Wer regelmäßig Nachrichten-Websites in Köln und ganz Deutschland besucht, kennt das Dilemma: Ein Artikel ist nur nach Abschluss eines Abonnements oder nach Zustimmung zum Daten-Tracking vollständig lesbar. Dieses Modell, oft als „Pur-Abo“ oder „Bezahlen mit Daten“ bezeichnet, ist mittlerweile weit verbreitet, wirft aber bei vielen Nutzern Fragen auf.
Im Kern bieten Verlage zwei Optionen an. Entweder man zahlt einen monatlichen Beitrag für einen werbe- und trackingfreien Zugang oder man stimmt der Erhebung und Verarbeitung persönlicher Daten zu, um die Inhalte „kostenlos“ zu konsumieren. Doch was bedeutet diese Zustimmung konkret und welche rechtlichen Grundlagen stecken dahinter?
Das Wichtigste in Kürze
- Viele deutsche Online-Medien nutzen das „Pur-Abo“-Modell als Finanzierungsstrategie.
 - Nutzer haben die Wahl zwischen einem kostenpflichtigen Abonnement und der Zustimmung zur Datenverarbeitung für personalisierte Werbung.
 - Die rechtliche Grundlage bildet die DSGVO, die eine solche Wahlmöglichkeit unter bestimmten Bedingungen erlaubt.
 - Datenschützer äußern Bedenken hinsichtlich der Freiwilligkeit der Zustimmung, insbesondere bei hohen Abo-Preisen.
 
Wie das „Bezahlen mit Daten“-Modell funktioniert
Wenn ein Nutzer eine Website besucht, die dieses Modell einsetzt, erscheint ein sogenannter Cookie-Banner. Dieser fordert eine Entscheidung: Entweder wird ein kostenpflichtiges Abonnement (das „Pur-Abo“) abgeschlossen oder es wird die Einwilligung erteilt, dass die Website und ihre Partner Cookies und ähnliche Technologien verwenden dürfen.
Entscheidet sich der Nutzer für die „kostenlose“ Variante, stimmt er zu, dass sein Surfverhalten analysiert wird. Dazu gehören Informationen wie besuchte Seiten, Verweildauer, ungefährer Standort und technische Daten zum verwendeten Gerät. Diese Daten werden genutzt, um ein Profil zu erstellen und personalisierte Werbung auszuspielen, die für den Nutzer relevanter sein soll.
Hintergrund: Die Finanzierung von Online-Journalismus
Traditionelle Einnahmequellen wie Print-Verkäufe und klassische Bannerwerbung sind für viele Verlage nicht mehr ausreichend, um qualitativ hochwertigen Journalismus zu finanzieren. Das „Pur-Abo“-Modell ist ein Versuch, neue Erlösströme zu erschließen und die Abhängigkeit von pauschaler Werbung zu verringern. Ziel ist es, entweder direkte Einnahmen durch Abos oder höhere Einnahmen durch gezielte, personalisierte Werbung zu erzielen.
Die Verlage argumentieren, dass dies eine faire Gegenleistung sei. Der Nutzer erhält Zugang zu journalistischen Inhalten, und der Verlag finanziert seine Arbeit durch Werbeeinnahmen, die ohne das Tracking deutlich geringer ausfallen würden.
Die rechtliche Perspektive und die Rolle der DSGVO
Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) der Europäischen Union steht im Zentrum der Debatte um das „Bezahlen mit Daten“-Modell. Grundsätzlich verlangt die DSGVO eine freiwillige, informierte und eindeutige Einwilligung zur Verarbeitung personenbezogener Daten. Die Frage ist, ob die Einwilligung noch als „freiwillig“ gelten kann, wenn die einzige Alternative ein kostenpflichtiges Abonnement ist.
Deutsche Datenschutzbehörden und Gerichte haben sich bereits mehrfach mit dieser Frage beschäftigt. Die Datenschutzkonferenz (DSK), das Gremium der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder, hat klargestellt, dass ein solches Modell zulässig sein kann. Eine entscheidende Voraussetzung ist jedoch, dass der Preis für das bezahlte Abonnement angemessen ist und Nutzer nicht unter Druck setzt.
Was wird getrackt?
Wenn Sie der Datennutzung zustimmen, können unter anderem folgende Informationen erfasst werden:
- Geräte-IDs: Eindeutige Kennungen Ihres Smartphones oder Computers.
 - IP-Adresse: Gibt Aufschluss über Ihren ungefähren Standort.
 - Browser-Verlauf: Welche Artikel Sie auf der Seite lesen und wie lange.
 - Demografische Merkmale: Abgeleitete Informationen wie Alter oder Interessen.
 
