegenüber verfällt die Fassade des Museums für Angewandte Kunst (MAKK). Maschendrahtzäune sichern den Gehweg, um Passanten vor herabfallenden Teilen zu schützen. Ein Anblick, der wenig einladend wirkt.
Zwischen dem Museum und dem WDR-Gebäude steht seit langer Zeit eine unansehnliche Containerwand. Was als Provisorium gedacht war, ist zum Dauerzustand geworden. Die gesamte Umgebung rund um den angrenzenden Kolpingplatz vermittelt den Eindruck einer vernachlässigten Abstellkammer, nicht den einer belebten Innenstadtmeile.
„Meine Gäste fragen mich oft, was hier eigentlich los ist. Es ist schwer, ihnen zu erklären, warum das Herz unserer Stadt an manchen Stellen so verwahrlost aussieht.“
Für Kaymakoglu ist dieser Zustand mehr als nur ein ästhetisches Problem. Er beeinträchtigt die Atmosphäre und schreckt potenzielle Kunden ab, die einen entspannten Abend in der Kölner City verbringen möchten.
Der Kolpingplatz als sozialer Brennpunkt
Eine neue Dimension erreichte die Problematik vor gut einem Jahr. Seitdem hat sich der Kolpingplatz zu einem festen Treffpunkt für Gruppen junger Männer entwickelt, die oft aus umliegenden Städten anreisen. Anwohner und Gewerbetreibende berichten von Lärm bis tief in die Nacht.
Es wird lautstark diskutiert, getrunken und gegrölt. Die Atmosphäre ist oft angespannt, Passanten fühlen sich unwohl, wenn sie die Gruppen durchqueren müssen. „Es geht nicht darum, dass sich Menschen treffen“, stellt Kaymakoglu klar. „Es geht um die Art und Weise, die Lautstärke und die Respektlosigkeit gegenüber den Anwohnern und uns.“
Behörden schieben Verantwortung hin und her
Berichten zufolge verweisen Polizei und Ordnungsamt bei Beschwerden über die Zustände am Kolpingplatz oft auf die Zuständigkeit des jeweils anderen. Dieses Muster ist aus anderen Kölner Problemzonen, wie dem Neumarkt, bekannt und führt zu Frustration bei den Betroffenen, die sich von den Behörden alleingelassen fühlen.
Die Sorge wächst, dass Gäste ausbleiben könnten, wenn sie sich in der Umgebung nicht mehr sicher und wohlfühlen. Für ein Restaurant, das von einer angenehmen Atmosphäre lebt, ist das eine existenzielle Bedrohung.
Ein lokales Problem mit größerer Dimension
Die Situation am Kolpingplatz spiegelt eine größere Debatte über das Stadtbild und den öffentlichen Raum wider. Es geht um die Frage, wie eine Großstadt wie Köln mit sozialen Spannungen, Verwahrlosung und dem Gefühl schwindender Sicherheit umgeht.
Für Fatima Kaymakoglu, die mit ihrem Restaurant einen Ort der Begegnung geschaffen hat, ist die aktuelle Entwicklung eine tägliche Herausforderung. Der Vorfall in einer Kölner Bäckerei, bei dem eine Verkäuferin nach einem Diebstahlsvorwurf rassistisch beleidigt wurde, zeigt, wie schnell sich die gesellschaftliche Stimmung aufheizen kann.
Sie und andere Kölner mit Migrationshintergrund spüren eine wachsende Verunsicherung. Die Selbstverständlichkeit, mit der sie sich als Teil dieser Stadt fühlen, bekommt Risse. „Ich bin Kölnerin, ich liebe diese Stadt“, sagt sie. „Aber manchmal macht sie es einem sehr schwer.“ Ihr Kampf ist nicht nur der einer Geschäftsfrau, sondern auch der einer Bürgerin, die sich ihre Stadt zurückwünscht – lebenswert, sicher und mit einer Perspektive für alle.