Die rechtliche Grundlage für die Datenverarbeitung im Tausch gegen eine Dienstleistung findet sich in Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b der DSGVO. Dieser erlaubt die Verarbeitung von Daten, wenn sie für die Erfüllung eines Vertrags erforderlich ist. Beim „Bezahlen mit Daten“ wird argumentiert, dass ein Vertrag geschlossen wird: Der Nutzer stellt seine Daten zur Verfügung und erhält im Gegenzug den Zugang zum Inhalt.
Kritik von Datenschützern und Verbraucherverbänden
Trotz der rechtlichen Einordnung gibt es anhaltende Kritik. Verbraucher- und Datenschützer argumentieren, dass die Freiwilligkeit der Einwilligung oft nur theoretisch bestehe. Wenn die Kosten für ein werbefreies Abonnement sehr hoch sind, fühlen sich viele Nutzer gezwungen, dem Tracking zuzustimmen, obwohl sie dies eigentlich nicht möchten.
„Die Wahl zwischen dem Schutz der eigenen Privatsphäre und dem Zugang zu Informationen darf nicht durch unverhältnismäßig hohe Preise zu einer Scheinwahl werden.“
Ein weiterer Kritikpunkt ist die mangelnde Transparenz. Oft ist für Nutzer kaum nachvollziehbar, welche Daten genau an welche der hunderten von Werbepartnern weitergegeben werden. Die Listen der Drittanbieter in den Cookie-Bannern sind lang und unübersichtlich. Einige Kritiker befürchten, dass so umfassende Nutzerprofile entstehen, die weit über die Schaltung von Werbung hinaus missbraucht werden könnten.
Zudem kann es vorkommen, dass Daten in Länder außerhalb der EU übermittelt werden, in denen ein niedrigeres Datenschutzniveau herrscht. Dies ist zwar unter bestimmten Voraussetzungen laut DSGVO möglich, stellt für Datenschützer aber ein zusätzliches Risiko dar.
Was Nutzer tun können
Jeder Nutzer steht vor einer persönlichen Entscheidung. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, mit der Situation umzugehen:
- Das Pur-Abonnement abschließen: Wer Wert auf Privatsphäre legt und den Journalismus unterstützen möchte, kann sich für die bezahlte, trackingfreie Variante entscheiden.
 - Bewusst zustimmen: Man kann die „kostenlose“ Variante wählen, sollte sich aber bewusst sein, dass das eigene Leseverhalten zur Ware wird.
 - Technische Schutzmaßnahmen nutzen: Browser-Erweiterungen, die Tracker blockieren, oder datenschutzfreundliche Browser können einen gewissen Schutz bieten. Ihre Wirksamkeit kann jedoch je nach Website variieren.
 - Informiert bleiben: Es ist wichtig, die Datenschutzerklärungen zu lesen und zu verstehen, wem man welche Rechte einräumt. Jeder Nutzer hat zudem das Recht, seine Einwilligung jederzeit zu widerrufen.
 
Die Debatte um das „Bezahlen mit Daten“ wird weitergehen. Sie verdeutlicht den zentralen Konflikt im digitalen Zeitalter: Wie können wertvolle Inhalte im Internet finanziert werden, ohne die Privatsphäre der Nutzer übermäßig zu beeinträchtigen? Eine einfache Antwort gibt es bisher nicht.




